1. Februar 2023 - 10:33

Poodle II, 2019, Drawing on primed linen © Jonathan Delafield Cook

Poodle, 2019, Drawing on primed linen © Jonathan Delafield Cook

 

Haben Sie im ersten Moment daran gedacht, fotografische Arbeiten zu sehen?

Es sind aber Kohlezeichnungen des britischen Künstlers Jonathan Delafield Cook! Der irrtümliche Eindruck liegt nicht nur daran, dass seine hyperrealistischen und detailgenauen Zeichnungen eine fotografische Qualität haben, sondern auch daran, dass der Künstler jeden Hund (Barsoi, Windhund, Pudel etc.) als isolierten Typus im Profil vor einem weißen Hintergrund darstellt. Das lässt uns an die Sachlichkeit von Labors oder die die künstliche Neutralität des Fotostudios denken.

 

Dog © Jonathan Delafield Cook

 

Delafield Cook lässt sich von der Natur und zahlreichen Besuchen in naturwissenschaftlichen Museen inspirieren. Seine Werke geben die komplexe Schönheit der belebten (Tiere und Pflanzen) und unbelebten (Muscheln, Vogelnester) Welt wieder.

 

Dog © Jonathan Delafield Cook

 

Seine Musemsbesuche drücken auch ein starkes Interesse an den Bereichen, in denen sich Kunst und Wissenschaft überschneiden, aus. Delafield Cooks akribischen Zeichnungen stehen an der Schwelle zur wissenschaftlichen Forschung: Es gibt direkte Bezüge zu einer langen Tradition von Strenge und genauer Beobachtung bei der Klassifizierung und taxonomischen Illustration, aber letztendlich geht es Cook darum, Kunstwerke aufgrund ihres grafischen, texturalen oder tonalen Potenzials zu schaffen.

 

Dog © Jonathan Delafield Cook

 

Durch die Manipulation des Maßstabs (riesengroße Mohnblüten, lebensgroße Hunde) erscheinen die Arbeiten zeitgenössisch modern. Außerdem basieren sie auf subjektiven Eindrücken des Künstlers, die aus wiederholter Beobachtung und erworbenem Wissen resultieren, anstatt eine Transkription eines einzigen fotografischen Moments zu sein. (vgl. Ian Warrell)

Über die Bedeutung der Fotografie als Vorlage im Arbeitsprozess, seine individuelle Technik der bescheidenen Holzkohle Sinnlichkeit abzutrotzen und die Zeichnung aus der Schwärze heraus anlegen, können Sie hier Genaueres lesen.

 

Dog © Jonathan Delafield Cook

 

Sehr einfühlsam beschreibt Léon Mychkine die Kunst Delafield Cooks. Es ist eine Kunst der Stille, die Zeichnungen entfalteten sich in der Stille. Und das nicht "nur", weil er mimetische Porträts von Blumen oder Tieren anbietet, sondern weil es ihm gelingt, ein ziemlich verstörendes Verhältnis zwischen Mimesis und Verschiebung herzustellen. Nicht weil Delafield Cook einen Pudel fast perfekt imitiert, ist es große Kunst. Es ist eine "Beinahe-Perfektion", weil wir sehen können, dass es sich um eine Zeichnung handelt, und zwar genau deshalb, weil es eine Verschiebung zwischen dem, was wir sehen, und dem, was wir denken, gibt. Mehr zu Mychkines philosophischen und erkenntnistheoretischen Überlegungen auf art-icle.

Die wunderschönen Zeichnungen des Künstlers sind nicht nur akribisch detailliert und quälend präzise, ihnen ist auch eine außergewöhnliche Sanftheit eingeschrieben.

Jonathan Delafield Cook (1965 in*London) absolvierte eine Ausbildung zum Architekturzeichner in Japan, wo er zahlreiche Auszeichnungen für seine detaillierten Zeichnungen erhielt. Nach Abschluss seiner Ausbildung kehrte er nach Südwestengland zurück, um am Royal College of Art zu studieren, wo er 1994 das Darwin-Stipendium erhielt. Cooks Arbeiten waren in zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in London und Sydney, aber auch in der Schweiz (Fondation Beyeler Basel) oder Dänemark zu sehen.

Quellen: Olsen Gallery, Purdy Hicks Gallery, Meer, art-icle

alle Bilder © Jonathan Delafield Cook

 

Zeichnung

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