Longhurst, Jo

25. September 2012 - 17:10

Jo Longhurst, Saffi, 2004
Jo Longhurst, Saffi, 2004

 

Ein ungeschriebenes Gesetz unter FotografInnen lautet, niemals Haustiere zu fotografieren, den eigenen Hund aufzunehmen ist ein absolutes No-Go. Eine Fotografin, die sich nicht darum kümmerte, ist Jo Longhurst. 2001 begann sie am Royal College of Art in London zu studieren. Einher mit dem Studium erging die Warnung, dass sie mit Hundefotos niemand ernst nehmen würde. Von wegen! Nun ist sie als eine von vier FotografInnen für den kanadischen Grange Preis nominiert, der zeitgenössische Fotografie auszeichnet. Der Preisträger/die Preisträgerin wird nur durch Abstimmung ermittelt und erhält 50 000 Dollar. Grund genug für mich Jo Longhurst in diesem Beitrag wenn nicht vorzustellen, dann doch in Erinnerung zu rufen.

 

 

Jo Longhurst, Twelve dogs twelve bitches, 2003
Jo Longhurst, Twelve dogs, twelve bitches, 2003

 

Jo Longhurst lebt mit zwei Whippets in London in der Nähe eines Hunderennstadions (hier laufen allerdings die größeren Greyhounds). Seit über einem Jahrzehnt stehen Whippets und die Welt der Hundezucht und Hundeschauen im Mittelpunkt ihrer Fotografie.

Der Whippet ist eine in Großbritannien bei Hundehaltern und Züchtern sehr beliebte Windhundrasse - und zwar über alle gesellschaftlichen Klassen hinweg. Die Arbeiterklasse hat Whippets gewöhnlich für Rennen oder das Wildern trainiert, die Aristokratie hielt Whippets unter ihren Jagdhunden. Und die Damen mochten diesen archetypischen, aber freundlichen Hund als Schoßhund.

2001 hat Jo Longhurst die besten Whippet-Züchter in Großbritannien eingeladen, um deren Tiere zu fotografieren. Die Hunde verhielten sich beim Foto-Shooting äußerst diszipliniert, allerdings band Longhurst eine dünne Angelschnur um die Hundehälse, um ihnen vorzutäuschen sie seien an der Leine. Da alle Schau-Hunde waren, nahmen sie sofort Posen ein und blieben ruhig.

 

Jo Longhurst, The Refusal I, 2007
Jo Longhurst, The Refusal I, 2007

 

Über Jahre beobachtete sie Whippet-Züchter bei ihren Bemühungen um das perfekte Tier: Sie brüten über Stammbäumen und wenden offen Erkenntnisse der Eugenik an, die eine wichtige theoretische Grundlage der modernen Rassehundezucht bildet.

Longhursts Arbeit konzentrierte sich auf die Entwicklung im Erscheinungsbild des Whippets und auf die Konstruktion von menschlicher Identität über die Gestalt des Hundes. In ihren Worten:

"I am interested in perfection. My work with the British show Whippet – a dog bred to an ideal standard – focuses on the evolution of the visual image of the Whippet, and the construction of human identity through the shaping of the figure of the dog. By making images of dogs, I explore the clinical aspects of breeding (and photography), and the intimate, instinctual relationship between human and animal. Underpinning my work is an exploration of photographic portraiture, and the effect of looking and being looked at" (Zitat: Royal College of Art).

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Jo Longhurst, The Refusal III,1, 2007
Jo Longhurst, The Refusal III,1, 2007

Jo Longhurst, Vincent, 2004
Jo Longhurst, Vincent, 2004

 

Jo Longhurst wirft auch einen Blick auf den Menschen und seine Beziehungen. "Wir sind alle ein Teil unserer eigenen Gesellschaft und haben alle unsere Strukturen, in die wir uns einpassen müssen. Es gibt da den politischen Aspekt der Zurschaustellung: Was wir den Hunden antun, tun wir vielleicht ebenfalls uns selbst an." (Zitat: Stylemag.net)

Was wir uns selbst antun, zeigt Longhurst in der Serie "Other Spaces", hier beleuchtet sie menschliche Perfektion am Beispiel von HochleistungsturnerInnen, beleuchtet deren körperliche und emotionale Erfahrungen. Die Untersuchung von Vollkommenheit und Wettbewerb bestimmen beide Foto-Serien.

 

 

Jo Longhurst, Pinnacle, 2012
Jo Longhurst, Pinnacle, 2012

 

Im Video unten spricht Jo Longhurst über ihre Arbeit, außerdem sehen Sie Vincent und Terence!

 

 

Sie können das Video auch auf der Website des Grange Prize ansehen.

Ernsthafte Kunst mit Hunden ist möglich! Wer zeigt dies besser als Jo Longhurst: Ich freue mich immer, wenn sich eine Künstlerin mit Hunden beschäftigt - wenn sie damit Erfolg hat, umso besser. Falls es Ihnen auch so geht, stimmen Sie bitte hier für Jo Longhurst ab. (Sie müssen Ihre email-Adresse angeben und eine Bestätigungsnachricht beantworten). Nicht zu viel Aufwand, denke ich.

alle Fotos © Jo Longhurst

 

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