März 2016

28. März 2016 - 9:30

 

Einladung Kunstraum Neureut Der will nur spielen

 

Sehr gerne möchte ich Ihnen die Ausstellung "Der will nur spielen - Der Hund in der aktuellen Kunst" im Kunstraum Neureut in Karlsruhe empfehlen. Sie ist von Jens Andres kuratiert und zeigt zehn Künstlerinnen und Künstler, die auf individuelle Weise Hunde in ihrer Kunst darstellen, das Hundemotiv mit seinen vielfältigen Konnotationen in ganz unterschiedlichen Medien einsetzen.

 

Veronika Olma, Du, komm trink mit mir, 2011-2013, Tempera auf Leinwand, 150x200
Veronika Olma, Du, komm trink mit mir, 2011-2013,
Tempera auf Leinwand, 150x200 cm

 

Von Veronika Olma können Sie nicht nur Temperamalerei sehen (wie auch hier im Blog), sondern GPS-Zeichnungen, mit denen sie eine Möglichkeit gefunden hat, Kunst und Leben ineinander überzuführen. Wie beneidenswert! Aus Zeitmangel ist es für mich ja oft eine Entscheidung einen Blogbeitrag zu schreiben, zu malen oder mit meinem Hund Hedy spazieren zu gehen. Ich entscheide mich fast immer für Hedy. Großartig, wenn Veronika diese Entscheidung gar nicht treffen muss.

Veronika Olma nimmt den Wunsch des Menschen, auf der Erde Spuren zu hinterlassen, ganz wörtlich. Per Smartphone und einer "Wander-App" stellt sie GPS-(Auf-)Zeichnungen her. Geführt bzw. begleitet wird Veronika Olma dabei von ihrem Hund Bazi. Die GPS-drawings sind somit virtuelles Ergebnis eines symbiotischen Künstlerduos.

 

Veronika Olma,walk a dog 005
Veronika Olma, walk a dog 005, 2015, GPS-Zeichnung

 

Das Podest, auf das ich Hunde stellen möchte, kann gar nicht hoch genug sein!

 

Annett Bienhaus, Nach Hause schwimmen, 2013, Öl auf Leinwand, 200 x 120 cm
Annett Bienhaus, Nach Hause schwimmen, 2013, Öl auf Leinwand, 200 x 120 cm

 

Am besten so hoch wie das, auf dem der Pointer in Annett Bierhaus' kunstvoll inszeniertem Hundeporträt steht: irgendwo angesiedelt zwischen surrealen Säulen und Brancusis Versuch zur Unendlichkeit! Der präzise und streng ausgearbeitete Hund steht dem Betrachter als geheimnisvoller Partner gegenüber. Schwermütig und frontal blickt er aus dem Bild und zieht uns in das Bild. Die akkurate Malweise des Hundes und die in ihrer Farbigkeit eingeschränkten Requisiten verhindern ein Abgleiten in Sentimentalität und Trivialität.

 

Vera Kattler

 

Von Vera Kattler kannte ich nur ihre Affen-Bilder. Wie schön, dass ich jetzt auch ihren Hunden begegnen darf, dass sie mit den Hunden auch Eingang in die Ausstellung und meinen Blog findet. Wobei: Affe, Ratte, Krähe oder Hund sind eigentlich einerlei, geht es ihr doch nicht um die Abbildung eines Tieres, sondern um die Darstellung des Fremden, die Präsenz des anderen.

 

Vera Kattler

Vera Kattler

 

Weiters können Sie in der Ausstellung Arbeiten sehen von: Thomas Putze, Jens Andres (der auch als Kurator fungiert), Imi Knoebel, Ottmar Hörl, Igor Oleinikov, Patricia Waller und Andreas Welzenbach.

Die Ausstellung wird am Donnerstag, dem 31. März.2016, um 19 Uhr eröffnet. Die Einführung gestaltet Jens Andreas. Zu sehen sind die Exponate im Kunstraum Neureut e.V. in Karlsruhe bis zum 17. April 2016 jeweils Freitag von 17-19 Uhr sowie Samstag/Sonntag von 14-17 Uhr.

 

Einladung Kunstraum Neureut Der will nur spielen

 

 

Ausstellung, Malerei, Skulptur, Zeichnung
24. März 2016 - 15:10

Obwohl ich schon sehr oft im Wiener Belvedere war, gibt es immer noch Neues zu entdecken. Zum Beispiel diesen Hund mit Begleiterin in einer Nische der Marmorgalerie des Unteren Belvedere. Die Skulptur stammt vom Barockbildhauer Domenico Parodi.

Dieser zärtliche, liebevolle Blick zwischen Mensch und Tier, die sanfte Berührung hinter dem Ohr, das Festhalten auf dem weiblichen Oberschenkel! Ich habe die Skulptur nur schnell mit meinem Handy fotografiert, trotzdem kann man die barocke Bewegtheit (des Tuches) und die ganz feine Bearbeitung des Marmors (bei den Pfoten) erkennen. Hier hat es sich wirklich gelohnt einen zweiten Blick auf vermeintlich Bekanntes zu wagen.

 

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Marmorgalerie im Unteren Belvedere, Foto © Petra Hartl

 

Ins Untere Belvedere gelockt hat mich übrigens die Ausstellung "Formkunst". Obwohl sie ohne jegliche Hundebeteiligung stattfindet, kann ich sie vorbehaltlos empfehlen. Sie hat zwar einen reißerischen Titel -  Klimt, Kupka, Picasso und andere. Formkunst - , der mit bekannten Namen natürlich auch Wien-BesucherInnen erreichen will, lässt aber viel Raum für Entdeckungen avantgardistischer tschechischer und ungarischer KünstlerInnen. Die Ausstellung geht noch bis 19. Juni 2016 den Grundlagen ungegenständlicher und gegenständlicher Kunst im Kulturraum der Donaumonarchie nach. Großartige, von mir noch nie gesehene Kupkas haben mich ebenso überrascht wie tschechisches und Wiener Kinderspielzeug begeistert.

Ein Beispiel eines Löwen von Ladislav Sutnar sehen Sie unten. Der tschechische Designer entwarf ab 1925 einfaches, billiges und sehr schönes Holzspielzeug. Ist die Mähne nicht atemberaubend gelöst?

 

Ladislav Sutnar, Löwe, um 1930
Ladislav Sutnar, Löwe, um 1930 (aus dem Katalog abfotografiert)

 

Ausstellung, Skulptur
11. März 2016 - 17:39

Zwei Augenpaare taxieren uns, blicken uns kühl und distanziert aus dem Bild heraus an. Als Betrachterin und Betrachter geraten wir selbst ins Blickfeld des Hundes und seiner stolzen und selbstbewussten Besitzerin. Nicht nur die Unbekannte, auch der Hund scheint von einer schwer fassbaren Melancholie durchdrungen, er scheint ihre Gefühlswelt wiederzuspiegeln.

 

Agnolo Bronzino, Bildnis einer Dame in Rot, um 1533, Foto Städel Museum – ARTOTH
Agnolo Bronzino (1503–1572), Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?), um 1533
Öl auf Pappelholz, 89,8 x 70,5 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main
Foto: Städel Museum – ARTOTHEK

 

Dieses "Bildnis einer Dame in Rot", das der dreißigjährige Agnolo Bronzino 1533 gemalt hat, bildet den Ausgangspunkt der Ausstellung "Maniera. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici", die noch bis zum 5. Juni 2016 im Städel Museum in Frankfurt am Main zu sehen ist.

Bronzino hat mit diesem Porträt einer jungen Dame, die den Diamantring der Medici an ihrer rechten Hand trägt, das monumentale repräsentative Damenbildnis als neue Gattung in die Kunst eingeführt.

 

Ich nenne das repräsentative monumentale Damenbildnisse. Damen, die sich in einer Weise darstellen lassen, wie sie vorher nicht üblich war, im großen Format, als Dreiviertelfigur, in üppigen Gewändern, vor allem mit diesen Puffärmeln, die diesen Figuren so ein luftiges Volumen und eine Gravität geben ohne wirklich schwer zu sein, mit einem Schoßhündchen als it piece artiges Acessoire, wie man heute vielleicht sagen würde, ein Spaniel, den diese Dame mit sich führt.  (Kurator Sebastian Eclercy, Zitat von hier)

 

Der Blick der jungen Florentinerin hält uns auf Distanz, der quer zum Betrachter stehende Sessel vergrößert den Abstand zur sitzenden Schönheit. Seine Lehne mit dem daraufliegenden Unterarm bildet die Basis einer gleichseitigen Dreieckskomposition. Die Rundnische wiederum schafft einen ruhigen Hintergrund rund um Gesicht und Oberkörper. Wie ein Fotograf nutzt der Künstler dabei das Streulicht der Nische wie der Bluse, um die Schattenpartien des Gesichtes sensibel aufzuhellen. (vgl. Städel Museum hier)

Auch ohne ihre Attribute erkennen wir an der würdevollen Haltung: Das ist eine Dame der Oberschicht. Neben dem kostbaren Kleid und dem Schmuck weisen Bücher, Gebetskette und nicht zuletzt ihr Hund auf ihren herausragenden gesellschaftlichen Rang, auf Bildung, Frömmigkeit und Sittsamkeit hin.

Ausgehend von diesem Glanzstück aristokratischer Porträtkunst spürt ein Teil der Ausstellung der Entstehung dieses neuen Bildtypus des Damenbildnisses anhand eng verwandter Frauenporträts nach.

Der Florentiner Manierismus wird als ein zentrales Kapitel der italienischen Kunstgeschichte durch 120 bedeutende Leihgaben vorgestellt. Zu sehen sind Werke unter anderem von Jacopo Pontormo, Agnolo Bronzino, Andrea del Sarto, Rosso Fiorentino und Giorgio Vasari. Insgesamt 50 Gemälde sowie 81 Zeichnungen, Skulpturen und Exponate weiterer Gattungen bieten eine außerhalb von Florenz noch nie dagewesene Übersicht zu einer stilprägenden Epoche, die der Kunstgeschichtsschreiber Vasari mit dem schillernden Begriff "maniera" charakterisiert hat.

Zur Ausstellung erscheint im Prestel Verlag ein umfassender, von Bastian Eclercy herausgegebener Katalog mit einem Vorwort von Max Hollein. ISBN: 978-3-7913-5505-4

 

Katalog Cover

 

 

Ausstellung, Malerei
6. März 2016 - 10:10

Da ich zur Zeit an mehreren schwierigen Blogbeiträgen arbeite und es noch einige Zeit dauern wird, bis ich damit auf einen grünen Zweig komme, wollte ich etwas Einfaches vorziehen, um ein halbwegs regelmäßiges Veröffentlichen sicherzustellen.

Ausgangspunkt für dieses "Einfache" war das Foto unten, über das ich im Internet gestolpert bin.

 

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012 © Peter Coffin, Photo Cathy Carver
Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012, mixed media, Courtesy of the artist and
Mugrabi Collection © Peter Coffin, Photo: Cathy Carver

 

Doch auch die Recherche zu diesem Werk gestaltete sich schwieriger als erwartet; der Künstler, Peter Coffin, stellte sich als Konzeptkünstler heraus. Coffin selbst sieht sich jedoch als Ideen-Künstler, sein Werk bezeichnet er als Ideen-Kunst ("idea art"). Da er von seinen Ideen ausgeht und überlegt, wie er sie in Werken materialisieren und in Ausstellungen umsetzen kann, sehen seine Arbeiten auch alle sehr unterschiedlich aus. Es gibt keine einheitliche "Handschrift" oder einen Stil, der für ihn - er ist kein Formalist - typisch wäre. Ein Blick auf seine Homepage genügt, um zu sehen, dass die Sammlung seiner Werke ein bisschen wie ein Sammelsurium aussieht.

 

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012 © Peter Coffin, Photo Cathy Carver
Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012, mixed media, Courtesy of the artist and
Mugrabi Collection © Peter Coffin, Photo: Cathy Carver
 

Die Dogge "Untitled (Dog)" zeigte er 2013 in der Ausstellung "Peter Coffin: Here and There" im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington/USA. Die Plastik fertigte ein Tierpräparator an, der eine Armierung mit Ponyfell überzogen hatte. Sie hatte die Größe eines kleinen Pferdes und schien - durch verdeckte Stifte gehalten - ein paar Zentimeter über dem Boden zu schweben (achten Sie auf den Schatten). Coffins Hundeplastik kombiniert eine vertraute Form mit einem ungewohnten Maßstab und transformiert das Bekannte in etwas Außergewöhnliches. Die Wirkung auf die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung war immens, unzählige zückten die Handys und ließen sich mit der Riesendogge fotografieren. Die Galerie hatte auch dazu angeregt, die Fotos auf eine Foto-Sharing-Website hochzuladen.

 

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012

 

Peter Coffin (*1972) wuchs in Berkeley/Kalifornien auf, das während der der McCarthy-Ära Ort der linksradikalen Politik und in den 1970er Jahre Zentrum der Hippie-Bewegung war. Die Stadt war von Ideen des New Age ebenso geprägt wie von den Schriften des Begründers der Analytischen Psychologie C.G.Jung. Dementsprechend ist Peter Coffins konzeptionelle Arbeit durch Träume, Mythologien, Religion und Philosophie inspiriert.

Coffins Projekte beschäftigen sich mit Pflanzenkommunikation, Aurafotografie (mit einer speziellen Kamera) und der spirituellen Kraft von Kreisen. Er ordnet Bilder von Regenbögen spiralförmig an (Coffin ist der Neffe von Robert Smithson - Ja! "Spiral Jetty"! Land Art!) und entwirft Hosen für Bäume. Trotzdem wäre es zu kurz gegriffen ihn als eine Art Mystiker zu bezeichnen. Seine Beschäftigung mit Überzeugungen und Praktiken des New Age, sein Interesse an Physik und Kunstgeschichte ist von Neugier, aber auch Zweifel getragen.

 

Peter Coffin, Untitled © Peter Coffin

Peter Coffin, Untitled (Tree Pants)
Peter Coffin, Untitled (Tree Pants), Foto von hier

 

Sein Werk bewegt sich zwischen Kunst und Wissenschaft, zwischen Fakten und Fiktionen, verknüpft empirische und esoterische Weltdeutungen. Niemals kommt Coffin zu eindeutigen Ergebnissen, Zweifel und Zweideutigkeiten bleiben erhalten. Die Interpretation der Werke gehört dem Betrachter, der Betrachterin, er möchte sie höchstens lenken, aber nicht bestimmen.

Er arbeitet viel mit Licht, Geräusch, Geruch, um alle Sinne anzusprechen und unsere Wahrnehmung herauszufordern. Deshalb ist es für mich auch unmöglich, sein Werk bloß über Fotos zu erfassen und zu beurteilen.

Der Wolf auf dem Fahrrad war Coffins Beitrag zu der Gruppenausstellung "Joyride" in der Marlborough Broome Street, die 2014 dem Fahrrad huldigte.

 

Peter Coffin, wolfcycle, 2006
Peter Coffin, wolfcycle, 2006, Foto von hier

Installationsansicht Ausstellung Joyride 2014, Foto Bill Orcutt
Installationsansicht Ausstellung Joyride in der Galerie Marlborough Broome Street,
NY, 2014, Foto: Bill Orcutt

 

Sollte Ihr Interesse geweckt sein, empfehle ich Ihnen ein ein Interview mit dem Künstler auf Art Observed von 2012.

Peter Coffin stellt international aus. Er lebt in New York.

 

Fotografie, Installation, Skulptur