17. September 2013 - 9:20

Während der letzten Wochen hatte ich nur sehr wenig Zeit für meinen Blog, da ich für die Abschlussprüfung eines Lehrgangs im Bereich Kinder-und Jugendliteratur lernen musste, die ich vor einigen Tagen erfolgreich abgelegt habe. Mein Spezialgebiet war - Überraschung - der Hund und Wolf im Bilderbuch. Was liegt also näher, diese zeitintensive Beschäftigung gleich in den Blog einzubringen!

Vieleicht haben manche von Ihnen ja Kinder oder Enkel und freuen sich über Bilderbuchtipps. Das Bilderbuch hat inzwischen längst seinen engen Adressatenkreis - Kinder und Vermittler - verlassen und ist auch beliebtes Sammlerobjekt von Erwachsenen geworden; es ist damit nicht mehr nur eine Spezialkunst für Kinder, es hat sich hin zur erwachsenen Zielgruppe geöffnet.

 

Deshalb möchte ich Ihnen immer wieder Bilderbücher und ihre Illustratoren empfehlen, die mir ganz besonders gefallen, unabhängig davon, ob sie aktuell sind. Manche Bücher sind nur mehr antiquarisch zu erhalten, da viele Bilderbücher nur einmal aufgelegt werden und dann aus den Regalen der Buchhändler verschwinden.

 

Heute möchte ich Ihnen Józef Wilkon und sein Bilderbuch "Wölfchen" vorstellen, wobei "vorstellen" sicher das falsche Wort ist, wurde der 1930 in der Nähe von Krakau geborene Pole doch international mit Ehrungen, Auszeichnugen und Preisen überhäuft. Mehr als 150 Bilderbücher hat der Maler, Grafiker und Bildhauer origineller Holzskulpturen bis heute illustriert, immer mit dem Anspruch, dem Kind die Sterne vom Himmel herabzuholen.

 

Schon das Cover macht neugierig. Wölfchen hat Igelstacheln, Löwenzähne und einen Tigerkörper. Wieso?, fragt man sich gleich.

 

 

Józef Wilkon, Wölfchen, Cover

 

Auf die Frage, wie eine gute Illustration entsteht, sagte Wilkon:

      Zuerst muss man wissen, wie das, was man malen will, ausschaut: Ein Mensch, ein Fisch, ein Vogel, ein Blatt oder ein Tier. Dann, wie es sich bewegt: Wie es rennt, kriecht, schleicht oder fliegt. Für viele ist dies das Ende des Lernweges. Einige gehen aber weiter und können die Tageszeiten malen, den Mond, wie er scheint, einen Vogel, der singt, sie können sogar Sorgen und Freude malen, Angst und Mut. Wenige können Schlaf, Ruhe und sogar den Geruch und Geschmack einer Frucht malen. Wenn man all dies weiß, muss man noch wissen, wie man Text und Illustration zusammen fügt, so dass sie sich ergänzen und eine Spannung im Buch wächst wie beim Theater und alles in die richtige Zeit und richtige Proportion bringt. (zit. n. Wikipedia)

Nun, Wilkon weiß, wie ein kleiner Wolf ausschaut! Die Illustrationen zu "Wölfchen" gefallen mir auch deshalb so gut, weil Wölfchen sowohl alle äußeren Kennzeichen eines kleinen Wolfs hat als auch, verstärkt durch die weiche Kreidezeichnung, wie ein Plüschwolf aussieht. Trotzdem: Die Illustrationen wirken nicht verniedlichend, sondern bleiben merkmals-adäquat. Alle Tiere sind sehr plastisch dargestellt, ihr weiches Fell wirkt sanft und poetisch.

 

 

aus Józef Wilkon, Wölfchen

 

Wölfchen liebt das Leben und alle anderen, er hat ein gutes Herz und ist ohne Arg und List. Viel lieber spielt er mit den anderen Tieren "Verstecken" anstatt sie zu jagen und zu essen. Er genießt den Sauerampfer! Die Eltern sind ratlos und verzweifelt. Was sollten sie nur tun, um aus Wölfchen einen richtigen Wolf zu machen?

 

aus Józef Wilkon, Wölfchen

aus Józef Wilkon, Wölfchen

 

Die Sorge der Eltern um ihn macht auch Wölfchen traurig. Hilfesuchend wendet er sich an den Mäuserich. Und der hat auch die "rettende" Idee...

 

aus Józef Wilkon, Wölfchen

aus Józef Wilkon, Wölfchen

aus Józef Wilkon, Wölfchen

aus Józef Wilkon, Wölfchen

 

Natürlich reicht auch die Verkleidung nicht aus, um aus Wölfchen einen gefährlichen Wolf zu machen. Doch letztendlich kann er sich annehmen, wie er ist! Und auch die Eltern erkennen, dass jedes ihrer Kinder etwas ganz Besonderes ist und "Wölfchen ist eben Wölfchen".

Auch der märchenhaft gestaltete, sehr lyrische Text von Gerda Wagener ist herzerwärmend, sodass mit "Wölfchen" ein textlich-visuelles Lehrstück zu Fragen der Identität entstand, wie es gelungener nicht sein könnte.

Die Bilder habe ich aus meinem Exemplar eingescannt.

Gerda Wagener, Józef Wilkon, Wölfchen, Zürich, Kiel, Wien, 1993 (bohem press), ISBN 3-85581-252-7

 

Bilderbuch

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