Mai 2012

26. Mai 2012 - 11:30

"Das Zarte kommt besonders in den Zeichnungen zur Geltung, die intensiv aus mir entstehen. Es bedarf eigentlich überhaupt keiner Anstrengung. Diese Zeichnungen sind in mir, es fließt und das ist das, was ich kann", sagt die deutsche Künstlerin Cornelia Schleime 1996 über ihr zeichnerisches Werk in einem Interview. Die Papierarbeiten spiegeln den Prozesscharakter ihrer Arbeit wieder, das Fließende, die Bewegung, das sich Verändernde. Zwei dieser wunderbar zarten Tuschezeichnungen sehen sie unten.

 

Cornelia Schleime, Jagdgesellen, 2005
Cornelia Schleime, Jagdgesellen, 2005, Tusche auf Bütten

 Cornelia Schleime, Hasenbraut, 2009
Für meinen Hasenfreund Martin eine Häsin: Cornelia Schleimes Hasenbraut von 2009

 

Cornelia Schleime, 1953 in (Ost)Berlin geboren und bis 1984 in der DDR lebend, arbeitet in unterschiedlichen Medien, thematisch und methodisch vielfältig. Das Frühwerk - hunderte Ölbilder, Zeichnungen und Skulpturen - blieb in der DDR und verschwand spurlos. Nach ihrer Ausreise in (West)Berlin angekommen, musste sie auch künstlerisch von Neuem beginnen.

 

Sie war in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet worden, 1992/1993 setzte sie sich künstlerisch und mit viel Ironie mit ihrer Stasiakte auseinander: "Meiner Arbeit Bis auf weitere gute Zusammenarbeit ging die Einsicht meiner Stasiakten voraus. Neben den Berichten, die meinen Ekel gegenüber dem politischen System belegten, trafen mich besonders jene Berichte, die die inoffiziellen Mitarbeiter über meine Intimsphäre angefertigt hatten. Als ich diese las, hatte ich das Gefühl, man hätte mir die Vergangenheit gestohlen. Ich begann meine Arbeit, einer Fotoinszenierung mit Selbstauslöser, bei der ich die beschriebenen Situationen nachstellte und überhöhte." (nachzulesen in den Statements auf Cornelia Schleimes Homepage)

 

 

Cornelia Schleime, Stasi 02
Cornelia Schleime, Bis auf weitere gute Zusammenarbeit, Nr. 7284/85, 1993,
Deutsche Bank Collection © Cornelia Schleime

 

Ab den 1990er Jahren wendet sie sich vermehrt der Malerei zu. In Bildserien geht sie den Themen Jagd (In der Meute liegt die Beute, 2005) und Porträt nach, malt sie Nonnen und Päpste. Für ihre großformatigen Arbeiten verwendet sie Acryl, Schellack und Asphaltlack auf Leinwand.

 

 

Cornelia Schleime, Meute, 2005

Cornelia Schleime, Wie die Wölfe, 2005

Cornelia Schleime, Zwischen Nacht und Nebel, 2005

Cornelia Schleime, Siesta, 2005

Cornelia Schleime, Obstfuchs, 2005

Cornelia Schleime, Zuckerbrot und Peitsche, 1996
Cornelia Schleime, Zuckerbrot und Peitsche, 1996
Acryl, Schellack, Asphaltlack auf Leinen
 

Cornelia Schleime mit Hund Jacki im Atelier Prenzlauer Berg, 2004
Cornelia Schleime mit Hund Jacki im Atelier
Prenzlauer Berg, 2004, Foto © Ute Mahler

 

Zur Zeit sind Cornelia Schleimes Arbeiten in mehreren Ausstellungen zu sehen: In der Deutschen Bank Luxembourg ihre fotografischen Inszenierungen, im Museum Franz Gertsch in Burgdorf (Schweiz) Arbeiten der letzen 18 Jahre, weiters in der Livingstone Gallery in Den Haag und der Prager Jiri Svestka Gallery.

alle Bilder © Cornelia Schleime

 

Ausstellung, Malerei, Zeichnung
22. Mai 2012 - 23:30

Ich möchte Ihnen eine inzwischen zehn Jahre alte Fotoserie von Alec Soth vorstellen, die in Ihrer Schlichtheit, blassen Farbigkeit und stillen Einsamkeit zeitlos wirkt: Dog Days, Bogotá.

Der amerikanische Fotograf (1969 in Minneapolis geboren) verbrachte 2002 zwei Monate in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, da er und seine Frau dort ein kleines Mädchen adoptieren wollten. Die leibliche Mutter gab den neuen Eltern ein Buch mit Briefen, Bildern und Gedichten für deren zukünftige Tochter mit. "I hope that the hardness of the world will not hurt your sensitivity. When I think about you I hope that your life is full of beautiful things", schrieb sie.

Der Adoptionsvorgang dauerte länger als geplant, weshalb Soth die Heimatstadt seiner Tochter zu fotografieren begann. Er wollte seine visuellen Eindrücke der Stadt für Carmen festhalten. 2007 erschienen die Fotos dann in einem Buch für die Öffentlichkeit, 2008 folgte deren Ausstellung in Europa.

 

Alex Both, Untitled 02, 2003

 

Die Abfolge der Fotos hat etwas von einem Pilgerweg an sich, viele Fotos entstanden auf dem Cerro de Monserrate, der von Gläubigen erstiegen wird. Menschen, Innenräume, Stillleben, Landschaften, nicht zuletzt Hunde wechseln einander in loser Folge ab. Erkennbar wird diese Abfolge allerdings nur, wenn man alle 65 Bilder ansieht. Ich habe die Hundefotos herausgenommen, ergänzt durch wenige andere Aufnahmen. Im erzählerischen Sinn ist die verkürzte Auswahl natürlich nicht aussagekräftig.

 

Alex Both, Untitled 02, 2003

Alex Both, Untitled 08, 2003

Alex Both, Untitled 17, 2003

Alex Both, Untitled 20, 2003

 

Soth wollte die Schönheit Bogotás sichtbar machen; die Schönheit gewinnen die Fotos allerdings nicht nur durch das Motiv, sondern durch die formale Strenge der Komposition: Soth macht keine Schnappschüsse. Die Komposition und mangelnde Buntheit bewahrt ihn auch vor Sozialkitsch und -romantik.

 

Alex Both, Untitled 24, 2003

Alex Both, Untitled 25, 2003

Alex Both, Untitled 28, 2003

Alex Both, Untitled 31, 2003

Alex Both, Untitled 40, 2003

Alex Both, Untitled 45, 2003

Alex Both, Untitled 48, 2003

Alex Both, Untitled 50, 2003

Alex Both, Untitled 57, 2003

Alex Both, Untitled 59, 2003

Alex Both, Untitled 61, 2003

 

In einem Interview geht Soth auch auf die Rolle der Hunde ein, die einen nicht unwesentlichen Teil der vollständigen Serie ausmachen. Er fotografierte sie anstelle der Straßenkinder, die das Bild von Bogota mitbestimmen. In der angespannten Stimmung seiner außergewöhnlichen Lebenssituation - das Warten auf die Adoption - fühlte er sich unwohl beim Gedanken die Kinder zu fotografieren, zumal er sie nicht als Individuen, sondern bloß als Teil einer Gruppe wahrnahm. Die Hunde, deren Unterschiede viel sichtbarer waren, stehen demnach an Stelle der Kinder, sie stehen für eine Idee. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich bei den Fotografien der streunenden Hunde so viel Feingefühl verspüre und so wenig Voyeurismus merke.

Soth wurde durch zwei Fotoserien berühmt: "Sleeping by the Mississippi", für die er zwischen 1999 und 2004 mehrere Autoreisen entlang des Mississippi unternommen hatte, und "Niagara", bei der er das Lieblingsziel amerikanischer Hochzeitsreisender zwischen Romantik und Illusionn changierend darstellt. "I am exploring my own interests", sagt er zu seinen Serien, um klarzustellen, dass er keine dokumentarischen Absichten hat. Dies gilt noch mehr für "Dog Days, Bogotá", das keine Dokumentation über Bogotá ist, sondern seinen vorerst privaten Interessen folgt: Alles war von der kommenden Adoption erfüllt, sodass er keinen klaren Blick auf die Dinge hatte.

 

Soths Arbeiten befinden sich in den Sammlungen zahlreicher großer Museen. Er ist Mitglied der Fotoagentur Magnum Photos.

 

alle Fotos © Alex Soth/ Magnum Photos

 

 

Fotografie
19. Mai 2012 - 15:00

Ich habe etwas anderes gesucht, doch dann ist in der Bücherei mein Blick auf ein Buchcover gefalllen, das mich sofort berührt hat, noch dazu mit dem Titel "Träume von Glück": Ein Mann und sein Hund ruhen sich an einer Gartenmauer aus, versonnen, verträumt der Blick, eins mit sich und dem anderen.

 

Jiri Taniguchi, Träume von Glück

 

 

 

Das Buch - ein Manga, das ist ein japanisches Comics - versammelt mehrere Erzählungen, die erste heißt ganz lapidar: "Einen Hund besitzen" (Viel schöner der englische Titel: "Raising a Dog"). Wie zugeschnitten auf mein Leben scheint die Geschichte zu sein, berichtet sie doch vom Leben mit einem alten Hund, der langsam an Kraft verliert, kaum mehr laufen kann, gebrechlich und inkontinent wird, sich wundliegt und doch nicht "gehen" kann, mit dem ihm verbliebenem Willen hängt er am Leben.

 

Das Paar pflegt ihn monatelang bis zu seinem Tod, wobei Taniguchi die Belastung, die das darstellt, nicht ausspart. Kaum auszuhalten sind die Nächte ohne Schlaf, ist das Miterleben seines Dahinsiechens für die beiden.

 

Tränen fließen: im Buch, beim Lesen und jetzt wieder beim Schreiben. Taniguchi zeigt in Rückblenden unbeschwerte Momente, glückliche Jahre. Die Erzählung ist durchdrungen von der Liebe zu einem Hund, mit dem man 15 Jahre seines Lebens verbracht hat. "Im Leben und im Sterben macht es keinen Unterschied, ob Mensch oder Hund", lässt Taniguchi seinen menschlichen Protagonisten sagen. Richtig. Das versteht allerdings nur der, der mit Hund lebt.

 

 

Jiri Taniguchi, Träume von Glück

Jiri Taniguchi, Träume von Glück

 

Jiri Taniguchi, Träume von Glück

Jiri Taniguchi, Träume von Glück

Jiri Taniguchi, Träume von GlückJiri Taniguchi, Träume von Glück

Taniguchis Erzählung ist autobiografisch: Er erzählt im Nachwort, dass er sich schon als Kind einen Hund gewünscht hatte, dass ihn alleine die Vorstellung mit einem Hund zusammenzuleben mit Freude erfüllte, er sich allerdings nie Gedanken gemacht hatte, wie es sein würde, sich um einen alten und kranken Hund zu kümmern. Als sein Hund mit 15 Jahren starb, wollte er sein Leben und Sterben in einem Manga festhalten. Beim Zeichnen der Kurzgeschichte 1992 spürte er noch die Anwesenheit des verstorbenen Hundes.

 

Auch wenn Sie sonst keine Comics, Mangas, Graphic Novels lesen - für diese Geschichte sollten Sie eine Ausnahme machen. Der Alltäglichkeit der Verrichtungen (Urin wegwischen, Fell waschen) wohnt alle Menschlichkeit inne.

 

Für das Buchcover habe ich mein Bücherei-Exemplar eingescant, die Abbildungen der englischen Ausgabe sind von anymanga.

 

Buch, Grafik
16. Mai 2012 - 10:42

675 Landschaftsbilder, 583 Tierdarstellungen und 4 Porträts hat der Wiener Maler Carl Reichert (1836 bis 1918) angefertigt, trotzdem war er mir bis letzte Woche unbekannt.

583 Tierdarstellungen! Und ich kann Ihnen nur ein kleine typische Auswahl zeigen. Reichert zählt zu den gesuchtesten österreichischen Tiermalern des 19. Jahrhunderts. Er spezialisierte sich auf detailliert gemalte, oft humorvolle Darstellungen von Haustieren, insbesondere von Hunden und Katzen.

 

Nein, ich bin nicht von Martin Eder!
Warum muss ich nur an Martin Eder denken?

 

An den ersten beiden Bildern erkennt man schon die Bandbreite der Hundedarstellungen von Carl Reichert. Vom sehr kitschigen Motiv des Kätzchenkorbs bis zum ganz seriösen Hundebildnis vor atmosphärisch angelegten Hügeln.

 

Carl Reichert, Portrait eines Dobermann, 1916

Carl Reichert, Dogge

Carl Reichert, Neufundländer

Carl Reichert, Zwergpinscher

Carl Reichert, Junger Dackel

Carl Reichert, Junger Mops

Carl Reichert

Carl Reichert

Carl Reichert

Carl Reichert, Philosoph und Cyniker

Carl Reichert, Persische Windhunde

Carl Reichert, Auf dem Weg zum Markt, um 1918

 

Für viele Hunde des 19. Jahrhunderts bestand das Leben auch in unseren Breiten nicht aus Spiel, sondern Arbeit. Gang und gäbe war das Ziehen der Leiterwagerl.

 

Carl Reichert, Der Malerstreit, 1903

Carl Reichert, Schmerzhafte Erfahrung

Carl Reichert, Zwei schlechte Gewissen

Carl Reichert, Drei Kinder füttern einen Hund

 

Sehr bekannt wurde er auch durch seine Illustrationen.

 

Carl Reichert, Der Gratulant, 1907

 

Reichert begann als Landschafts- und Vedutenmaler, so unternahm er von 1855–1860 ausgedehnte Wanderungen durch die Steiermark und schuf zahlreiche Ansichten von steirischen Burgen und Schlössern. Um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, war er als Hauslehrer bei adeligen Familien tätig. Der Bitte des Grafen Hügel (1835–1897) auf Schloss Rheinthal nachgebend, porträtierte er dessen beiden Vorstehhunde, woraufhin ihn Fürstin Klaudine Teck dem Kaiserhof weiterempfahl. Vom Landschafts- und Architekturmaler entwickelte er sich immer mehr zum Tiermaler und fertigte Hunde- und Pferdeporträts an, die sehr gefragt waren. Dabei verwendete er unter anderem das Pseudonym J. Hartung. 1873 nahm er an der Wiener Weltausstellung teil und zeigte dort vier Hundebilder (Rattler, Foxterrier, Bulldogge und Bullterrier).

Vielleicht kam der Anstoß zum Tieremalen von außen, doch zweifellos muss Reichert die Tiere geliebt haben, sonst hätte er sie nicht so individuell darstellen können. Jedes Hundeaugenpaar erzählt eine Geschichte.

Die biografischen Angaben stammen vom literatur- und kulturgeschichtlichen Handbuch der Steiermark im 19.Jahrhundert.

 

Grafik, Malerei
13. Mai 2012 - 8:18

Meine Mutter "beklagt" sich manchmal, dass in meinem Blog so wenige Schnauzer vorkommen. Zur Erklärung: Ihre Hundeliebe hieß Arrak vom Roseggerhaus und war ein schwarzer Mittelschnauzer. Deshalb als virtueller Muttertagsgruß "Butch", der Schnauzer. Justine Osborne sei Dank!.

 

Justine Osborne, Butch, Schnauzer
Justine Osborne, "Butch", Schnauzer

Justine Osborne, Butch, Schnauzer, Nase
Justine Osborne, "Butch", Schnauzer, Nase

 

Osborne, die einen modernen, frischen Zugang zu dem traditionellen Genre der Tiermalerei findet, schloss 1998 am Londoner Central Saint Martins College of Art ihr Studium ab. Inzwischen lebt sie aber – nicht zuletzt wegen ihrer Hunde – im ländlichen Gloucestershire. Seit über zehn Jahren beschäftigt sie sich professionell mit dem Malen von Hunden und kann dem immer wieder neue Facetten abgewinnen. Vor allem die Lebenslust und Ausgelasseneheit der Tiere motiviert sie und lässt das Arbeiten an nur einer malerischen Gattung nie langweilig werden.

 

Osborne stellt die Schönheit der einzelnen Rassen dar und hält gleichzeitig die Individualität der Hunde fest. Vom Alaskischen Malamut bis zum West Highland White reicht das Spektrum der Porträtierten.

 

 

Justine Osborne, Pointer

Justine Osborne, Hunde im Schnee

Justine Osborne, Betty und Molly, ein Paar Möpse

 

Stilistisch fällt der Gegensatz zwischen den einfärbigen, sehr glatt gemalten Hintergründen und den mit energischem Pinselstrich angelegten Hunden auf. Nichts soll von den Hunden ablenken, kein weiteres Accessoire ist notwendig, um die Komposition zu vervollständigen. Auch die Hundehalter haben auf den Bildern nichts verloren.

 

 

Justine Osborne, Billy, Parsons Jack Russell

 

 

Mir gefällt der stämmige Billy ganz besonders. Das gedämpfte Graugrün des Hintergrundes ist typisch für die Region - Cotswolds -  in der Justine Osborne lebt, die Türen und Fensterrahmen sind dort so gestrichen.

 

 

Justine Osborne, Zeb, Jack Russel Terrier

 

Justin Osborne, Gus, Weimaraner-Welpe

 

Justine Osborne, Paddy, Zwergschnauzer
Und noch ein Schnauzer!

Justine Osborne, Nahaufnahme Schnauzer

 

 

In der Nahaufnahme sehen Sie, wie Justine "pfeffer-salz" malt, der Ausschnitt sieht wie ein eigenständiges informelles Werk aus. Das Fell ist gestisch gemalt, die Oberläche stark strukturiert. Kein Wunder, nennt sie neben dem traditionellen Hundemaler George Stubbs und dem leidenschaftlichen Dackelmaler David Hockney doch Jenny Saville als Inspirationsquelle.

 

 

Justine Osborne, Zwergschnauzer
Und noch ein Zwergschnauzer!

 

 

Aus jedem Bild spricht die Liebe zum Hund: Er begleitet uns in schweren Zeiten durchs Leben. Seine Bescheidenheit im Zusammenleben mit uns Menschen hilft, den Blick für das Wesentliche nicht zu verlieren, meint Justine Osborne. Da hat sie wahrlich recht!

 

Auf ihrem Blog beschreibt sie immer die zuletzt gemalten Hunde, auf ihrer Homepage finden Sie einen ausführlichen Blick auf die unterschiedlichsten Rassen.

 

alle Bilder © Justine Osborne

 

Malerei, Zeichnung
10. Mai 2012 - 9:00

Bereits 2010 hat der 1974 in Belgien geborene Künstler Stephan Balleux bei seiner Ausstellung "Sui Generis" in Brüssel dieses Aquarell "Center" gezeigt, ich finde es allerdings so bemerkenswert, dass ich es Ihnen nicht vorenthalten will. Groß- und einzigartig auch innerhalb seines Werks, das sehr düster und kryptisch erscheint.

 

Stephan Balleux, Center, 2010

Stephan Balleux, Center, 2010

Stephan Balleux, Les Travaux et les Jours, 2010

 

Auf vielen seiner Bilder treibt sich eine Art Wolke herum, eine fremde Kreatur, die in die Bilder und die dargestellten Personen eindringt. Balleux beschreibt die Malerei selbst als etwas Mysteriöses, Unverständliches. Seine Bilder thematisieren demnach die Malerei selbst, porträtieren sie als als organische Lebensform, die mit unserer Welt interagiert.

 

Stephen Balleux, The Venice Charter, 2010

Sui generis Ausstellungsansicht, 2010
Ausstellungsansicht "Sui Generis", 2010

 

Was diese seltsame Welt mit den Hunden zu tun hat, bleibt mir verborgen. Ein tolles Aquarell, ein interessanter Künstler allemal.

alle Bilder © Stephan Balleux

 

Malerei, Zeichnung
7. Mai 2012 - 9:36

Manchmal, wenn ich im Caritas-Lager oder auf Flohmärkten herumstreife und auf liebevoll gestaltete, aber ausrangierte Fotoalben stoße, wird mir schwer ums Herz. In ungünstig schwermütigen Momenten schließt sich die Frage an: Was wird aus meinen Alben werden?

Einer, der sich der ausgemusterten, verwaisten Aufnahmen annimmt, ist der Niederländer Erik Kessels. Er ist fasziniert von alten Privatfotografien und ihren vermeintlichen Mängeln.

 

Der leidenschaftliche Sammler kümmert sich um Material, das durch den Einsatz der Digitalkamera nach und nach verschwindet. Unzählige Male kann heute abgedrückt und gleich wieder gelöscht werden. Überlegungen bezüglich Komposition oder Bildausschnitt sind für den Amateurfotografen - auch dank simpler Möglichkeiten zur Nachbearbeitung - kaum mehr nötig. Es wird schon zufällig etwas gelingen. Und all die hundert Versuche kosten nichts. Vorbei die bangen Minuten beim Abholen der teueren Abzüge im Fotogeschäft. Das "kostbare" wohlüberlegte Freizeitfoto verschwindet ebenso wie der reizvolle, fehlerhafte Ausschuss in Papierform.

 

Viele der gesammelten Bilder findet Kessels beim langen Stöbern auf Flohmärkten in und um Amsterdam. Die verblüffendsten der Fundstücke schaffen es dann in regelmäßigen Abständen in den Bildbandreihe "In Almost Every Picture". Bereits zwölf Fotobücher mit vorgefundenem Material hat er herausgegeben, zwei davon mit Hunden, einem Dalmatiner und einem schwarzen Spitz ("In Almost Every Picture #5 und #9").

 

Kessels interessieren die Aufnahmen nicht nur wegen der fotografischen "Fehler" und technischen Unzulänglichkeiten, die die Fotos seiner Meinung nach authentisch machen, ihn interessieren auch die Geschichten, die hinter den Fundstücken stecken und die nie für eine größere Öffentlichkeit bestimmt waren.

 

 

 

In Almost every Picture #5

 

"In almost every picture #5" ist ein Dalmatiner fester Bestandteil des Familienlebens, er kommt auf jedem Foto vor und steht fast immer im Mittelpunkt.

 

In Almost every Picture #5

In Almost every Picture #5

In Almost every Picture #5

 

In Almost every Picture #5

 

Das  Aufwachsen und Leben des fotogenen Dalmatiners wird über 15 Jahre lang festgehalten. Die Hundehalterin scheint sogar im Partnerlook mit ihrem Hund aufzutreten (Muster des Kleides oben). Sie experimentiert auch mit der wohl als künstlerisch angesehenen Schwarz-Weiß-Fotografie, die ihren Liebling noch besser in Szene setzen soll..

 

In Almost every Picture #5

"In Almost Every Picture #9" handelt vom Versuch einer Familie ein großes Mysterium der Fotografie zu lösen: Wie fotografiert man einen schwarzen Hund? Das Fotobuch zeigt die Sammlung eines Ehepaars, das sein Leben mit dem schwarzen Spitz teilte und dokumentiert gleichzeitig über Jahre hinweg die technisch gescheiterten Versuche den geliebten Hund abzu"lichten". Die ungeeignete Kamera und die ungünstige Farbe des Felles lassen ihr geliebtes Haustier bloß als schwarzen Fleck erscheinen.

 

Alle Versuche, die Liebe zu ihrem Hund zu zeigen, scheitern dabei aber auf eine schöne und charmante Weise: Der Hund bekommt eine Aura des Geheimnisvollen.

 

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

 

Über Jahre hinweg nehmen sie eine schwarze Silhouette auf, einen Mann, der einen schwarzen Fleck umarmt ...

 

 

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

 

... und eine Frau, die mit einem schwarzen Dreieck spricht. Besonders hier stellt sich der Verdacht ein, der rätselhafte Fleck könnte ein maskierter Superheld sein, "a doggy Bruce Wayne hiding in a shadow“.(Chritian Bunyan)

 

 

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

 

Erik Kessels findet die beständige Leidenschaft der beiden ihren schwarzen Klecks zu fotografieren bewundernswert: Doch wenn der Betrachter schon glaubt, der Fleck bliebe rätselhaft ...

 

In Almost every Picture #9

 

... merkt er auf der letzten Seite, dass der Fleck doch nur ein alter Hund ist. ("And it turns out that he’s just a plain old scruffy mutt after all!" - Christian Bunyan)

Erik Kessels ist Kreativdirektor und Mitgründer der Amsterdamer Werbeagentur KesselsKramer, deren Portfolio von klassischer Werbung bis hin zu Dokumentarfilmen reicht. 2007 gründete KesselsKramer einen Ableger in London, das KK Outlet. Wie die Hauptagentur fungiert das Büro in London nicht nur als Werbeagentur, sondern auch als Galerie. Neben seiner Arbeit in der Agentur ist Erik Kessels Lehrer an einer Theaterschule, Ausstellungskurator, entwirft er Briefmarken, gestaltet Kindersendungen für das Fernsehen, nicht zuletzt ist er Herausgeber von Fotobüchern.

KesselsKramer - Wundern Sie sich nicht, sondern aktualisieren Sie die Seite mehrmals! Alle Fotobücher finden Sie auf KesselsKramer Publishing, ein ausführliches Interview mit Erik Kessels auf  Conscientious Extended. 

alle Fotos © Erik Kessels

 

Buch, Fotografie
4. Mai 2012 - 9:07

Eine Freundin aus Deutschland und beständige Leserin meines Blogs hat mich gefragt, ob ich Wilhelm Trübners "Dogge mit Würsten" kenne. Nein, kannte ich nicht, allerdings befindet sich sein Bild "Caesar am Rubicon" nur einen geschätzten Kilometer Luftlinie von meinem Schauraum entfernt im Wiener Belvedere. Es gehört zu meinen ultimativen Hundelieblingsbildern. Um dem Blog eine persönliche(re) Note zu geben, schließe ich ein Foto meiner Pinnwand weiter unten an - Ceasars Antlitz war bereits die Vorderseite eines Geburtstagsgrußes, den mir eine langjährige Freundin schickte.

 

Wilhelm Trübner, Caesar am Rubicon (der Hund des Künstlers), um 1878
Wilhelm Trübner, Caesar am Rubicon (der Hund des Künstlers),
um 1878, Öl auf Leinwand, 48,5 x 61,5 cm, Belvedere, Wien

Wilhelm Trübner, Dogge mit Wurstschüssel, 1878

Wilhelm Trübner, Dogge mit Würsten. Ave Caesar morituri te salutant, 1878

Wilhelm Trübner, Dogge am Wesslinger See, 1876

 

Finden Sie nicht auch, dass die Abfolge der Bilder eine Geschichte erzählt? Wäre ich Trübners Hund und wären die Würste immer unerreichbar gewesen - und für einen gehorsamen Hund beginnt die Unerreichbarkeit leider vor der Schnauzenspitze - wäre wohl auch mein Blick sehnsuchtsvoll in die Ferne, über den Wesslinger See geschweift!

Aber ich gehe einmal davon aus, dass Trübner seinen Hund sehr gerne gehabt und für das Modellsitzen mit Leckerlis belohnt hat.

Mit dem Nietenhalsband und dem Pokerface sieht Caesar mit den Würsten übrigens sehr zeitgemäß aus, dabei ist das Bild fast 150 Jahre alt! Der Heidelberger Maler Wilhelm Trübner lebte von 1851 bis 1917 und verband in seinem Werk, das sich hauptsächlich der Landschafts- und Bildnismalerei widmete, realistische und impressionistische Züge zu einem persönlichen, dem Leibl-Kreis verwandten Stil.

 

Pinnwand, © Petra Hartl

 

Da ich diesen Blogbeitrag am 1. Mai verfasst habe, passt zu Caesars Gehorsamkeit und Unterordnung ein Streikaufruf, den ich über Moiras Blog Dog Art Today bekommen habe:

 

Streike!

 

Malerei
1. Mai 2012 - 13:08

Anke Wissing, Falke, 2012

 

Ernst und selbstbewusst, humor- und würdevoll schauen die Hunde aus den Bildern, ganz als wüssten sie schon beim Fotografieren um die Bedeutung des Fotos als Vorlage für ein Gemälde. In den Bildern von Anke Dilé Wissing ruhen die Hunde in sich, die Farbstimmung des Hintergrunds greift deren Stille und Gelassenheit auf. Nebenbei stellt der ähnliche Hintergrund dieser bezaubernden Brustbilder den formalen und zeitlichen Zusammenhang der Serie her.

Keine Unruhe stört die Bilder! Vielleicht liegt das daran, dass die Künstlerin nachts malt, ablenkungslos, sich ganz dem Motiv hingebend. Diese Hunde haben ihren Platz nicht nur im Bild, sondern in der Welt gefunden. Wenn man es auch nicht sieht, so spürt man: Mit allen vier Pfoten stehen sie fest auf der Erde.

Einzig der Dalmatiner blickt uns etwas fragend an - allerdings passt das gut zu seinem abstrakt-informellen Hintergrund.

 

Anke Wissing, Birka, 2012

Anke Wissing, Marie, 2012

Anke Wissing, Lord, 2012

Anke Wissing, Naim, 2012

Anke Wissing, Shila, 2012

Anke Wissing, Kira, 2012

Anke Wissing, Rassel II, 2012

Anke Wissing, Lotta, 2012

Anke Wissing, n. T. Flach

 

Quedlinburg, hier lebt und arbeitet die Künstlerin, trägt einen Hund im Wappen. Naheliegend also, dass sich Anke Dilé Wissing (auch) mit Hunden beschäftigt. Wie der Hund auf das Wappen kam, beschreibt sie auf ihrer Homepage. Unten sehen sie den für Hundefreunde wesentlichen Teil des Quedlinburger Rathauses:

 

Detail des Quedlinburger Wappens auf dem Rathaus
Detail des Quedlinburger Wappens auf dem Rathaus

 

Noch bis 16. Mai 2012 stellt Anke Dilé Wissing ihre Quedel-Serie "Dogs" im Theophano Café in Quedlinburg (Markt 13/14) aus, zu sehen täglich von 10-18 Uhr.

 

Ausstellungsankündigung
Der zwölfjährige "Falke" kündigt die Ausstellung an!

 

alle Bilder © Anke Dilé Wissing

Ausstellung, Malerei