Hechtová, Beáta

6. Juni 2022 - 9:25

Was machen die beiden kostümierten Pudel vor dem Krokodil? Dieser Frage wollte ich nachgehen, nachdem ich das erste Mal die Serie "Melting Plot" (2020) von Beáta Hechtová gesehen hatte.

 

Detail der Serie Melting Plot © Beáta Hechtová

 

Bevor Beáta Hechtová mit der Arbeit an einem Werk beginnt, erstellt sie eine digitale Collage aus Fotos, die sie aufgenommen oder aus dem Internet heruntergeladen hat. Um bestimmte Positionen oder Ausdrücke von Menschen zu erhalten, fotografiert sie Fremde oder bittet Freunde, für sie zu posieren.

 

Ich kann Stunden damit verbringen, Bilder von verkleideten Welpen, seltsam aussehenden Tieren, fleischfressenden Pflanzen, lustigen Masken, Regenbogen-Cupcakes, Einhörnern, Robotern auf dem Mars, die Selfies machen, einfach alles, was diese verrückte Internetwelt an verrückten Dingen zu bieten hat, zu googeln. Dann übernimmt ein Bildbearbeitungsprogramm die Rolle des Bleistifts, während ich das Material verändere, kombiniere, einzeichne und für eine mögliche Weiterverwendung aufbewahre. (zit. n. Les Nouveaux Riches, übersetzt mit DeepL.com)

 

Damit wäre meine Frage beantwortet. Ausgangsmaterial für ihre Arbeiten ist eine ständig wachsende Sammlung von Fotos, Screenshots, Videos aus den digitalen Medien. Inhaltlich wird sie von Geschichten von Menschen, verschiedenen Traditionen und Religionen, Ritualen, Legenden, Mythen, Märchen, Tieren und Technologien inspiriert.

Die Collage wurde für die Künstlerin das am besten geeignete und ihren Motiven entsprechende Werkzeug: Geschichten, Zeiten, Kulturen, alles verschmilzt miteinander. Der Titel der Serie, der auch das Pudelbild angehört, heißt dementsprechend "Melting plot": Schmelztiegel.

 

Detail der Serie Melting Plot © Beáta Hechtová

 

Auffällig sind die leuchtenden, kontrastreichen Farben der Popkultur, denen jegliche Zwischentöne fehlen. Sie stellt ihre in der Gestik expressiven Figuren in mehreren leuchtenden Farben dar. Mich erinnern die menschlichen Körper an Aufnahmen einer Wärmebildkamera. Hysterisch heischt die Farbe nach Aufmerksamkeit, nirgends findet das Auge Ruhe oder Entspannung. Die Farbe lenkt vom Inhalt ab und verweist damit auf die visuellen Strategien der Pop-Kultur.

Die Szenerien in Melting Plot basieren größtenteils auf Fotografien, die Beáta Hechtová während eines Aufenthalts im südamerikanischen Amazonas-Regenwald gemacht hat. Sie hat Fotos von verschiedenen Menschen, Tieren, Gegenständen und Orten collagiert und durch Bilder aus dem Internet ergänzt. Ihre Strategie ist es, Teile aus verschiedensten Kontexten zusammenzufügen, sodass möglichst unwahrscheinliche Kombinationen, Widersprüche und absurde Situationen entstehen.

Mögliche Widersprüche und Dichotomien, die unterschiedliche, aber auch überlappende und kommunizierende Realitäten bilden, sind  Stadt - Natur, Utopie - Dystopie, Spiritualität - Materialismus, Individualismus - Masse, Tragödie - Komödie.

Wie sieht es nun mit unseren Pudeln aus? Die Hunde dienen lediglich als Irritationsmoment, als skurriles Element sowie zur Darstellung eines Gegensatzes. Mir drängt sich folgende Frage auf? Gehören die Hunde in die Wildnis des Regenwalds oder in die Wildnis des Großstadtdschungels? Der Natur-Kultur-Widerspruch tritt als Ambivalenz in den Hunden selbst auf, sind sie doch artifiziell kostümiert. Können die Hunde noch der Natur zugeordnet werden oder gehören sie bereits zu einer urbanen Familienkultur?

Beáta Hechtová wurde im Amazonasgebiet von der Erfahrung des täglichen Lebens inspiriert, in der die Korrespondenz mit der Natur von grundlegender Bedeutung ist und in der das Eindringen von Technologie und Aspekten des städtischen Lebens seltsame Mischungen hervorbringt. In ihren Gemälden stellt sie diese Mischungen, dekontextualisierte Geschichten, versteckte Identitäten, absurde Situationen und unwahrscheinliche Kombinationen dar.

Beáta Hechtová, (*1991 in Prag/Tschechische Republik) hat ihren Bachelor in Illustration und Grafik an der Universität von Westböhmen in Pilsen/Tschechien gemacht; 2014 zog sie nach Wien, wo sie 2020 ihr Diplomstudium an der Universität für angewandte Kunst an der Abteilung für Druckgrafik abschloss. Als globale Nomadin reiste sie viel und lebte längere Zeit in Peru, Spanien und den USA. Die Eindrücke, die sie in ihren unterschiedlichen Lebenswelten gesammelt hat, scheinen in ihren Gemälden, Drucken und Installationen auf. Sie lässt sich aber auch von der lebhaften Atmosphäre und der kulturellen Vielfalt Wiens inspirieren, wo sie zurzeit lebt und arbeitet.

Quellen: Homepage der Künstlerin, Les Nouveaux Riches Magazine, Galerie Rudolf Leeb, Hochschule für angewandte Kunst

 

alle Bilder © Beáta Hechtová

 

Collage, Grafik, Malerei