Vielleicht täusche ich mich, aber ich habe den Eindruck, dass im angloamerikanischen Raum mit der Trauer über ein Tier viel offener, toleranter und unterstützender umgegangen wird als in Europa. Während es in den USA virtuelle Medidationsräume, Netzwerke zur Unterstützung und Therapie-Ideen für trauernde Tier-Eltern gibt, ist mir das "bei uns" nicht bekannt. Noch herrscht eher das Gefühl vor, sich für seine Trauer um ein Tier rechtfertigen oder seine Emotionen verbergen zu müssen.
Doch was die berühmte Psychiaterin, Trauer- und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross über den Verlust von Menschen gesagt hat, gilt auch für den Tod von Tieren:
The reality is that you will grieve forever. You will not ‘get over’ the loss of a loved one; you will learn to live with it. You will heal and you will rebuild yourself around the loss you have suffered. You will be whole again but you will never be the same. Nor should you be the same nor would you want to. (Elisabeth Kübler-Ross zit. n. hier)
In Erinnerung an ihre verstorbene Katze Lilly hat Lauren Smith-Kennedy das "Tilly Project" ins Leben gerufen, das Hilfsmittel zur Verfügung stellt, um mit diesem Verlust zu leben. Sie hat ebenfalls begonnen, ein "End-of-life pet photography"-Netzwerk einzurichten, eine umfassende Liste von Fotografen in den USA (und darüber hinaus), die Fotografie am Lebensende anbieten.
Lauren Smith-Kennedy, in South Portland/Maine ansässig, bietet Haustierhaltern und ihren Tieren, die am Ende des Lebens stehen, ein letztes Fotoshooting an, damit sie sich auch mithilfe der Fotos an diese bedingungslose Form der Liebe und Kameradschaft erinnern können. Ihre Fotos zeigen die zärtlichen und emotionalen Momente, die Menschen mit ihren geliebten tierischen Begleitern teilen, wenn sie sich verabschieden. Die Fototermine bietet Smith-Kennedy kostenlos an, um sie allen zugänglich zu machen.
Hauptberuflich leitet Lauren die Entwicklungsabteilung im Saco River Wildlife Center, einem Rehabilitationszentrum für Wildtiere. Als ihre Katze Tilly durch einen Unfall vor ihren Augen starb, beschloss sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um so viele andere Tiere wie möglich zu retten. Tilly war "ihre Welt und ihr Licht", und sie ist dankbar für jedes Bild, das sie von ihr hat. Diese Empfindung inspirierte sie auch dazu, ihr fotografisches Talent für Haustiere am Lebensabend einzusetzen. Die fotografische Arbeit ermöglicht es ihr, die eigene Trauer zu verarbeiten, aber auch all der anderen wunderbaren Haustiere zu gedenken und ihr Vermächtnis zu erhalten.
Jeder Tierhalter, der ein Haustier verloren hat, weiß, wie erschütternd und herzzerreißend es sein kann, wenn ein tierisches Familienmitglied stirbt. Wenn der Schmerz über den Verlust groß ist, können Fotos und Videos helfen, sich an die schönen gemeinsamen Zeiten zu erinnern.
Lauren Smith-Kennedy freut sich nicht darauf, die gebrechlichen Tiere zu fotografieren, da es auch für sie schmerzvoll ist, ein Haustier, das vielleicht an einer Krankheit leidet, die nicht mehr behandelt werden kann, in seinen letzten Tagen zu besuchen. Sie sieht es vielmehr als Ehre an, dass man ihr das Vertrauen entgegenbringt, solch bedeutungsvolle, verletzliche Momente festzuhalten und dabei die starke Bindung zwischen Tieren und ihren Angehörigen zu zeigen. Bis zu einer Stunde verbringt sie mit jeder Familie, während diese sich von ihrem Tier umarmend und streichelnd verabschiedet oder Lebewohl sagt, um ein fotografisches Andenken zu schaffen, auf das die Trauernden dann gerne zurückblicken.
Die Sitzungen werden so gestaltet, wie ihre Kunden es sich wünschen: sei es, dass sie eine Umarmung teilen oder ein letztes Mal den Lieblingsplatz des Tieres genießen wollen; sei es, dass die ganze Familie miteinbezogen werden will oder nur einzelne Aufnahmen vom Haustier gemacht werden sollen.
Die Fotografin gibt dabei keine Anweisungen oder Ratschläge, sagt nicht, was die Angehörigen fühlen oder woran sie denken sollen, sondern fordert sie nur auf, etwas mit ihrem Hund zu tun oder von ihm zu erzählen. Das allein weckt Erinnerungen und Emotionen, die die Bilder so echt und authentisch wirken lassen. Beim Prozess des Fotografierens ist es für Lauren schwierig, aber wichtig, die nötige Distanz zu den eigenen Gefühlen aufrechtzuerhalten. Aber wenn sie sich die Bilder ansieht, dann holen sie ihre Emotionen ein.
Obwohl die ergreifenden Porträts von Hunden im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen, wurde Lauren auch gebeten, die letzten Momente anderer Tiere zu fotografieren - darunter die Hausratte Velma. Vielleicht erscheint es für manche Menschen unbegreifbar, dass auch der Verlust einer kleinen Ratte erschütternd sein kann. Aber es geht nicht um die Größe, sondern um die Verbundenheit, die wir zu ihr hergestellt haben. Auch wenn manche Tiere klein sind, haben sie doch großen Einfluss auf unser Leben und lehren uns die wahrhaftigste Form von Loyalität und Liebe.
Instagram, Facebook, The Tilly Project
alle Fotos © Lauren Smith-Kennedy