Installation

9. Oktober 2014 - 17:00

Als ich kürzlich die Sammlung Titze im Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen sah, fiel mir ein gewaltiges Gemälde auf: gewaltig nicht nur in den Ausmaßen (200 x 340 cm), gewaltig auch hinsichtlich des Eindrucks, den es auf mich machte. Es handelte sich um Adrian Ghenies "The Flight Into Egypt". Ghenies Namen hatte ich schon gehört und im tief im Hinterkopf wusste ich, ich hatte den Künstler auch schon in Zusammenhang mit dem Motiv Hund gespeichert.

 

Adrian Ghenie, The Flight Into Egypt I, 2008

Adrian Ghenie, The Flight Into Egypt, 2008

 

Ghenie beschäftigt sich mit gesellschaftlicher und politischer Macht und deren Missbrauch, mit Ausbeutung, Unterdrückung, erzwungenem Exil und Migration. Besonderes Augenmerk legt er auf totalitäre Regime, wie es auch das Rumänien seiner Kindheit – er ist 1977 geboren - unter Ceausescu war.

Als Geschichtenerzähler schickt er den Betrachter auf eine Zeitreise, ermöglicht ihm einen Blick auf seine Interpretation der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Sein besonderes Interesse gilt der Kluft zwischen großer "objektiver" Geschichte und subjektiver Erinnerung, der Widersprüchlichkeit der Aufzeichnung und Erfahrung von Geschichte.

In seinen eigenwilligen, komplexen Kompositionen wechselt er zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Als Ausgangspunkt dienen ihm historische Fotos, Propagandapostkarten der NS-Zeit, Fotos aus dem Internet, Standbilder aus Filmen, alte Möbelkataloge etc. Die Anleihen aus der Kunst- und Filmgeschichte verbindet er mit persönlichen Erinnerungen, die er teilweise auch zu Collagen oder dreidimensionalen Modellen verarbeitet.

Auch Ghenies Technik ist außergewöhnlich: Er bringt mehrere Lagen Farbe auf und kratzt sie anschließend teilweise mit der Stahlspachtel wieder ab, wodurch einmalige Strukturen mit hohem taktilem und materiellem Reiz entstehen. Die Bilder scheinen bereits eine Patina zu besitzen. In seinen düsteren Szenarien beschränkte Ghenie seine Farbpalette zunächst auf Schwarz und Grau sowie dunkles Rot, erst in jüngerer Zeit hellt er sie zunehmend auf.

Durch die unscharfe Gestaltung historischer Figuren entstehen Porträts, die in ihrer Wirkung verfremdet, mysteriös und verstörend sind. Auch wenn sie nur vage ausgeführt sind, sind die Schreckensgestalten des 20. Jahrhunderts unschwer zu erkennen.

 

Adrian Ghenie, The Nightmare, 2007

 

In "The Nightmare" und "The Devil" erkennen wir, obwohl fast als Rückenfigur dargestellt, Adolf Hitler. Sein Bild ist Teil unseres kollektiven Gedächtnisses. Blickt er auf Eva Braun? Befinden sich beide in der Wolfsschanze? Der müde und verschlafen dreinblickende Wolf deutet darauf hin.

 

Adrian Ghenie, The Devil 2, 2010

Adrian Ghenie, The Devil 3, 2010

 

"The Dada Room" ist ein Modell der Ersten Internationale Dada-Messe, die 1920 in Berlin stattfand. Ein deutscher Schäferhund ist als Gemälde präsent. In "Dada Is Dead" verwendet Ghenie ein Foto dieser Dada-Ausstellung als Grundlage sowohl für eine Collage als auch für ein Gemälde.

 

Adrian Ghenie, The Dada Room, 2010, mixed media

Adrian Ghenie, Dada Is Dead, Study, 2009

Adrian Ghenie, Dada Is Dead, 2009

 

Fast als kometenhaft ist Adrian Ghenies Aufstieg in der internationalen Kunstwelt zu bezeichnen. Nachdem er 2001 sein Studium abschloss, wurde sein Werk bereits ab 2006 in Einzelausstellungen in der Schweiz, den USA, Deutschland, Belgien und Großbritannien gezeigt. 2009 erschien eine Monographie im Hatje Cantz Verlag (vergriffen), 2014 ein Bildband mit neueren Werken von 2009-2013. Auf der Verlagsseite finden Sie auch ein sehr informatives Künstlerporträt von Stefanie Gommel.

 

Adrian Ghenie, The Blue Rain, 2009

Adrian Ghenie
Foto von hier

Adrian Ghenie, Foto: Tim van Laere Gallery
Adrian Ghenie, Foto: Tim van Laere Gallery

 

Wenn Sie sich mehr für diesen außergewöhnlichen Künstler interessieren, empfehehle ich exemplarisch die Seiten der Galerie Tim van Laere (viel Bildmaterial) sowie der Galerie Nolan Judin (umfassende Information zum Werk).

alle Bilder © Adrian Ghenie

 

Grafik, Installation, Malerei
17. Juli 2014 - 18:30

Vorige Woche war ich erstmals in Berlin und von der Stadt ganz begeistert. Berlin gilt ja als Veganhauptstadt Europas und ich wollte herausfinden, ob es dem gerecht wird. Viel Zeit habe ich deshalb in veganen Lokalen und Restaurants verbracht und mich durch das Angebot geschlemmt. In den Ess- und Verdauungspausen habe ich mich allerdings auch der Kunst zugewandt und ein paar kleine, aber sehr feine Museen besucht. Zufällig bin ich dabei auch auf ein paar Künstler und Kunstwerke gestoßen, die ausgezeichnet in den Blog passen.

So habe ich etwa die 8. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst besucht (sie dauert noch bis zum 3. August), die an drei unterschiedlichen Standorten stattfindet. Im Haus am Waldsee, in den Museen Dahlem und im KW Institute for Contemporary Art.

Die Museen Dahlem beherbergen ein Ethnologisches Museum, ein Museum für Asiatische Kunst und ein Museum Europäischer Kulturen. Zwischen den ständigen Exponaten waren ein paar Räume der Biennale zu finden. "Finden" musste ich sie wirklich: Ich empfand das Ausstellungsdesign als sehr unübersichtlich, ja ärgerlich. Oft wusste ich auf den ersten (und zweiten) Blick nicht, ob ich mich im Ethnologischen Museum oder auf der Biennale befand. Sicherlich war dies gewollt: Die ständige Präsentation sollte kontextualisieren und auf die neuen Werke Einfluss nehmen.

Ein Raum wurde vom jungen südafrikanischen Künstler Kemang Wa Lehulere gestaltet. Darin befand sich eine sehr große Wandzeichnung aus Kreide, weiters Notenständer in Verbindung mit Porzellanhunden und Porzellanscherben. Erst durch die Beschriftung wurde mir klar, dass es sich um eine Installation handelt, ich hätte nicht sofort einen Zusammenhang zwischen den Werkteilen hergestellt.

 

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

 

Wa Lehulere ist ein Grenzgänger zwischen Performance und politischer Kunst, er möchte Räume schaffen, in denen er auf politische Art und Weise Kunst machen kann. Dabei ist er höchst produktiv, sei es als Einzelkünstler oder in der Zusammenarbeit mit anderen. Als Autor, Performer, Filmemacher, Zeichner umfasst sein vielschichtiges Werk u.a. Videokunst, Performance, skulpturale Installation und vor allem Zeichnungen. So zeichnet er auf Schiefertafeln in Wandbildgröße mit Kreide Gedankenlandschaften, die sich mit der Geschichte Südafrikas beschäftigen. Zeichnungen, die figurative und abstrakte Kompositionen mit Textfragmenten kombinieren, wurden zu seinem Markenzeichen. Die Frage des Aufdeckens, Aufschreibens, aber zugleich auch des Auslöschens von Text und Bild stehen dabei im Mittelpunkt seines Interesses.

 

 

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

Kemang Wa Lehulere, The grave step, 2014, Foto: Petra Hartl

 

Wa Lehulere hat die Apartheit und ihre Folgen noch erlebt, hat erlebt wie in Südafrika mit der Geschichte der Apartheid umgegangen wurde und Spuren dieser Geschichte vernichtet wurden und noch immer werden. Er interessiert sich besonders für diese Vergänglichkeit, weshalb er auch seine Bilder in der fragilen Technik der Kreidezeichnung ausführt. Seine überdimensionalen Wandzeichnungen stehen für eine performative Kunst des Zeichnens, die nach Ende der Ausstellung wieder verschwindet. Neben den Zeichnungen ist auch die Performance ein ideales Medium, um physisch instabile Arbeiten zu schaffen. Schrift, Zeichnung und Performance inspirieren einander und sind auf das Engste miteinander verbunden. Der Künstler reflektiert darin in beispielhafter Weise das Trauma und die Mythen der südafrikanische Vergangenheit und verbindet sie mit aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen. Seine collageartigen Werke ermöglichen neue und vieldeutige Erzählungen und sind zugleich als Archive zu verstehen, die den Prozess des Erinnerns und Vergessens aufzeigen.

Was die Porzellanhunde in "The grave step" bedeuten, welchen Sinn sie in der Konstellation mit der Wandzeichnung stiften, bleibt (für mich) unklar und offen. Eine Assoziation zu Vergänglichkeit und Zerstörung bringen die Scherben allemal mit sich.

Wa Lehulere wurde 1984 in Kapstadt geboren, studierte Kunst an der Universität Witwatersrand und lebt in Johannesburg. Er ist Mitbegründer des “Gugulective” Künstlerkollektivs und des “Center for Historical Reenactments” in Johannesburg. Sein Werk wurde international ausgestellt und vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem International Tiberius Art Award Dresden.

Quellen: Deutschlandradio Kultur, Goethe Institut, ArtMag by Deutsche Bank, Stevenson

 

Ausstellung, Installation
15. Mai 2013 - 15:40

Carlos v.d.Hügeln, Foto © asz

 

Das ist Carlos (von den Hügeln). Der am 18. Mai 2003 geborene Hund - eine französische Buldogge - begleitet die Künstlerin Lena Lieselotte Schuster nicht nur privat, er ist auch ihr Assistent und Co-Autor. 2011 legte er ein eigenes bildhauerisches Werk -  aus Stöckchen und Kartonstücken - vor.

 

Beißobjekte - Stöckchensammlung © Lena Lieselotte Schuster

Beißobjekte - Stöckchensammlung © Lena Lieselotte Schuster

Beißobjekte - Stöckchensammlung © Lena Lieselotte Schuster

Objekte aus Karton © Lena Lieselotte Schuster

Objekte aus Karton © Lena Lieselotte Schuster

 

Unten seine Bodeninstallation aus Beißobjekten, Stöckchen und Kartonobjekten.

 

Bodeninstallation Carlos v.d.Hügeln © Lena Lieselotte Schuster

 

Carlos möchte in den Studiengang Freie Kunst aufgenommen werden, deshalb legt er auch seine Bewerbungsmappe samt Gutachten vor. Siehe unten:

 

Bewerbungsmappe Carlos v.d.Hügeln, Ausstellungsansicht © Lena Lieselotte Schuste

 

Carlos von den Hügeln arbeitet bildhauerisch mit unterschiedlichen Materialien - vorzugsweise Holz und Karton. In seinen oftmals spontanen Aktionen, die meist eine Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten, entstehen installative Anordnungen, wie formal reduzierte Objekte.

In seinem Praktikum bei mir hat er alle Fertigkeiten für ein Studium erlernt und eine individuelle Formensprache entwickelt. Meines Erachtens ist für Carlos von den Hügeln der Zeitpunkt gekommen, das Praktikum bei mir abzuschließen und ein eigenständiges Studium an einer Kunsthochschule anzutreten. Da sein Interesse der Bildhauerei gilt, sehe ich mich nun nicht mehr in der Lage ihn ausreichend zu fördern. Diese deutlich erkennbare künstlerische Eigenständigkeit, abgenabelt von meinem künstlerischen Arbeiten, ist für mich Auslöser dieser Bewerbung. Ich bin davon überzeugt, dass es sich bei Carlos von den Hügeln um ein förderungswürdiges Talent mit besonderer Begabung handelt. (Auszüge aus dem beigelegten Gutachten vom 10.5. 2011, Lena L. Schuster)

Unschwer zu erkennen, dass Carlos destruktiv arbeitet, seine bevorzugten Materialien - Holz und Karton - Ess- und Zerreißproben aussetzt, bis die Form bis auf das Wesentliche reduziert ist.

Wenn Lena Lieselotte Schuster dieses Werk "Bewerbungsmappe Carlos von den Hügeln“ (2011) ausstellt, werden Bewerbungsmappe und Stöckchensammlung durch seinen "Debütfilm" ergänzt, den er mit einer Minikamera um den Hals bei Spaziergängen gedreht hat, wobei er seinen Watschelgang als persönliches Stil- und Ausdrucksmittel einzusetzen vermochte.

Nachdem die 1981 in Bayreuth geborene Künstlerin in Saarbrücken Kommunikationsdesign, Neue künstlerische Medien und Video/Performance studiert hatte, wandte sie sich 2011 an der Akademie der bildenden Künste dem Studium Performative Kunst zu. Performative Kunst hat mit Theorie, Konzept, Performance zu tun, bei Lena Lieselotte Schuster aber auch mit Witz und Humor. Die Idee hinter der Bewerbungsmappe Carlos ist nicht spektakulär - jeder Hundehalter kennt diese künstlerischen Ausdrucksweisen seines Tieres - was mich begeistert, ist vor allem die Stringenz und Ästhetik der Dokumentation.

Zweierlei wird auf die Schippe genommen: erstens die Ansammlung von Belanglosigkeiten, die uns heutzutage häufig als "Kunst" begegnet, zweitens der kunsttheoretische Fachjargon, durch den ebendiese Banalitäten "philosophische" Aufwertung erfahren. So kommt Kunst auf den Hund, schreibt Ralf Sziegoleit anlässlich einer Ausstellung in der Galerie im Theresienstein, Kunstverein Hof, in der Frankenpost.

Fotos © Lena Liselotte Schuster

 

Installation, Skulptur
5. Mai 2013 - 9:22

Looking For Love © Adele Raczkövi

 

Schon 2010 hat Adele Raczkövi einen wunderbaren Animationsfilm mit einem Hund als Protagonisten hergestellt - ich habe ihn erst vor ein paar Tagen entdeckt. Die Freude war groß, schauen Sie selbst.

 

looking for love from Adele Raczkövi on Vimeo.

 

Der Hund, der Protagonist des Filmes, ist - wie wir alle - voll unerfüllter Sehnsucht. Das Fernsehen, in unserem Alltag die Quelle aller Informationen bzgl möglicher Wünsche und Bedürfnisse, zeigt auch dem Hund, was er sich wünschen könnte. Die Orange - Verkörperung der Sinnlichkeit - zeigt sich am Bildschirm und verleitet den Hund sich auf die Suche nach ihr - und letztlich auf die Suche zu sich selbst - zu begeben. Nachdem der Hund die unterschiedlichsten Animationstechniken durchlaufen hat, findet er die große Liebe … schreibt Adele Raczkövi zu ihrem Animationsfilm.

Mit verschiedenen Animationstechniken werden die unsichtbaren und verbal nicht fassbaren Zwischentöne in diesem Prozess der Selbstwerdung dargestellt.

Da der Film so liebevoll gestaltet und berührend ist, noch ein paar Filmstills:

 

Looking For Love © Adele Raczkövi

Looking For Love © Adele Raczkövi

 

Erinnert Sie der Hund, der die Orange verschluckt, nicht auch an Erwin Wurms "The Artist Who Swallowed The World"? Natürlich ist Adeles Hund viel charmanter.

 

Looking For Love © Adele Raczkövi

Looking For Love © Adele Raczkövi

Ausstellungsansicht zur Installation Looking For Love
Museumsquartier Wien - Electric Avenue, Asifakeil,
Installation und Video "looking for love", 2011

 

Ihre künstlerische Bandbreite reicht von Malerei, Zeichnung, Objektkunst über Installation und Fotografie bis hin zu experimentellen Videos. Auf Youtube gibt es auch ein kurzes Video, in dem die Künstlerin den Weg von der Zeichnung zum Animationsfilm erklärt, zum Beispiel den Matrix-Effekt, der ihren Hund um die Orange kreisen lässt.

Adele Raczkövi, 1977 in Wien geboren, hat an der Hochschule für angewandte Kunst Malerei und experimentellen Animationsfilm studiert und 2008 ihr Diplom gemacht. 2011 erhielt sie den Preis für den besten österreichischen Animationsfilm beim Tricky Women Festival Wien.

 

alle Arbeiten © Adele Raczkövi

 

Film, Installation, Malerei, Zeichnung
30. Oktober 2012 - 10:59

Hörner/Antlfinger, Kramfors, Foto © Edith Ruß Haus

 

Eine Kalbskulptur aus Leder ...

 

Hörner/Antlfinger, Kramfors, Foto © Edith Ruß Haus

 

... und oben deren dreidimensionale Schnittmustervorlage. Das Ungewöhnliche daran: Das Leder stammt von einer Couch im Haushalt des Künstlerduos Hörner/Antlfinger. Die Idee dahinter: einen Diebstahl rückgängig machen, die gestohlene Haut zumindest symbolisch einem Tier zurückgeben. Die Installation heißt "Kramfors", nach dem IKEA-Namen der Couch.

Es gibt nicht viele KünstlerInnen, die unser Verhältnis zum Tier thematisieren, dabei den Bereich der Chimären (Mischwesen) oder der Taxidermie (Tierpräperation) verlassen und sich den von uns so genannten Nutztieren zuwenden. Hörner/Antlfinger widmen sich dem Mensch-Tier-Verhältnis im Bereich der Massentierhaltung, in dem das Tier wird nicht mehr als Lebewesen, sondern nur mehr als Lebensmittel betrachtet wird. Als Eigentum/Objekt des Produzenten ist es rechtlos. Das Künstlerpaar wirft die Frage nach den Rechten der "Nutztiere" auf: Unser Verhältnis zu diesen Tieren gehöre zu den wichtigsten Themen und  Fragestellungen des 21. Jahrhunderts, postulieren sie auf der Pressekonferenz zu ihrer Ausstellung "Discrete Farms. Irgendwo muss das Fleisch doch herkommen" im Oldenburger Edith-Ruß-Haus für Medienkunst.

Das Kölner Duo setzte sich mehrere Monate mit der Tierproduktion in Niedersachsen auseinander, es recherchierte im Internet, führte Gespräche, wollte Mastställe sehen. Doch kein Tierfabrikant ließ das Paar in seinen Betrieb. Die "Bauern" (Antlfinger nennt sie "Stellschrauben im Produktionsprozess") verbergen die Zustände: Discrete Farms demnach, Die Wahrheit der Lebensrealität der Tiere ist den Menschen anscheinend nicht zumutbar.

"Rund 36,5 Millionen Masthühner wurden nach Angaben des Landesbetriebs für Statistik 2010 in Niedersachsen gehalten, 70 Prozent davon in Ställen mit 50 000 Tieren und mehr. Immer weniger Betriebe halten immer mehr Tiere - dieser Trend setzt sich der aktuellen Landwirtschaftszählung (Stand: März 2010) zufolge in Deutschland gerade bei der Haltung von Schweinen und Geflügel zunehmend durch. Bei beidem ist Niedersachsen bundesweit der Spitzenreiter." (Zitat Kreiszeitung)

Mit dem Projekt factory≠farm (2011/12) unternimmt das Künstlerpaar eine politische, ortsbezogene, künstlerische Untersuchung. Dabei stellen sie die gigantischen Massentierhaltungen im Oldenburger Land dem romantisierten Bild des Bauernhofes gegenüber, untersuchen sie das heikle Verhältnis zwischen Menschen und nichtmenschlichen Tieren sowie die Medialisierung der Agrarwirtschaft, in der Bauern und Tierhaltung noch immer positiv besetzt sind. Welchen Einfluss haben solche Imaginationen auf die physische, die "reale" Welt?

"Das Bild des Bauernhofs dient heute als Projektion für eine akzeptable Behandlung von Tieren. Diese Projektion überdeckt den aktuellen Kontext der Fleischproduktion, die Fabrik", so das Künstlerpaar. Vorstellungen von "Bauernhöfen" als idyllische Familienbetriebe und würdige Lebensorte von Tieren stehen im Widerspruch zu einer hochautomatisierten Tierindustrie, in der Massenaufzucht in Megaställen und Schlachtung am Fließband den alltäglichen Konsum von Tierprodukten ermöglichen.

In "Bauer Kybers Operations Room" entwerfen die Künstler eine surreale Welt, in der die Vorstellung vom ländlich-idyllischen Bauernhof und die realen »Black-Boxes« Massentierhaltung eine unheilige Verbindung eingehen. Auf drei Bildschirmen in der angedeuteten Bauernstube flimmern winzige Dreiecke, die Hähnchen in einem Stall in realitätsgetreuem Maßstab darstellen. Am Monitor kann der Bauer den Stall komplett überwachen, per Knopfdruck die Temperatur regeln, den Boden reinigen oder die Tiere füttern. Betreten muss er den Betrieb nicht mehr.

 

Hörner/Antlfinger, Foto © dpa

 

Oben sehen sie das Künstlerpaar mit einer Hasenpuppe. In drei Videoarbeiten sprechen zwei handgeschneiderte Hasenpuppen als deren Alter Egos über über alternative Modelle zum Fleischkonsum. Dialog als künstlerische Methode: Gespräche untereinander als künstlerische Form, die dem Publikum präsentiert werden, und Gespräche mit dem Publikum zu unterschiedlichen Projekten, Aktionen und Installationen.

"In Videosequenzen führen die beiden Hasen, flankiert von den Künstlern in militanten Aktivistenoutfits, Gespräche über Haltungsformen, Fleischkonsum und Tierrechte. Gespräche, die wie Bekennerbotschaften daherkommen, aber so normal sind, dass sie auch am Kneipentresen geführt werden könnten. Die beiden Hasen diskutieren über Veganismus oder Missionierungsbemühungen, reden über Agitationsformen und philosophieren darüber, warum es in Frankreich eine Vorschrift gibt, nach der jede Schulmahlzeit Fleisch beinhalten müsse, aber keine, die etwa einen vegetarischen Tag pro Woche festlegt." (Zitat taz)

 

Hörner/Antlfinger, Videostill

Hörner/Antlfinger, Discrete Farms

 

Das gesamte Œuvre von Hörner/Antlfinger baut auf Kommunikation in unterschiedlichen Formaten wie 3-D-Animationen, (virtuellen) Dialogen, Puppenspiel-Adaptionen, Soundskulpturen und Videoarbeiten auf. Ihr Projekt "Discrete Farms" entstand während eines Arbeitsstipendiums, das das Edith-Ruß-Haus für Medienkunst einmal im Jahr vergibt. Ute Hörner unterrichtet an der Kunsthochschule für Medien Köln. Beide leben mit Tieren und vegan.

Die Ausstellung, die bis zum 25. November zu sehen ist, zeigt nicht nur "Discrete Farms", sondern bietet auch eine Retrospektive auf das politisch-engagierte Werk von Hörner/Antlfinger seit den 1990er Jahren. Zur Ausstellung findet ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Führungen, Tierrechtsvorträgen und Kochworkshops (Kochen ohne Knochen) statt.

Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Katharinenstraße 23, D-26121 Oldenburg. Öffnungszeiten: Di–Fr 14.00–18.00 Uhr, Sa+So 11.00–18.00 Uhr, Mo geschlossen

Zum Weiterlesen: Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Homepage von Hörner/Antlfinger, Hochschule für Medien Köln, taz, Wechselausstellung, eigene werte, Kreiszeitung

 

15. Oktober 2012 - 7:08

Auf wartende Hunde - "Waiting Dogs" - bin ich auch schon vor Barbara Wrede gestoßen, bei den niederländischen Fotografen WassinkLundgren, die das Thema allerdings filmisch umsetzten. Die beiden zeigen kleine alltägliche Situationen: Hunde, die vor Geschäften, Supermärkten und Banken warten, bis sie wieder mitgenommen werden.

 

WassinkLundgren, Waiting Dogs, Installation, 2008
WassinkLundgren, Waiting Dogs, Installation, 2008; Foto © National Media Museum / Bradford

WassinkLundgren, Waiting Dogs, Installation, 2008
WassinkLundgren, Waiting Dogs, Installation, 2008; Foto © WassinkLundgren

 

 

WassinkLundgren sind Thijs groot Wassink (*1981) und Ruben Lundgren (*1983). Sie leben, arbeiten und studieren sowohl in London (Wassink) als auch Peking (Lundgren). Ihre Arbeit wird als konzeptionelle Dokumentarfotografie beschrieben (conceptual documentary photography).

 

Installation, Video
24. August 2012 - 9:30

Ich habe mich mit der Dogumenta äh Documenta 13 nicht besonders beschäftigt, es vielmehr immer aufgeschoben, ist es doch ein riesieger Brocken sich das aus der Ferne im Feuilleton anzulesen: Hunde und Kunst, Hunde als Kunstrezipienten, als Besucher und so fort... Aber das konnte Wolf Kahlen, der deutsche Pionier der Videokunst, schon 1977 ohne weiteres toppen!

Zuerst stieß ich auf die Beschreibung des Werks, die schon für sich genommen amüsant zu lesen war:

 

(...) Nicht so wie Kahlen's andere Einzelausstellung HUNDE-TERRITORIUM im Jahr 1977 in der Galerie Repassage in Warschau, zu der nur Hunde geladen waren (die acht verschiedene Geruchswahrnehmungen als unsichtbare 'Geruchsskulpturen“ im für den Besucher uneinsichtigen Raum begeisterten) und deren Herrchen in einem Warteraum per Videoüberwachung das Verhalten ihrer 'Kinder' nur auf dem Live-Monitor unter dem Tisch auf den Knieen beobachten konnten: Die Galerie wurde danach geschlossen und der Galerist musste daraufhin das Land, wie er sich schon immer gewünscht hatte, verlassen. Wer mehr wissen will, siehe Katalog: Wolf Kahlen: Foto, Video, Performances, Kunstverein Freiburg/Br., 1978 etc.  (Text von der Mailing-Liste Rohrpost 2001)

 

Dann stieß ich auf die Erwähnung des Werks in Jessica Ullrichs "Die gewalttätige Bildwerdung des Animalischen. Tiere als Medien von Gewalt" in kunsttexte.de von 2004 (S 9f)

 

Wolf Kahlen hingegen schuf 1990 mit "Hunde-Territorium" eine ganze Kunstausstellung für Hunde, die für den menschlichen Besucher ganz und gar sinnlos war. (...) Kahlens nur für Hunde konstituierter Raum hingegen war bis auf eine kleine Öffnung, durch die nur Hunde passten, zur Menschenwelt ganz und gar abgeschlossen. Drinnen waren in Form von Duftmarken "Geruchsskulpturen" installiert. Über eine Kamera konnte der Hundebesitzer zwar beobachten, wie sein Haustier völlig absorbiert von den aufregenden Sinneseindrücken den Raum ablief, blieb aber von dessen innerm Erleben vollkommen ausgeschlossen. So versinnbildlicht diese Arbeit die absolute Trennung der Welt der Menschen und der Tiere.

 

Ullrich gibt als Jahreszahl der Performance 1990 an, anscheinend wurde sie bei der Ausstellung "Animalia - Stellvertreter" im Haus am Waldsee/Berlin erneut aufgeführt.

 

Erst nach langem Suchen habe ich eine Abbildung in Kahlens Werkverzeichnis (Video Tapes 1969-2010) gefunden. Das Werk hat übrigens die Nummer 40: in Kahlens Schreibweise AAvAA # 40 (Alle Arbeiten von Anfang An).

 

 

aus Wolf Kahlen, Videotapes

 

Mir fällt zum Ausstellen von vermeintlicher Leere auch Yves Klein ein, der Im April 1958 in einer Galerie seine Sensibilität ausgestellt hat. Laut Wikipedia kamen damals 3000 Besucher, die in den Ausstellungsräumen seine Sensibilität suchten oder vorfanden. Wahrscheinlich zeigen beide Veranstaltungen die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung auf. Wenn Kahlen wirklich Duftmarken gelegt hat, waren diese Geruchsskulpturen für Hunde durchaus erfahrbar, während die menschlichen Beobachter nur Leere wahrnahmen.

Das Wolf Kahlen Museum - Intermedia Arts Museum, 2005 in Bernau eröffnet, ist dem Lebenswerk des Medienpioniers Wolf Kahlen gewidmet. Dort sind auch Zeichnungen zum "Hunde-Territorium", Warschau 1977, ausgestellt.

2010 fand eine umfassende Retrospektive seines Werks im ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe statt.

 

Installation, Performance, Video
31. Juli 2012 - 8:30

Manfred Grübl, Tierisch 3, 2012

Der Mann auf dem Pferd ist Martin Grübl und er hält seinen Hund Marge im Arm. Auch ohne Windmühle im Hintergrund muss ich bei diesem Bild an Don Quichote denken. Außerdem finde ich, dass sich die beiden unglaublich ähnlich sehen: Bart und buschiges Ohrenfell! Fragender (Herr Grübl) und skeptischer (Marge) Blick: Wie wird es wohl am 2. August 2012 im Kunstraum Haaaauch werden?

Manfred Grübl und seine tierische Partnerin Marge haben gemeinsam schon so manches Kunstprojekt durchgeführt, z.B. 2011 eine Performance beim Performance-Festival performIC im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Und zwar eine rudimentäre Aussprache / Marge and Grübl, a heart to heart talk / performIC 2011: Trial & Error

Der Text dazu von Manfred Grübls Homepage:

Manfred Grübl and his dog Marge have a heart to heart talk. It remains to be seen at the performance whether they succeed in sorting out all the differences in the current state of their relationship. A repeat performance may be unavoidable. In 2011, the motto of the international Performance Festival performIC will be Trial & Error. Trial and error is an approach to problem-solving whereby permissible possibilities are tried out one after another until the desired solution is found. Improvisation or trying things out without any calculated prospect of success are not only parameters of some artistic practice; they also characterise a method that is currently being applied more and more in politics and the financial sector in order to master our financial and social crises. performIC 2011 Trial & Error examines the basic mood in present day society, which is being generated by such political and financial economic experiments and mistakes.

Manfred Grübl und sein Hund Marge halten eine rudimentäre Aussprache. Ob es ihnen gelingt, dabei alle Unstimmigkeiten über die aktuellen Verhältnisse auszuräumen, das wird sich anlässlich der Performance herausstellen. Eine Wiederaufnahme könnte unumgänglich sein. Das internationale Performance-Festival performIC findet 2011 unter dem Motto Trial & Error statt. Trial and error ist eine Methode der Aufgabenlösung, bei der so lange zulässige Möglichkeiten probiert werden, bis die gewünschte Lösung gefunden wird. Improvisation oder das Ausprobieren ohne vorprogrammierter Erfolgsaussicht sind nicht nur Parameter einer künstlerischen Praxis, sondern zugleich Charakteristika einer Vorgehensweise, die gegenwärtig zur Überwindung der finanziellen und gesellschaftlichen Krise verstärkt auch in der Politik und im Finanz- sektor angewandt werden. performIC 2011 Trial & Error thematisiert die durch die politischen und finanzwirtschaftlichen Versuche und Irrtümer generierte gesellschaftliche Grundstimmung der Gegenwart.

Das Video dazu sehen Sie ebenfalls auf Manfred Grübls Homepage (ganz hinunter scrollen).

2010 entstand die gemeinsame Installation margenal mit Christian Schwarzwald in der Biblioteca Vasconcelos, Mexico City. Von Martin Grübl stammt die Soundarbeit.

 

Margenal, 2010

 

 

Margenal, Teil der Installation, Foto © Christian Schwarzwald
Margenal, Teil der Installation, Foto © Christian Schwarzwald

Auf Manfred Grübls Homepage auch die Tonaufnahme auf Vinyl.

2010 fand auch die Probeaufnahme statt:

Manfred Grübl und Marge, Probeaufnahme, 2010
Manfred Grübl und Marge, aus dem Video Probeaufnahme, 2010

 

Probeaufnahme / Manfred Gruebl from manfred gruebl on Vimeo.

 

Der österreichische Künstler Manfred Grübl (geb.1967) studierte in Wien Architektur und Bildhauerei und ist seit 1993 international tätig. Wie Sie natürlich bemerkt haben, vertritt er einen weit gefassten Kunstbegriff. Seine vielseitige Arbeit umfasst Installationen und Performances, oft wird der Betrachter involviert. Dazu der Wikipedia-Eintrag zu Manfred Grübl:

Die von Grübl initiierte Rolle der Akteure als performende Besucher und ihr Verhältnis zum Publikum der personellen Installation Saatchi Gallery, Lincoln Center, Neue Nationalgalerie 1999, lassen sich in eine Traditionslinie stellen, die unter John Cages Anleitung in den frühen 1950er Jahre am Black Mountain College aufgeführt wurden. Grübl aktualisiert und radikalisiert diese historische Position, indem er seine Akteure quasi inkognito einsetzt und die Gewissheit des Publikums, einem Stück beizuwohnen, überhaupt offen lässt. Damit löst er eine grundliegende Voraussetzung institutionskritischer Kunst ein. Erst die konsequente Missachtung kunstbetrieblicher Teilnahmebedingungen vermag die allseits geltenden Inkonsequenzen kunstbetrieblicher Kompromisse und Widersprüche zum Vorschein zu bringen.

Aufschlussreich dazu auch dieser Text auf der Homepage der Galerie Lukas Feichtner.

Ich bin keine Gegnerin der Theorie, aber gerade die Aktionen mit Marge erfreuen auch ohne Hintergrundwissen.

Zwischen 1996 und 2008 haben übrigens Lucy und Fritz zahlreiche - ich nenne sie mal soul to soul - talks aufgeführt. Natürlich unangemeldet und undokumentiert. Ich möchte allerdings fast behaupten, dass Lucy (ein Viertel Husky! - Entschuldige Marge) Ihren Part noch besser performed hat.

Fotos © Manfred Grübl

 

30. April 2012 - 9:03

Mark Jenkins, Asategue, 2005

Mark Jenkins, Asategue, 2005

Mark Jenkins, Baltimore, 2005

Mark Jenkins, Osnabrück, 2008
Mark Jenkins, Sculptures, 2008; Exhibition "fresh air smells funny" at
Kunsthalle Dominkanerkirche Osnabrück vom 25.01. - 30.03.2008,
Foto via Reinkingprojekte © MRpro

 

Mark Jenkins ist einer der bekanntesten Street Art Künstler, die sich mir Skulptur und Installationen sowohl im urbanen Raum als auch in der freien Natur beschäftigen. Oftmals werden durch die vielfältigen Reaktionen der Passanten aus Installationen regelrechte Performances, was auch ganz den Intentionen des Künstlers entspricht. Jenkins findet, dass seine Installationen erst durch die Interaktionen mit Umraum und Menschen vervollständigt werden und dass sie die soziale Struktur von Städten verändern. Auch die von Passanten angeforderten Sicherheitskräfte bezieht er als Akteure in seine Arbeit mit ein.

 

Mark Jenkins, 1970 geboren, lebt und arbeitet in Washington, DC/USA. Er stellt seine Skulpturen aus transparenten Klebebandabdrücken her: Abdrücke seines Körpers (2003), Abdrücke von Kleinkindern beim "Storker-Projekt" (2005), er  kleidet seine Skulpturen ein (ab 2006). Seine  Abdrücke von Hunden sehen sie oben.

Obwohl Jenkins auch schon im musealen Kontext - zum Beispiel in der Wiener Kunsthalle - ausgestellt wurde, ist seine Kunst für die Straße bestimmt.

Im Jänner 2012 erschien seine erste Monografie "The Urban Theater", die seine Bandbreite an oft verstörenden, aber auch humorvollen Installationen zeigt, sowie Fotoarbeiten, die die spontanen Reaktionen des Publikums auf seine Interventionen dokumentieren.

 

Mark Jenkins, The Urban Theater

 

Mehr über Mark Jenkins auf seiner Homepage und beim Gestalten Verlag.

Auf tapesculpture finden Sie eine Anleitung zum Herstellen von Klebebandskulpturen.

 

Buch, Installation, Skulptur, Street Art
6. April 2012 - 8:26

Zur Zeit ist in Wien der Film "Shame" des britischen Regisseurs Steve McQueen zu sehen. Nun, er interessiert mich thematisch nicht wirklich (Das Leben eines jungen sexsüchtigen New Yorkers gerät durch den Besuch seiner Schwester durcheinander). Allerdings ist dergleiche Steve McQueen auch für ein paar wunderschöne, poetische Filmaufnahmen von Hunden verantwortlich, die ich Ihnen unten als Filmstills zeige.

 

Zufällig war gestern im TV auf Arte Steve McQueens Film "Hunger" (2008) zu sehen, ein Film über das IRA-Mitglied Bobby Sands, das 1981 während eines Hungerstreiks im Gefängnis starb. Spätestens mit diesem Film wurde Steve McQueen einem breiteren Publikum bekannt. Ursprünglich begann er als bildender Künstler, 1999 erhielt er für seine Fotografien und Installationen den Turner Prize.

2009 vertrat Steve McQueen Großbritannien bei der Biennale in Venedig mit dem Film „Giardini“. Er drehte den melancholischen, winterlichen Film in der städtischen Gartenanlage um die 30 Biennale-Pavillions. Zu einer Zeit in der die Pavillions geschlossen und verwaist und die Wege und Wiesen vermüllt sind. Die Giardini werden in ihrer Alltäglichkeit gezeigt, die aber auch typisch für Venedig ist. Steve McQueen sagte dazu bei der Eröffnung der Biennale: „Turner does not own sunsets, and he doesn't own Venetian sunsets."

 

Steve McQueen, Giardini, 2009

Steve McQueen, Giardini, 2009

 

Die Schönheit des Films liegt in der Vorstellung und Darstellung dessen, dass es eine Wirklichkeit neben der Biennale gibt, in der das eigentliche Leben stattfindet: Der Film handelt von sonst kaum beachteten Dingen: Käfern, Würmern, zwei Männern, die sich in der Nacht treffen, nicht zuletzt von streunenden Windhunden, die wie ein Leitmotiv durch den Film streifen. Hunde und Katzen werden gefüttert und dem Tod entrissen: "They are racing greyhounds that would otherwise be shot but are looked after by a charity", sagte McQueen. „The point is that they ought to be dead – and are thus a kind of ghostly presence“.

 

Steve McQueen, Installation mit Filmstills
Foto Prudence Cuming 
© The British Council
Courtesy Marian Goodman Gallery, New York and Paris; Thomas Dane Gallery, London

 

"Giardini": Ein Film über Beobachten und Hinhören, der in zwei Projektionen nebeneinander gezeigt wurde, die sich visuell und poetisch ergänzten.

 

Mehr von Steve McQueens Arbeit: Thomas Dane Gallery, Marian Goodman Gallery, Biennale-Seite des British Council.

Die Zitate stammen von der Biennale-Berichterstattung des Guardian.

 

Nachdem ich den Blogbeitrag fertig geschrieben hatte, kam ich noch auf die Idee, auf youtube nach dem Fim zu suchen. Naiv wie ich diesbezüglich anscheinend bin, habe ich mir vorgestellt, Steve McQueen sei mit seiner Kamera im Gebüsch auf der Lauer gelegen, um die scheuen Streunerhunde nicht zu verschrecken und habe - einem heimlichen Beobachter gleich - die Aufnahmen gemacht. Auf youtube fand ich dann einen Beitrag, der, obwohl ich nicht Italienisch kann, anscheinend so etwas wie das "Making of" von "Giardini" ist. Die gecasteten Hunde werden mit dem Boot zu den Gärten gebracht, ihre edlen Halsbänder werden abgenommen und die Hundemäntel ausgezogen...

 

 

 

Film, Installation, Video