Panebianco, Catherine

13. Dezember 2021 - 10:16

Er konnte jeden Tag denselben Spaziergang machen und an demselben Stück Gras schnuppern, und es war, als wäre es das beste Stück Gras, das er je geschnuppert hatte. Jeder Tag war ein großer Tag für Benny.

 

Die Fotoserie "Benny Was A Good Boy" von Catherine Panebianco, die das letzte Jahr ihres altersschwachen Hundes zeigt, bewegt und trifft mich unvermittelt. Sie ist melancholisch und deutet Abschied, Vergehen und Vergänglichkeit bereits in jedem einzelnen Foto der Hommage an ihren besten Freund an. Sie  ist auch formal ausgezeichnet: die Hell-Dunkel-Kontraste, Diagonalen, Formkongruenzen ...

 

Benny Was A Good Boy 1 © Catherine Panebianco

 

Streicheln und das Erinnern vorwegnehmen.

 

Benny Was A Good Boy 2 © Catherine Panebianco

 

Ruhen und Spazieren.

 

Benny Was A Good Boy 3 © Catherine Panebianco

 

Schlafen; der Schlaf als kleiner Bruder des Todes; dazu Arthur Schopenhauer: "Jeder Tag ist ein kleines Leben: jedes Aufwachen und Aufstehen eine kleine Geburt, jeder frische Morgen eine kleine Jugend, jedes Ausruhen und Schlafen ein wenig Tod."

 

Benny Was A Good Boy 4 © Catherine Panebianco

 

Winter: Das Jahr geht zur Neige, neige (frz.) = Schnee, der Schnee schmilzt.

 

Benny Was A Good Boy 5 © Catherine Panebianco

 

Neugierig um die Ecke schielen, um die Ecke biegen.

 

Benny Was A Good Boy 6 © Catherine Panebianco

 

Gerade warst du noch da!

 

Benny Was A Good Boy 7 © Catherine Panebianco

 

Länger werdende Schatten künden vom Ende des Tages.

 

Benny Was A Good Boy 8 © Catherine Panebianco

 

Pfotenabdrücke sind Spuren des Vergangenen, die nassen Abdrücke trocknen und verschwinden.

 

Benny Was A Good Boy 9 © Catherine Panebianco

 

Ein Kreis aus Licht und eine Spur im Schnee.

 

Benny Was A Good Boy 10 © Catherine Panebianco

 

Bens in Gips gegossenen Pfotenabdruck berühren - seinen Tod vorwegnehmend/antizipierend.

 

Benny Was A Good Boy 11 © Catherine Panebianco

 

Ins Licht gehen! (Das Stoppschild ist prosaisch.)

 

Catherine Panebianco hat das letzte Lebensjahr ihres vierzehnjährigen Benny fotografisch begleitet. Sie ging jeden Tag zweimal mit ihm spazieren, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter erlebten sie gemeinsam Abenteuer. Doch wie so oft bei Hunden lag die wahre Schönheit des Lebens mit Benny in den alltäglichen Momenten dazwischen, die Menschen manchmal zu genießen vergessen.

Sie legte ihre Kamera beiseite und verwendete ihr Smartphone, um die intimen, besonderen Momente in ihrer Beziehung festzuhalten. Das Handy war unmittelbarer und verbindender und die Künstlerin schoss verschwommene, körnige Schwarz-Weiß-Fotos, die eine in sich geschlossene Stimmung erzeugten. Was als Chronik begann, wurde die fotografische Geschichte eines langen Abschieds Die Präsentation der Bilder als Diptychen unterstrich die Beziehung des Paares zusätzlich.

Für mich gibt es nichts Liebenswürdigeres als einen alten Hund - matte Augen, grauweiße Schnauzen, steifer Gang - nicht ansatzweise könnte da ein Welpe mithalten. Meine Hedy ist inzwischen elf Jahre alt und immer öfter quält mich der Gedanke, wie lange sie noch leben wird. Der Wunsch, jeden Tag zu etwas Besonderem werden zu lassen, keine gemeinsame Zeit zu verschwenden, wird dringlicher.

Man verliere niemanden ganz, da man die guten Erinnerungen an einen geliebten Menschen, an ein geliebtes Tier behält. Sie bleiben als Schnappschüsse in unserem Gedächtnis, meint die Fotografin. Widerspruch! sage ich, die schon zweimal den Tod eigener Hunde miterleben musste. Der Schmerz über den Verlust nimmt nicht ab, allerdings verblasst die Erinnerung - wir vergessen - was den Schmerz noch vermehrt. Fotografien helfen den Erinnerungen auf die Sprünge. Die Fotos unserer Hunde werden zu einer Erinnerung, nicht an das, was wir verloren haben, sondern an das, was wir hatten.

Dazu passt ein Lied, das ich seit ein paar Wochen fast täglich höre und das mich tröstet, obwohl ich dabei immer weinen muss. Ich denke dabei an Rocco, Lucy, Arrak, Georg und alle anderen betrauerten und unbetrauerten Hunde der Welt.

 

 

 

 

Da die meisten LeserInnen des Blogs vermutlich kein Kärntnerisch verstehen, kommt als kleine Hilfestellung meine Übersetzung von Fuzzman ins Umgangssprachliche:

laufen und lachen

du wirst laufen und lachen und huhu wirst du schreien / und tu mir was äsen (?), wirst du sagen / und die wiesen werden blühen und hoch hinauf wirst du steigen / dort wo nichts jemals zu klein ist was zählt

du wirst springen und jauchzen und du fröhlich wirst du sein / und dich freuen, dass es das alles gibt / wir werden singen und tanzen so wild und so weit / und du bist wieder mitten da drin

dir wird nie mehr was weh tun und nie mehr was fehlen / und du brauchst auch nie wieder einen schuh / es wird alles ganz leicht und es wird wieder schön / und ich wünsch deiner seele jetzt ruhe / deiner seele jetzt für immer ruhe

 

LP/CD Fuzzman: Vernunft, 2021

alle Fotos © Catherine Panebianco

 

Fotografie