Wie erfreulich für uns, dass das Sammeln von Zeichnungen für Wohlhabende ein kultivierter Zeitvertreib war! Eine Sammlung - ein Konvolut an Zeichnungen, das auch zweihundert Tierdarstellungen enthielt - kaufte 1772 das Braunschweiger Herzog Anton Ulrich Museum an. Darunter eine Arbeit, die dem deutschen Tiermaler Johann Melchior Roos (1663-1731) zugeschrieben wurde. Erst dem Leiter des Kupferstichkabinetts Thomas Döring, der bei der Inventarnummer 719 immer ins Sinnieren kam, ist es zu verdanken, dass sie neu bewertet und als Rembrandt erkannt wurde. Vorausgingen eingehende Recherchen, darunter mikroskopische Untersuchungen, Studium von vergleichbaren Originalen Rembrandts in Amsterdam, Paris und Wien sowie Konsultationen von internationalen Autoritäten der Rembrandt-Forschung.
Kein anderer jedoch als Rembrandt hätte einen Arbeitshund so trefflich und mit "traumwandlerischer Sicherheit" porträtieren und auf nur 82 x 99 mm sein ganzes Elend darstellen können. Der Hund ist nicht nur mit expressivem Strich, sondern auch vom Leben gezeichnet: Erschöpft vom arbeitsamen Dasein blickt er uns an!
Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669), Studie eines sitzenden Hundes, um 1637
Immer wieder tauchten Hunde im Werk Rembrandts auf. Vor allem in den 1630er Jahren bereicherte der Künstler seine Gemälde und Radierungen bevorzugt mit Darstellungen von Hunden als bedeutungsvollen Nebenmotiven. Er sammelte seine gezeichneten - und offenbar größtenteils verlorenen - Tierstudien in einem Band, den er mit "beesten nae ’t leven" (dt. Tiere nach dem Leben) beschriftete. Darin dürfte sich ursprünglich auch die neu entdeckte "Studie eines sitzenden Hundes" befunden haben.
Den neuen Rembrandt können Sie erstmals ab dem 6. April 2017 im Rahmen der Ausstellung "Dürer, Cézanne und Du. Wie Meister zeichnen" betrachten, der ersten großen Sonderausstellung des Ende Oktober 2016 neu eröffneten Herzog Anton Ulrich Museum.
Als Draufgabe sehen Sie unten noch eine sehr realistische und karge Winterlandschaft, durch die ein kleiner Hund trottet.
Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669), Winterlandschaft, 1646