Dressler, Peter

17. Januar 2017 - 8:23

Das ist Burschi!

 

Peter Dressler, Aus Zwischenspiel, 1970-74 © Fotohof Archiv

 

Ihn hat der große österreichische Flaneur und Fotograf Peter Dressler auf seinen Streifzügen durch Wien aufgenommen. Gibt es ein besseres Beispiel für einen Hund der 1970er Jahre als diesen Mix, der uns mit intelligenten Augen, ein bisschen misstrauisch und fragend anblickt und dessen kompakter Körper schon damals ein Brustgeschirr trug? Wohl kaum! (Heute ist auch Wien überwiegend von Möpsen und Französischen Bulldoggen bevölkert).

Bei Spaziergängen im Wienflussbecken entdeckte Dressler eine Gedenktafel mit der Inschrift "Unserem lieben Burschi!", so kam der Hundemischling zu seinem Namen.

 

Hedy blättert in Peter Dresslers Zwischenspiel, Foto: Petra Hartl

 

Doch was macht Burschi im Museum?

 

In Pose. Fotofertig im Kunsthistorischen Museum - „Mit großem Interesse“ (1989)

 

Haben Sie sich auch täuschen lassen? Was Sie hier sehen, ist nur ein Pappkamerad. Peter Dressler hat ein Foto des Hundes auf Karton affichiert und mehrere Kartonschichten zusammengeklebt, sodass eine quasi körperhafte, standfeste Hundeplastik entstand.

Hier sehen Sie Burschis schnittigen Körper:

 

Kunsthaus Wien Ausstellungsansicht, Foto: Petra Hartl

 

Das Hundeobjekt hat Peter Dressler als Co-Akteur bei Fotodokumentationen an viele Orte in Wien und im Ausland begleitet.

 

Peter Dressler, Mit großem Interesse, Naturhistorisches Museum 1989 © Fotohof Ar
Burschi in Wien ...

Peter Dresseler, Zu Besuch im Museum of Modern Art © Fotohof Archiv
in New York ...

Peter Dressler, Aus Changement de Propriétaire, 2007-2008 © Fotohof Archiv
in Paris ...

 

Als wissbegieriger und kunstbeflissener Hund ergänzt er nicht nur die Tapire im Wiener Naturhistorischen Museum, sondern auch das Große Glas von Marcel Duchamp im Philadelphia Museum of Art oder Légers Gemälde im MoMA. Peter Dressler nannte diese Serie, die über viele Jahre hinweg entstand, "Mit großem Interesse". Interessiert nimmt Burschi die unterschiedlichen Settings zur Kenntnis, er verwandelt und verfremdet die Orte durch seine bloße Anwesenheit mit subtilem Humor und nimmt den Kunststätten ein wenig von ihrer Aura und Ehrwürdigkeit. Burschi bleibt nur kurz im Museum, seine Anwesenheit ist unspektakulär, er hinterlässt keine Spuren.

 

Hedy blättert im Ausstellungskatalog Wiener Gold, Foto: Petra Hartl

Hedy blättert im Ausstellungskatalog Wiener Gold, Foto: Petra Hartl

 

Peter Dressler spazierte fotografierend durch Wien und erstellte quasi eine Datenbank an Fotos, die er immer wieder in unterschiedlichen formalen und inhaltlichen Zusammenhängen verwendete und kombinierte, dabei entstanden Serien und Tableaus. Er ließ sich dabei von Assoziationsketten leiten und kreierte eine eigene Bildsprache, fand eine eigene Grammatik der Stadt. „Die Ketten der Assoziationen sind meine Welt, da deklariere ich mich!“, sagte er während einer Vorlesung (zit. nach Ausstellungskatalog "Wiener Gold", S 139). Das Ergebnis dieser Assoziationsketten ist poetisch, nicht laut, expressiv, dramatisch, aber auch ironisch und voll hintergründigem Humor. Dresslers Fotogeschichten erschufen neue wehmütige Wirklichkeiten.

 

Peter Dressler, Extérieur, 1975 © Fotohof Archiv

 

Auch Burschi hat Peter Dressler in einem seiner Tableaus gemeinsam mit anderen Wiener Sehenswürdigkeiten gruppiert, zum Beispiel mit einer Statue zwischen deren Beinen ein Hundkopf lugt.

Die Serialität hat sich für Peter Dressler als künstlerisches Hauptprinzip herauskristallisiert. Ab den 1980er Jahren ging er dazu über, in seinen Fotoserien Erzählngen zu inszenieren, in denen er auch als Akteur vorkommt.

"Zwischenspiel", sein bedeutendes Künstlerbuch, entwickelt seinen besonderen Reiz aus den vielfältigen Bezügen und Anspielungen zwischen den Einzelbildern. Schön gemacht ist auch das Cover: Burschi hebt sich erhaben vom Untergrund ab. Folgen Sie Hedys Pfote!

 

Zwischenspiel mit Hedy, Foto: Petra Hartl

 

Das Kunsthaus Wien zeigt noch bis zum 5. März 2017 in der Retrospektive "Wiener Gold" das Werk von Peter Dressler, in dem Wien eine zentrale Position einnimmt. Peter Dressler (1942 - 2013) hat als Fotograf und Filmemacher, Akademielehrer, Sammler, Theoretiker und nicht zuletzt als Leit- und Integrationsfigur die heimischen Fotoszene seit den 1970er-Jahren mit beeinflusst.

Zur Ausstellung erscheint der Katalog: Peter Dressler, Wiener Gold, 978-3-902993-41-0

 

Kunsthaus Ausstellungsansicht © KUNST HAUS WIEN 2016, Foto Thomas Meyer

 

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