13. März 2012 - 14:50

Im Blogeintrag über Jack Goldstein kam John Baldessari als dessen Lehrer am California Institute of the Arts vor. Grund genug, kurz auf John Baldessari einzugehen. In seiner inzwischen mehrere Jahrzehnte währenden künstlerischen Arbeit findet sich natürlich der eine oder andere Hund.

1970 hat der Konzeptkünstler John Baldessari sein bisher entstandenes malerisches Schaffen im "Creation Project" verbrannt, um sich neuen Technologien zu widmen. Seither beschäftigt sich der Künstler mit medienbezogenen Malereien, Fotoarbeiten, Videoperformances und Filmen. In allen Arbeiten stehen Medien- und Sprachbezüge im Vordergrund: Malerei und Fotografie, Bild und Sprache werden miteinander verknüpft. 

 

John Baldessari, Standbild aus

 
In Title von 1971 folgen minimale Bilder ohne hierarchische oder narrative Struktur aufeinander. Der konventionelle Film wird in seine Bestandteile zerlegt, um die Grammatik des Films offen zu legen, um deutlich zu machen, wie im Film Bedeutung, Raum und Zeit konstruiert werden.
 
 

John Baldessari, Man, Dog (Blue), Canoe/Shark Fins (One Yellow), Capsized Boat,

John Baldessari, Dog, Egg, Chicken, 2009

John Baldessari, Path, Shadow, Person, Dog and Tree, 2010

John Baldessari, The Set-up, 2010

 

 

 

 

Baldessari benutzt Bilder aus Filmen und Zeitungen und schafft etwas Neues, in dem er sie beschneidet oder zu Collagen zusammensetzt und den Betrachter auffordert, sich intensiver mit Bildern aus Massenmedien auseinander zu setzen.

Die Bild-Text-Montage trägt einen Titel, der nicht im Zusammenhang mit dem Dargetellten steht, sondern Titel eines Films ist. In obigem Beispiel handelt es sich um den Boxer-Film "The Set-up" von Robert Wise von 1949.

Möchten Sie mehr über John Baldessari erfahren, gebe ich einen Tipp weiter, den ich von meinem Leser Mariko erhalten haben. Auf Artsy finden Sie ein umfassende Seite zu John Baldessari.

 

Film, Malerei
10. März 2012 - 14:16

2003 schied Jack Goldstein durch Selbstmord aus dem Leben, ohne dass sein Werk zu Lebzeiten den Stellenwert bekommen hätte, der ihm zustünde. Der amerikanische "Künstler-Künstler" beeinflusste besonders andere Künstler, ein breites Publikum fand er nie.

Während seines Studiums am neu gegründeten California Institute of the Arts in Valencia in der berühmten "Post Studio Art" - Klasse von John Baldessari stellte er minimalistiche Skulpturen her. Später versuchte er den Minimalismus von der bildenden Kunst auf andere Kunstbereiche zu übertragen und weiterzuentwickeln. Er beschäftigte sich mit Film, Performance, Audio- und Textproduktionen. 1976 entstanden die ersten Schallplatten, die Goldstein sowohl als Kunstobjekte/Skulpturen als auch als Tonträger verwendete.

Bei seinen Experimentalfilmen, die hauptsächlich Mitte bis Ende der 1970er Jahre entstanden, filmte er mit der Standkamera ein einzelnes isoliertes Motiv ab, meist "Requisiten" aus der Filmindustrie: unspektakuläre Alltagsgegenstände oder dressierte Tiere, wie einen auf Kommando bellenden Schäferhund (Shane, 1975). Alle Filme wurden auf 16mm-Material gedreht und orientierten sich eher an theatralischen Inszenierungen als an einer gleichzeitig entstehenden Videoästhetik.

 

 

In den 1980er Jahren galt Goldstein neben Richard Prince, Sherrie Levine, Robert Longo und David Salle als einer der vielversprechendsten Künstler der so genannten Post-Pop-Art. Er war 1982 mit Filmen und Gemälden auf der Dokumenta 7 und 1987 mit Akustischer Poesie auf der Dokumenta 8 vertreten. In den 1990er Jahren zog er sich vom Kunstbetrieb zurück.

Erst in den Nullerjahren unseres Jahrhunderts wurde er wieder vermehrt rezipiert und ausgestellt: 2002 im Kunstverein Hamburg und 2009 im Museum moderner Kunst in Frankurt am Main. Eine kurze Zeitspanne konnte er also seine Wiederentdeckung miterleben.

Einen guten Überblick über Jack Goldsteins filmisches Schaffen sehen sie auf UBUWEB. Einen sehr informativen Text über Leben und Werk schrieb Sebastian Frenzel 2009 für das monopol-Magazin.

 

Film, Performance, Skulptur
7. März 2012 - 16:14

Martin Creed, Work 748

Martin Creed, Work 1094

Martin Creed, Work No. 1095

 

Was wie ein kleines Musikvideo daherkommt, ist ein ausgewachsenes Stück Kunst. Kommt es doch vom Konzeptkünstler Martin Creed, der beides ist - bildender Künstler und Bandleader - und der beides gleich wichtig und ernst nimmt.

 

 

Sparky, ein Chihuahua, und Orson, ein irischer Wolfshund, repräsentieren im Video Thinking und Not Thinking. In einem Interview vergleicht Creed das Denken mit dem Versuch wichtig zu sein, was zu dem kleinen Sparky passt, und das Nicht-Denken mit dem eher ungeschickten Orson. Die beiden kommen ins Bild und verlassen das Bild, ganz so wie es der Liedtext und der eingängige Beat vorgeben.

Creed stieß in Los Angeles zufällig auf die Hunde und fand, dass sie wie ein Ready-made, wie eine Skulptur aussahen. Da Creed immer wieder mit Gegensätzen gearbeitet hatte (Licht an/aus, schwarz/weiß ...) und die Hunde größenmäßig an den beiden Enden der Rasseskala standen, nahm er Filmmaterial mit ihnen auf. Erst als er den Song hatte, fügte er Lied und Film zusammen und fertigte dieses stimmige Werk.

 

Martin Creed, Cover, 2011

 

 

Martin Creed, Inlay, 2011

 

 

Der in Glasgow aufgewachsene Künstler verwendet eine Vielzahl von Medien für seine Kunst: Malerei, Film, Video, Skulptur, Installation usw. Seit 1987 nummeriert er seine Kunstwerke, Thinking/Not Thinking ist Nummer 1090. 2001 gewann er - nicht unumstritten - den Turner-Preis mit einer sehr minimalistischen Idee: Das Licht in einem leeren Raum geht an und aus. Seine gesamte Kunst ist im minimalistischen und konzeptuellen Bereich angesiedelt und als Kunst schwer verständlich. Für viele Kritiker thematisiert Creed das Lächerliche in der zeitgenössischen Kunst, für andere zeigt er den lächerlichen Zustand, den die zeitgenössische Kunst erreicht hat. Sein Werk Nummer 88 z.B. ist ein zum Ball zerknülltes A4 Blatt (natürlich "künstlerisch" zusammengeknüllt und in einer von Creed selbst entworfenen Verpackung in geschredderten Papierstreifen aufgehoben).

 

Martin Creed, Work No. 88, A sheet of A4 paper crumpled into a ball, 1995

Martin Creed, Work No. 88, A sheet of A4 paper crumpled into a ball, 1995
Martin Creed: Work No. 88,
A sheet of A4 paper crumpled into a ball, 1995

 

Sparky, der kleine Hund ist inzwischen tot. Orson setzte sich auf ihn und brach ihm ein Bein. Bei der Operation kam es zu Komplikationen. Seit ich das gelesen habe, kann ich mir das Video nicht mehr unbeschwert anschauen. Musste hier ein Hund sterben, weil ein Mensch mit einem skurrilen Hundepärchen leben wollte?

 

Die CD & DVD können Sie (ebenso wie das zerknüllte Papier) im Online-Shop auf Martin Creeds Homepage erwerben.

 

alle Bilder © Martin Creed

 

 

Fotografie, Film, Musik, Video
4. März 2012 - 13:22

Erkennt nicht irgendein Amerikaner alle paar Wochen Jesus, Maria oder Elvis Presley auf einem verschimmelten Stück Käse und verkauft dann diese "Reliquie" auf ebay? Das war die erste Assoziation, die Tibi Tibi Neuspiels Werk bei mir auslöste.

 

Tibi Tibi Neuspiel, Morality Sandwich, 2010
Tibi Tibi Neuspiel: Morality Sandwich, 2010; Lassie als moralische Instanz

 

Mein zweiter Gedanke war: Wie bringt er die Gesichter auf den Toast? Bestreicht er manche Stellen dick mit Butter, damit sie im Toaster schön braun gebrannt werden, oder müssen im Gegenteil die hellen Stellen mit Fett bestrichen werden? Fragen über Fragen!

Erst in dem Blog The Museum of Ridiculously Interesting Things fand ich Antworten. Die "Toastbrote" sind kleine Wachsskulpturen: "beautifully crafted encaustic wax sculptures". Für den Begriff "encaustic" habe ich keine Übersetzung gefunden, die mich dem Entstehungsprozess näherbrachte - ich selbst bin keine Bastlerin und kenne mich mit handwerklichen Techniken nicht aus. Aber anscheinend stellt Tibi Tibi Neuspiel kleine Wachsskulpturen her, die er dann akribisch bemalt. Seine Arbeit geht freilich über das Kunsthandwerkliche hinaus. Folgt man Rachel Anne Farquharson Argumentation, dann steht Tibi Tibi Neuspiel in einer Tradition - begonnen mit Duchamps Ready-mades - in der Objekte politische, soziale und kulturelle Inhalte transportieren, wenngleich im ersten Moment das Humorvolle und vermeintlich Lächerliche, das Absurde im Vordergrund steht.

Es gibt auch Toasts mit den Porträts von van Gogh etc. sowie Toasts, die "Assassination Sandwich" - Serie (2009, 2010), bei denen nur der Käse Attentäter und Opfer trennt: Princip/Kronprinz Ferdinand oder Ray/Martin Luther King.

 

Tibi Tibi Neuspiel, Assassination Sandwich, 2009

 

Wenn sie mehr über den kanadischen Künstler und sein Werk erfahren wollen, schauen Sie sich dieses Video-Interview an.

 

alle Bilder © Tibi Tibi Neuspiel

 

Skulptur
1. März 2012 - 11:59

Zur Zeit findet eine große Werkschau der britischen Künstlerin Zarina Bhimji in der Londoner Whitechapel Gallery statt. Die Künstlerin hatte schon bei der Documenta 11 (2002) ausgestellt und war für den Turner-Preis der Tate Gallery (2007) nominiert worden.

Zarina Bhimji wurde 1963 in Uganda geboren, ihre Eltern waren indischer Abstammung. 1974 verließen sie gemeinsam die ostafrikanische Heimat, zwei Jahre nachdem Idi Amin begonnen hatte, Inder und andere Asiaten, die seit der britischen Kolonialzeit dort lebten, aus Uganda zu vertreiben. Bhimji beschäftigt sich in ihrem Werk - großformatigen Fotoinstallationen und Film - mit Vertreibung, Migration, Exil.

Sie findet auf Grund eines wunderbaren Fotos Eingang in meinen Blog, das mich jedesmal aufs Neue berührt, wenn ich es sehe: Rado Watch, Such Western Precision (2006), Teil der Werkgruppe Love (1998 – 2006).

 

Zarina Bhimji, Rado Watch, Such Western Precision, 2006
Zarina Bhimji, Rado Watch, Such Western Precision, 2006; © Zarina Bhimji

 

Seit ich Bhimjis Beschreibung dieser Fotoserie gelesen habe, weiß ich, dass mein Gefühl mit ihrer Absicht übereinstimmt: Schönheit und Zärtlichkeit auszudrücken.

I work in a way where information and research become a crucial starting point in my work. This allows me to put certain myths and realities to the test.

It is important the work expresses beauty and tenderness. The spaces have special atmosphere and the space around it has an intense beauty. It is sad and has a subdued air about it. For me the earth was coming off its hinges.

A landscape mediated through a solitary individual. A little sunlight and big sky with the edges of plantain trees and the puffy clouds bring thunder, lightning and brief, pounding rain. The atmosphere of weeping sky. I need to understand large scale betrayal, grief, love, violence, spirituality.

Hauptdarsteller ihrer Kunst sind meist verlassenen Orte, Räume, architektonische Oberflächen, unbewohnt und menschenleer. Bhimji ist die Forscherin und Archäologin dieser Orte, die nichts Konkretes preisgeben, deren Schönheit die Gewalt überlagert, der sie ausgesetzt waren.

Rado Watch bildet insofern eine Ausnahme, als es eine Geschichte erzählt: Der Hund liegt auf der Veranda eines Regierungsgebäudes, durch das Schild assistant quartermaster definiert, Überbleibsel britischer Bürokratie und Verwaltung.

Das Zitat Bhimjis "A photograph cannot give you concrete information" habe ich vom Blog Africa is a country.

Vom 1. Juni bis 2. September 2012 stellt Bhimji im Kunstmuseum Bern aus.

 

Fotografie, Film, Installation
27. Februar 2012 - 13:14

Bewegung ist das bestimmende Element in Kanevskys Malerei. Der Künstler, der aus Litauen stammt und in Philadelphia lebt und arbeitet, malt oft mehrere Monate an einem Bild und legt viele Schichten übereinander, wobei immer Teile der unteren Lagen sichtbar bleiben. Er malt nach Fotos und nach Modell, seine Modelle müssen allerdings nicht ruhig "Modellstehen", da dies seiner Auffassung nach nicht dem menschlichen Wesen entspricht.

 

Alex Kanevsky, Blue Room with Running Dog
Alex Kanevsky, Blue Room with Running Dog, 2011

Alex Kanevsky, Blue Room with Running Dog, Ausschnitt

Alex Kanevsky, Hunt 2, 2005
Alex Kanevsky, Hunt 2, 2005
 

Für Kanevsky drücken Menschen ihr Wesen durch Bewegung aus. Folgendes Zitat lässt sich auch auf seine Tierdarstellungen anwenden:

"People, whom I paint, are never still. They want to move, they are built for motion. It is actually painful for models to be still longer than 20 minutes. I like them, I find them endlessly fascinating, how they are built, the way they grow and shrink over time, how they move, act, express their emotions, etc. So I want to paint them the way they are, and to me they are defined by their motion. A brick is defined by its shape and people are defined by their motion."

Das Zitat stammt aus einem Interview, gefunden bei Vivianite, einem Blog über Malerei und bildende Kunst, wo Sie mehr über Kanevskys Arbeitsprozess erfahren können.

alle Bilder © Alex Kanevsky

 

Malerei
23. Februar 2012 - 19:43

Maddie 1

 

Schon auf den ersten Blick unwiderstehlich und charmant erscheinen die Fotos von Maddie, einem Coonhound. Ich will sie Ihnen auf keinen Fall vorenthalten: Deshalb mache ich es mir diesmal einfach und schließe mich der Verbreitung der Fotos an, die seit Wochen in den Internetblogs kursieren. Ich bin auf iGNANT auf Humphrey Theron und seinen geschickten Hund gestoßen, der auf allen möglichen Objekten balanciert.

 

Theron, der in Atlanta beheimatet ist, hat eine Website mit seinen kommerziellen Arbeiten, Maddie allerdings hat ihre eigene: Maddie the Coonhound: a super serious project about dogs and physics. Diese Website müssen Sie auf alle Fälle anschauen, geschätzte 50 Aufnahmen von Maddie finden sie dort, ich konnte mich kaum entscheiden.

 

Mir gefällt auch die Farbstimmung der Bilder, die Blässe erzeugt eine leichte Retro-Anmuntung.

 

 

Maddie 2

Maddie 3

Maddie 4

 

Die Aufnahmen sind in ganz Amerika entstanden, Theron reist wegen eines anderen Fotoprojektes durch die Bundesstaaten. Ist für europäische Augen der Anblick der Holzschilder in den waldreichen, schneebedeckten Landschaften nicht schon exotisch? Ich muss immer an Twin Peaks denken.

 

 

Maddie 5

Maddie 6

Maddie 7

Maddie 8

Maddie 9

 

Ein leises unangenehmes Gefühl kann ich beim Anblick solcher Aufnahmen dennoch nicht unterdrücken. Ist Maddie mit Freude bei der Sache? Das Gähnen ist ein jedenfalls ein deutliches Beschwichtigungssignal - ganz geheuer sind der gehorsamen Maddie ihre waghalsigen Fototermine sicher nicht!

 

alle Fotos © Humphrey Theron

 

Fotografie
23. Februar 2012 - 11:26

Erst seit wenigen Jahren wird der inzwischen 88 Jahre alte Saul Leiter und sein Werk in all seiner Bedeutung gewürdigt. Mir war er bisher gänzlich unbekannt. Der New Yorker Maler und Fotograf nimmt Zeit seines Lebens die New Yorker East Side auf (und lebt dort auch seit über 65 Jahren). Als Fotograf ist er nicht nur ein Meister der Straßenfotografie, sondern vor allem ein Pionier der Farbfotografie. Er verwendete schon in den 1940er Jahren den Farbfilm und durchbrach damit die Vorherrschaft der Schwarz-Weiß-Fotografen, lange bevor die "New Color Photography" in den 1970er Jahren bekannt wurde.

Saul Leiter hat einen Hang zur Abstraktion und zur Flächigkeit. Glücklicherweise hat er mindestens ein Foto mit Hund aufgenommen, an dem man diese formale Herangehensweise erkennt.

 

 

Saul Leiter, Dog in Doorway, 1962
© Saul Leiter, Dog in Doorway, 1962

 

Bis 15. April 2012 findet eine große Retrospektive mit über 400 Arbeiten in den Hamburger Deichtorhallen statt. Aus diesem Anlass erscheint auch eine Monographie im Kehrer Verlag.

 

Saul Leiter Buchcover im Kehrer-Verlag
© Kehrer-Verlag

 

Haus der Photographie / Deichtorhallen Hamburg. Saul Leiter – Retrospektive. Leineneinband mit Banderole, 296 Seiten, ISBN 978-3-86828-258-0
 
Ausstellung, Buch, Fotografie
20. Februar 2012 - 13:32

Ein sehr interessanter Künstler mit einem vielfältigen, unterschiedlichste Medien umfassenden Werk (Zeichnung, Malerei, Installation, Performance, Film, Video) ist Ahmet Ogut. Seine Zeichnungen "Mission Calls" haben sofort meine Aufmerksamkeit erregt und mein Herz bewegt.

 

Ahmet Ogut, Mission Calls 1, 2009

Ahmet Ogut, Mission Calls 2, 2009

Ahmet Ogut, Mission Calls 3, 2009

Ahmet Ogut, Mission Calls, 2009

Mission Calls, 2008-2009, Triptychon, Ausstellungsansicht Peep-Hole Milan, Privatsammlung

Mission Calls is a work composed by three large drawings that appear as a short storyboard of a performative act that anyone could do. The sequence shows a common street dog transforming into a rescue-dog and it is the artist, with a seemingly absurd and surreal gesture, that grants the unsuspecting dog this role of power.

Die englische Beschreibung des Werks stammt von der Homepage des Künstlers. Jeder kann dem Hund mit Hilfe einer surrealen und absurden Geste (das Umbinden der Rot-Kreuz-Schürze) Macht verleihen. Diese Geste wird als performativer Akt beschrieben.

(Nun: "Performativer Akt" ist ein komplizierter Begriff aus der Sprachtheorie und bezeichnet einen besonderen Zusammenhang zwischen Sprechen und Handeln. Wer sich dafür interessiert, findet unter den Wikipedia-Einträgen zur Performität und zur Sprachakttheorie Näheres. Meint Ogut also, dass es in unserer Wahrnehmung liegt, ob wir ein Tier als wertlos oder wertvoll empfinden. Ist in seinem Kunstwerk "Mission Calls" die Verschiebung der Wahrnehmung der performative Akt? Und ist das ein Ansatz dafür, wie mögliche Tierrechtskunst ausschauen könnte?)

Könnte es doch nur so einfach sein und aus allen Streunerhunden Rettungshunde werden. Niemand würde sie mehr töten wollen! Das war mein erster, simpler Gedanke, nachdem ich die drei Zeichnungen sah. Der Gedanke, die Hunde durch "Nobilitierung" mit einem "Rot-Kreuz-Mantel" zu retten, ist jedenfalls ein wunderschöner.

 

Oguts zweite Arbeit, in der ein Hund vorkommt, geht auf ein Rätsel zurück, das wohl jeder in irgendeiner Form kennt: Wie bringt man Ziege, Wolf, Krauthappel (oder so ähnlich) in einem Boot ans andere Flussufer? Englischer Text von seiner Homepage.

A bomb disposal technician, a suspicious bag, a soldier, two security dogs, a suicide bomber, his wife in wheelchair and his daughter have to cross a river. They have discovered a small boat. The small boat can carry only two people or one person and one dog or item at a time. The suspicious bag can not be left with anybody unless the bomb disposal technician is present. The suicide bomber can not be left with any of the dogs unless the soldier is present. The soldier can not be left with any of the suicide bomber’s family members unless the suicide bomber is present. Only the soldier, suicide bomber, and bomb disposal technician know how to use the boat. How would they cross the river?

Nun, die Besatzung/Besetzung des Bootes wird bei Ogut ausgetauscht, die Idee bleibt die gleiche. Da das Werk in Leipzig ausgestellt war, können Sie an den Wänden auch Teile des deutschen Textes erkennen. Die einzelnen Figuren haben Rollen und können verschoben werden, manch Museumsbesucher macht das auch, um das Rätsel zu lösen.

 

Ahmet Ogut, Puzzle 2, 2010

Puzzle, 2010, Interaktive Installation, Ausstellungsansicht gfzk - Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig

Ahmet Ogut, Puzzle 1, 2010

Ahmet Ogut, Puzzle 3, 2010

Ahmet Ogut, Puzzle 4, 2010

 

Ahmet Ogut wurde 1981 in Diyarbakir/Türkei geboren, hat in Ankara und Istanbul Kunst studiert und lebt und arbeitet in Amsterdam. Er stellt seit vielen Jahren international aus.

 

alle Bilder © Ahmet Ogut

Installation, Zeichnung
17. Februar 2012 - 10:43

Kürzlich war ich im mumok und habe mir die Claes Oldenburg-Ausstellung angeschaut und - um es gleich vorwegzunehmen - ich war schlichtweg begeistert. Und das war doch unerwartet: Glaubte ich doch schon abgestumpft zu sein gegen die "Pop Art" (Oldenburg möchte diese Zuschreibung nicht) - hatte ich mich doch schon satt gesehen an Warhol & Co, die in zahllosen Museen moderner Kunst weltweit hängen. Sogar das Mouse Museum hatte ich schon vor 25 Jahren in Wien gesehen, (eine Alterserscheinung, kein Verdienst).

Gleich in der Eingangsebene (dankenswerterweise wieder in Ebene 0 umbenannt - die Geschoße sind nun so numeriert, wie es das Gefühl vorgibt) trifft man auf Oldenburgs künstlerische Anfänge: Auf sein frühes Markezeichen "Ray Gun" und seine "Street"-Objekte: Papp- und Kartonkostruktionen, die perfekt in Szene gesetzt sind, ganz entgegengesetzt zu den Absichten, die Oldenburg ursprünglich damit verfolgte, nämlich die Straße, den Müll und Dreck in die Galerien zu bringen.

Trotzdem: "Well done", sagte Oldenburg bei der Begehung. "Gut gemacht", sage auch ich. Die Ausstellung stimmt mich heiter. Wer mich kennt, weiß, das ist nicht einfach!

 

Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen, Ray Gun Poster Dog, 1960
Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen, Ray Gun Poster-Dog, 1960,
© Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen

 

In Wien ist die Ausstellung noch bis 28. Mai 2012 zu sehen, anschließend wird die vom mumok konzipierte Kunstschau im Museum Ludwig in Köln, Guggenheim Museum Bilbao, Museum of Modern Art in New York und im Walker Art Center in Minneapolis zu sehen sein.

 

Ausstellung, Zeichnung