16. Januar 2012 - 2:12

Gleichzeitig sind in Wien zwei Ausstellungen großer Magnum-Fotografen zu sehen: Robert Capa im Collegium Hungaricum und Henri Cartier-Bresson im Kunsthaus Wien. Magnum Photos, eine Foto- und Fotografenagentur, wurde am 27. April 1947 unter anderem von Robert Capa und Henri Cartier-Bresson in Paris gegründet. Auslöser zur Gründung einer Agentur war ihr Wunsch, die Rechte über die eigenen Bilder gegenüber den großen Magazinen und Agenturen besser sichern zu können.

Capa war vor allem ein Kriegsfotograf, dessen Ruhm auf den Aufnahmen aus dem spanischen Bürgerkrieg gründete. 2008 tauchten Tausende unveröffentlichte Bürgerkriegs-Negative in Mexiko auf, die fast 70 Jahre als verschollen galten. Auch Capa starb 1954 in Vietnam in dem Glauben, dass sie vernichtet seien.

Auch in Kriegszeiten begleitet der Hund den Menschen, weshalb sich der eine oder andere Hund auf Capas Fotos findet. Das erste zeigt seine Lebensgefährin Gerda Taro in Paris:

 

Robert Capa, Gerda Taro mit einem Hund in Paris, etwa 1935-1936
Robert Capa: Gerda Taro mit einem
Hund in Paris, etwa 1935-1936, © International Center of Photography/New York

Robert Capa, Truman Capote hält einen Hund in Italien, 1953
Robert Capa: Truman Capote hält einen Hund, Italien, 1953

 

 

 

Robert Capa, Bombardiertes Barcelona, 1939
Robert Capa: Bombardiertes Barcelona, 1939, © International Center of Photography/New York
Eine Frau und ein Hund suchen Schutz vor einem Luftangriff.

Robert Capa, Flüchtling, 15.1.1939
Robert Capa: Flüchtling, 15.1.1939. Eine Frau flüchtet mit ihrem Hund, nachdem ihr Sohn und Mann im Krieg getötet worden waren.

Robert Capa, Soldat mit Hund im Helm, Tunesien, März -April 1943
Robert Capa: Soldat mit Hund im Helm, Tunesien, März -April 1943

 

Henri Cartier-Bresson, der ursprünglich Malerei studiert hatte, wandte sich in den 1930er Jahren der Fotografie zu. Er reiste unter anderem durch Europa, mehrmals nach Amerika, nach Indien, Pakistan und in die Sowjetunion und verbrachte dort jeweils längere Zeit, sodass er sich auch nicht als Reisefotograf verstand, sondern als Beobachter unterschiedlichster Menschen und Kulturen. Obwohl für ihn das Auslösen im 'entscheidenden Augenblick' wichtig war, kam dem Bildaufbau eine wesentliche Bedeutung zu.

 

Henri Cartier-Bresson, William Faulkner, 1947
Henri Cartier-Bresson: William Faulkner, 1947, © Magnum Photos

Henri Cartier-Bresson, Mexiko, 1963
Henri Cartier-Bresson: Mexiko, 1963, © Magnum Photos

Henri Cartier-Bresson: Auberviliers, 1971
Henri Cartier-Bresson: Auberviliers, 1971

Henri Cartier-Bresson, Frankreich, 1953
Henri Cartier-Bresson, Frankreich, 1953

Henri Cartier-Bresson, Frankreich/Paris, 1956
Henri Cartier-Bresson: Frankreich/Paris, 1956

Henri Cartier-Bresson, Österreich/Wien, 1953
Henri Cartier-Bresson: Österreich/Wien, 1955

 

Auf der Magnum Homepage finden Sie annähernd 100 Fotos mit Hunden, ich habe nur diese wenigen ausgesucht, um zu zeigen, wie formal streng komponiert jede Aufnahme ist und wie selbstverständlich und gelassen Cartier-Bresson die Nähe zwischen Hunden und Menschen darstellt.

 

Ausstellung, Fotografie
13. Januar 2012 - 13:52

Die Hundebilder von Titanilla Eisenhart gehören, neben denen von Alois Mosbacher, zu meinen liebsten Hundedarstellungen, wenn auch ihr malerischer Ansatz ein ganz anderer Ist. Erstmals aufgefallen sind mir ihre großen Gemälde 2006 bei einer Ausstellung in der Schmuckgalerie "Stoß im Himmel". Seit damals besitze ich den kleinen Leporello "HUND, mattschwarz", der Bilder schwarzer Hunde versammelt (Labradore?), deren Augen und Schnauzen man nur subtil erkennt und die fast reine Silhouetten bleiben. Dort findet sich auch Titanilla Eisenharts Motto: "For me, the dogs are both an excuse and a reason for painting these pictures".

 

 

Titanilla Eisenhart, Leporello 'HUND, mattschwarz'
Titanilla Eisenhart: Leporello 'HUND, mattschwarz'

Titanilla Eisenhart: 'Afra Adalgard', 1999
Titanilla Eisenhart: 'Afra Adalgard', 1999

Titanilla Eisenhard: 'Ford', 2000
Titanilla Eisenhard: 'Ford', 2000

Titanilla Eisenhart: 'Ich selbst', 2002
Titanilla Eisenhart: 'Ich selbst', 2002

Titanilla Eisenhart: 'Elsa', 2003
Titanilla Eisenhart: 'Elsa', 2003

Titanilla Eisenhart: 'Helmut' als Cover
Titanilla Eisenhart: 'Helmut' als Cover des
The All Season Fashion Paper - FallWinter Magazins

Titanilla Eisenhart: 'Ewald', 2003
Titanilla Eisenhart: 'Ewald', 2003

Titanilla Eisenhart: 'Silvie und die Wolke des Grauens', 2004
Titanilla Eisenhart: 'Silvie und die Wolke
des Grauens', 2004

Titanilla Eisenhart: Katalog Cover, 2007
Titanilla Eisenhart: 'Lárrangement du jour', Katalog Cover, 2007

Titanilla Eisenhart: 'All my love', 2006
Titanilla Eisenhart: 'All my love', 2006

Titanilla Eisenhart: 'Wittigo' oder 'Because you are a lady and I am a man', 200
Titanilla Eisenhart: 'Wittigo' oder 'Because you are a lady and I am a man', 2007

Titanilla Eisenhart: 'Mortimer', 2007
Titanilla Eisenhart: 'Mortimer', 2007

Titanilla Eisenhart: 'L'arrangement du jour', 2007
Titanilla Eisenhart: 'L'arrangement du jour', 2007

Titanilla Eisenhart: 'Wittigo' oder 'Der Tag an dem Mucha freundlich wurde', 200
Titanilla Eisenhart: 'Wittigo' oder 'Der Tag an dem Mucha freundlich wurde', 2007

Titanilla Eisenhart: 'Buffalo Bob', 2007
Titanilla Eisenhart: 'Buffalo Bob', 2007

Titanilla Eisenhart: 'Die Gegenwart', 2007
Titanilla Eisenhart: 'Die Gegenwart', 2007

Titanilla Eisenhart
Titanilla Eisenhard: Foto via "esel"

Titanilla Eisenhart: 'L'obsession'
Titanilla Eisenhart: 'L'obsession', Foto: Artothek des Bundes

 

Neben den großformatigen Acrylbildern beherrscht sie auch die (dem Format nach) kleinen Sujets: Collagen, Weinetiketten, anlassbezogene grafische Arbeiten wie z.B. die Bilderbuchhochzeit.

 

Titanilla Eisenhart, Weinettiketten
Titanilla Eisenhart, Weinettiketten

Titanilla Eisenhart: Bilderbuchhochzeit
Titanilla Eisenhart: Bilderbuchhochzeit

Titanilla Eisenhart: Bilderbuchhochzeit
Titanilla Eisenhart: Bilderbuchhochzeit

Titanilla Eisenhart: Bilderbuchhochzeit
Titanilla Eisenhart: Bilderbuchhochzeit; Fotos via "Alessandrini Design"

 

Titanilla Eisenhart, 1961 in Wien geboren, studierte an der Akademie der bildenden Künste bei Prof. Kogler. Sie selbst unterrichtet an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg und an der Wiener Kunstschule.

Mit dem letzten Bild möchte ich den Leserinnen und Lesern meines Blogs ein gesundes und erfolgreches Jahr 2012 wünschen!

 

Titanilla Eisenhart: 'Such luck' oder 'Herr Titanilla im Glück', 2008-2009
Titanilla Eisenhart: 'Such luck'
oder 'Herr Titanilla im Glück', 2008-2009

 

Wenn nicht anders angegeben, stammen die Bllder von Titanilla Eisenharts Homepage.

 

Buch, Grafik, Malerei
10. Januar 2012 - 2:05

Auf das Werk des 1954 im steirischen Strallegg/Österreich geborenen Alois Mosbacher stoße ich seit über 25 immer wieder. Schon in den 80er Jahren, die von den "Neuen Wilden" - einer sehr expressiven gestischen Malerei - , volkommen bestimmt waren, hat mir Mosbachers mehr poetischer und figurativer Zugang immer sehr gut gefallen. Auch damals hat er sich inhaltlich schon mit der Natur, Pflanzen und Tieren, auseinandergesetzt. Unten habe ich zwei Beispiele aus dem Katalog "Mosbacher" von 1985 ausgewählt.

 

Alois Mosbacher, Die Waage, 1985
Alois Mosbacher: Die Waage, 1985

Alois Mosbacher, Die Brücke, 1985
Alois Mosbacher: Die Brücke, 1985

 

Von 2000-2003 malte Mosbacher Hunde(köpfe). Anlass dazu waren zwei Hunde, die er während eines Aufenthalts in Los Angeles im Haus eines Freundes betreuen musste. Er malte allerdings nicht bestimmte Hunde mit dem Ziel der Ähnlichkeit oder mit dem Anspruch den Typus Hund schlechthin zu malen. Er nahm sich vielmehr auch Plastikspielzeugtiere als Vorlage, sogar verschwommene Fotos dieser Plastikfiguren, ja sogar Figuren, die keine Hunde darstellten. Dann begann das Malen als haptische, skulpturale Sache: "[..] die Schnauze mehr nach vorn ziehen, dazu jetzt große Kulleraugen, einmal die Ohren tief hinuntergezogen, dann wieder steif stehend...und die Lust das zu tun und die Willkür, mit der man das machen kann". Die Parameter Schnauze, Augen, Ohren wurden zu immer neuen Gesichtern verschoben. Dabei steht nicht das Interesse am Hund im Vordergrund, schon gar nicht mit seinen emotionalen Beziehungen oder ikonographischen Bestimmtheiten, ebensowenig der Hund als Projektionsfläche, sondern die Malerei "an sich". Alles nachzulesen in dem wunderschön gestalteten Buch "Hund", das neben Mosbachers Malereien und Zeichnungen auch Texte von Elfriede Jelinek, Wolf Haas, Franzobel u.a. enthält sowie das Gespräch zwischen Martin Walde und Alois Mosbacher. aus dem obiges Zitat entnommen ist. (S 115 ff)

 

Alois Mosbacher, Bera
Alois Mosbacher: Bera

Alois Mosbacher, Andritz
Alois Mosbacher: Andritz

Alois Mosbacher, Conrads
Alois Mosbacher: Conrads

Alois Mosbacher, Gordon
Alois Mosbacher: Gordon

Alois Mosbacher, Lola
Alois Mosbacher: Lola

Alois Mosbacher, Haller
Alois Mosbacher: Haller

Alois Mosbacher, Morales
Alois Mosbacher: Morales

Alois Mosbacher, P3
Alois Mosbacher: P3

Alois Mosbacher, Selma
Alois Mosbacher: Selma

Alois Mosbacher, Raab
Alois Mosbacher: Raab

Alois Mosbacher, Sing
Alois Mosbacher: Sing

Alois Mosbacher, Jagger
Alois Mosbacher: Jagger

Alois Mosbacher, Rust
Alois Mosbacher: Rust

alle Bilder © Alois Mosbacher, 2000-2003

 

Hund. Alois Mosbacher. Cover

 

Hund. Alois Mosbacher, Jung und Jung, Salzburg und Wien, 2003, ISBN-10: 3-902144-63-7

 

Buch, Malerei
7. Januar 2012 - 11:40

Vorgestern hatte mein Freund Geburtstag und wir spazierten durch den Wiener 7. Bezirk, was eher selten vorkommt, weil dort die Gelegenheiten zum Geldausgeben sehr breit gestreut sind. So führten uns seine Füße auch in die Bilderbox, ein gut sortiertes Geschäft, das Comics und Artbooks und Cans (zum Graffitisprayen) führt – wir verließen es mit seinem neuen Jodorovsky/Fructus. Überrascht war ich, als ich in der Bilderbox Bücher von Anke Feuchtenberger sah, derern "hollandische Schachtel" ich zuletzt vorstellte, so zum Beispiel "Die Hure H". Außerdem fiel mir mein letzter Besuch dort ein. Ich war auf der Suche nach Comics mit Hunden, fand aber nur "Laika" (dazu vielleicht ein anderes Mal), was ich nicht kaufen wollte, da ich nicht den halben Tag verweint zu Hause sitzen wollte – es handelt von der Hündin Laika, die 1957 an Bord des sowjetischen Flugkörpers Sputnik II ins Weltall geschossen wurde und dort qualvoll starb.

Doch dann fiel dem freundlichen, hilfsbereiten und charmanten Verkäufer noch etwas ein – und er schenkte mir Mimi's Couch.

 

Mimi's Couch Cover

Mimi's Couch 1

Mimi's Couch 2

Mimi's Couch 3

Eine Ode an die Reinlichkeit:

Mimi's Couch 4

Mimi's Couch 5

In dem Heftchen findet sich als Kontaktangabe nur folgende email-Adresse: gordon_shumway [at] lavabit [dot] com. Ob sie auf dem Melmac, bei den Tanners oder bei Lukas Ettl landen, weiß ich allerdings nicht.

Bilderbox: Kirchengasse 40, A-1070 Wien, Mo-Fr 11.00-19.00, Sa 12.00-18.00, Facebook.com/Bilderbox

 

Buch, Grafik
4. Januar 2012 - 13:47

Zwei Frauen mit Fächer, ein rätselhafter Titel: Nichts deutet beim Betrachten des Buchcovers von "Die hollandische Schachtel" an eine Erzählung mt Hund hin: Das kann neugierig machen – es wäre allerdings Schade, wenn Hundefreunden dieses kleine Buch entginge, denn unerlässlich ist es für jeden, der Hunde liebt: Spricht doch durch die Hand der Zeichnerin aus jeder Seite tiefes Verständnis und Zuneigung für Hunde. Und dieses Verständnis, durch die Stimme der holländischen Hündin Yette dargeboten, ist es, was dieses Buch ausmacht.

 

 

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel

 

Anke Feuchtenberger erzählt aus der Sicht ihrer Hündin und erspart uns Lesern und Vorlesern Verniedlichungen und Vermenschlichungen jeder Art. Vielmehr erfahren wir von Yettes Alltag und vom Lauf des Lebens, so auch sehr berührend, aber gleichzeitig unsentimental und lapidar von ihrem tot geborenen Welpen. Jeder, der sich mit Tieren beschäftigt, weiß - auch ohne verhaltenspsychologische Untersuchungen zu bemühen - , dass Tiere trauern können, und Yette drückt es ganz simpel aus: "Mein Mensch weinte. Wir hingegen wissen nicht, wie man Tränen macht". Vielleicht hätten manche Menschen mehr Empathie für Tiere, besäßen sie diese Möglichkeit ihr Leid auszudrücken.

Nun, der Hund ist gut aufgehoben in diesem Buch, Yette in ihrer Familie, in der die Hündin als Partnerin von ihren Menschen angenommen, getröstet und umsorgt wird.

 

 

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel

 

Das Buch wird zweifelsohne jeden Hundeliebhaber begeistern. Anke Feuchtenberger bezeichnet es allerdings als "Bildgeschichte für Kinder", das spricht für sie, sollte man Kindern doch nur das ästhetisch Beste anbieten. Da ich mich - neben Hunden - auch sehr für Bilderbücher interessiere und gerade ein Skriptum zur Rolle der Kinder- und Jugendliteratur in Lese- und Mediensozialisation lese, folge ich ihrer Zuordnung gerne. Denn:

"Kinder finden im Bilderbuch konstruierte Modelle für Lebenswirklichkeiten und darüber denken sie nach", lese ich auf Seite 11 (Literaturangabe ganz unten): Richtig, denke ich, das Bilderbuch soll nur nicht didaktisch daherkommen (macht "Die hollandische Schachtel" keinesfalls) oder nach potenziellem Lernzuwachs ausgewählt werden; im Sinne eines "Vorlesens im Dialog" und des "Buchs als Erzählanlass" eignet sich "Die hollandische Schachtel" gut, um über Hunde als eigenständige, individuelle Lebewesen (und nicht als funktionalisierte Bedürfnisbefriedigungsmaschinen für Kinder und Eltern) zu sprechen.

Kinder brauchen "eine große Vielfalt von unterschiedlichsten und bildnerisch wie inhaltlich herausfordernden Bilderbüchern" (S 12): Auch in bildästhetischr Hinsicht ist "Die hollandische Schachtel" ein Gewinn für Kinder: Es ist ästhetisch nicht 'herausfordernd' im Sinne von formaler Neuartigkeit oder Irritation, aber es ist provozierend in seiner Schlichtheit und in seinem Realismus. Wohltuend hebt es sich sowohl in Format, Lese- und Blätterrichtung als auch stilistisch vom kulleräugigen Hundebilderbuchramsch à la Struppi auf dem Bauernhof, der Kindern oft vorgesetzt wird, ab. In kleinen, manchmal hintergrund- und perspektivelosen Zeichnungen, mit Buntstift koloriert, gelingt es Anke Feuchtenberger Yettes Universum - ausgedrückt vor allem durch ihre Mimik und Körpersrache, ihre Vorstellungen und Interaktionen - sichtbar werden zu lassen.

Ein "Bilderbuch für Kinder"? Ja. Ein "Bilderbuch für Erwachsene"? Auf alle Fälle!

Hier einige eingescannte Beispiele aus dem Buch, die hoffentlich nicht zu viel von Yettes Leben verraten:

 

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel 1

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel 3

Feuchtenbergerowa mit Yette und Ada: Die hollandische Schachtel

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel

Feuchtenbergerowa, Die hollandische Schachtel

 

Anke Feuchtenberger unterrichtet seit 1997 in Hamburg an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Zeichnen und Illustration, ihr vielfältiges Werk umfasst Gemälde, Zeichnungen, Comics, Plakate, Druckgraphik, Kostüme sowie Marionetten und wurde mehrfach ausgezeichnet. Das und viel mehr können sie auf Wikipedia nachlesen.

Besser gefällt mir ihre Selbstdarstellung am Klappentext: "Anke Feuchtenberger wurde 1963 in Berlin/Ost geboren und wuchs in Gärten und in der Nähe von Wäldern mit Seen auf [...] Sie lebt nun mit ihrem Freund und zwei Hündinnen in Gärten und in der Nähe von Wäldern mit Seen." Verwundert es, dass ein derart eingerahmtes Leben solch ein Kleinod wie "Die hollandische Schachtel" hervorbringt?

Anke Feuchtenberger: Die hollandische Schachtel, MamiVerlag, Quilow, 2011. Erhältlich über den MamiVerlag und in ausgewählten Buchläden und Geschäften in Hamburg, Berlin, Greifswald und Bologna.

Zitate aus: Christine Benthin: (Medien)-Kontexte des Lesens. Zur Rolle der Kinder- und Jugendliteratur in Lese- und Mediensozialisation (=Basics 02), Studienstelle für Kinder und Jugendliteratur (Hg.), Wien, 2011

 

Buch, Grafik
2. Januar 2012 - 11:17

Nachdem das Durchforsten meiner Plattensammlung nach Cover mit Hunden nicht sehr erfolgreich war, habe ich ein bisschen gegoogelt und eine kleine, feine Auswahl der letzten 40 Jahre zusammengestellt. Wie wohl jeder, der an einer Stelle zu googeln beginnt, komme auch ich vom Hundertsten ins Tausendste. Bei der Bildersuche sehe ich vieles, was ich gar nicht sehen will und erst verkraften muss: Wo es um Hunde geht, sind Bilder von Tierquälerei und falscher "Tierliebe" nicht weit. Aber ich lerne viel Neues kennen, vor allem aber ergeben sich neue Zusammenhänge, die Welt wird kleiner. Schon wieder sind ein paar Stunden vergangen.

Die Cover, die ich zusammengetragen habe, sind im Wesentlichen chronologisch geordnet, manche mit Bemerkungen oder Links ergänzt.

 

Paddy Roberts
Paddy Roberts, Songs for Gay Dogs, 1963

Auf Paddy Roberts' Cover bin ich in einer Sammlung der hässlichsten Plattencover der Welt gestoßen, der Hall of Fame der Horror-Hüllen. Nun, vieles, was heute als hässlich gilt, war eben früher Mode. Die Hässlichkeit der meisten Cover ergibt sich aus unserer Distanz zu 80erJahre-Disco und Frisuren und Kleidung der 60er. Schönheitspreis gewinnt Roberts' Cover natürlich nicht, aber zu den hässlichsten braucht es wohl nicht zu zählen.

 

The Stooges
The Stooges, I wanna be your dog, 1969

Crosby, Stills, Nash & Young
Crosby, Stills, Nash & Young, Déjà vu, 1970

James Taylor
James Taylor, One Man Dog, 1972

Van Morrison
Van Morrison, Veedon Fleece, 1974

Das zweite Cover von Van Morrison mit Hund - Days like this - steht auch in meiner Plattensammlung, sehen Sie im Blogbeitrag "Birds and Bears".

 

David Bowie
David Bowie, Diamond Dogs, 1974

David Bowie
David Bowie, Diamond Dogs, 1974

Eric Clapton
Eric Clapton, There' s one in every crowd, 1975

Pavlov's Dog
Pavlov's Dog, Pampered Menial, 1975

Pavlov's Dog
Pavlov's Dog, Third, 1994 (Re-Release)

Pavlov's Dog war mir gänzlich unbekannt, bis ich auf diese Cover gestoßen bin. Die Band brachte in den 1970er Jahren zwei Platten heraus. Die dritte Platte  erschien nur mehr als Bootleg, die Band war von der Plattenfirma zuvor gefeuert worden. 1994 erschien beim deutschen Label TRC ein Reissue. (Mehr zur verworrenen Plattengeschichte hier unter Discography.) Interessant daran ist, dass das Cover einfach von Rick Springield übernommen und popart-gemäß bearbeitet wurde.

 

 

Rick Springfield
Rick Springfield, Working Class Dog, 1981

Rick Springfield
Rick Springfield, Success hasn' t spoiled me yet, 1982

Rick Springfield
Rick Springfield, Karma, 1999

Den Namen Rick Springfield habe zwar schon einmal gehört, allerdings kenne ich seine Musik nicht. Ich wollte etwas über den Hundefreund erfahren und habe seine Homepage besucht. Sofort ist mir ein Video aufgefallen, das mich zu Tränen rührte: Eine Liebeserklärung an seinen verstorbenen Hund Gomer. Sie wissen, wie sehr ich alte Hunde liebe, ich lebe ja mit so einem alten "Wackelbären", je älter er wird, desto mehr lebe ich mit der Angst vor seinem Tod. Da viele meiner Bekannten auch alte Tiere aus den Tierschutzhäusern holen, ist ihr Sterben ständig gegenwärtig.

 

 

Joni Mitchell
Joni Mitchell, Dog Eat Dog, 1985

 

The Pogues
The Pogues, The Best of th Pogues, 1991

Wie vermutet ist dieses Cover von William Wegman und einem seiner Weimaraner. Er ist wohl neben Elliot Erwitt inzwischen der berühmteste Fotograf von Hunden - nachdem er in den 1970er Jahren als Zeichner, Maler und Videokünstler begann.

 

Johnny Cash
Johnny Cash: American I, 1992

Blur
Blur, Parklife, 1994

Beastie Boys
Beastie Boys, Some Old Bullshit, 1994

Faith No More
Faith No More, King for a Day, 1995

Beck
Beck, Odelay, 1996

Bei diesem Cover musste ich sofort an Tim Flach und seine Tierbilder denken, Becks Cover zeigt die gleiche Rasse wie Flachs berühmtes Bild, einen Komondor - der Bob Marley der Hundewelt. Ein herrliches und informatives Video über diese Rasse sehen sie auf 101 dogs.

 

Tim Flach
Ein Konmondor von Tim Flach

Snowpatrol
Snow Patrol, Ask me how I am, 2000

The Mole
The Mole, One foot on either side of the ladder, 2005

Weezer
Weezer, Raditude, 2009

Seasick Steve
Seasick Steve, You can' t teach an old dog new tricks, 2011
Foto © Claire Sambrook

Dieses tolle Cover, so liebenswert präsentiert, habe ich auf flickr entdeckt. Sofort habe ich an eine charmante junge Band gedacht. Wie überrascht war ich jedoch, als sich Seasick Steve als ein 1941 in Oakland geborener Bluesmusiker herausstellte. Der Plattentitel - You can' t teach an old dog new tricks - bekommt eine neue Bedeutung, wenn man weiß, dass der Musiker 70 Jahre alt ist. Steve, der ein Leben als Hobo führte, nahm erst 2004 sein erstes Soloalbum auf. In Großbritannien erreichte er 2007 Popularität durch einen Auftritt in der Silvestershow von Jools Holland, wo er drei Titel spielte. (Alles nachzulesen auf Wikipedia). Nun, Jools Holland war heuer mit seiner Show im Porgy & Bess, einer seiner Gäste war Marc Almond, dessen "Vogel-Cover" ich Ihnen bei "Birds and Bears" gezeigt habe. Der Kreis schließt sich.

 

Die Grundlage zu dieser Sammlung bildete ein Bericht über Hundecover auf Four, einem Magazin für Kunst, Design, Lifestyle, Mode und anderen "dog-centric" Themen, die für Hundeliebhaber interessant sein können.

Joni Mitchells und Crosby, Stills, Nash & Young-Cover habe ich von einem Blog für Vinyl-Sammler, der täglich mehrere Platten fotografisch aufwendig dokumentiert. Danke!

 

Grafik, Musik
30. Dezember 2011 - 11:30

Weil ich mit Edwyn Collins den Bereich der Musik und der Vögel betreten habe, möchte ich gleich bei Musik bleiben und - ohne den Tag der Schallplatte im August abzuwarten - meine Plattensammlung nach Hundecover untersuchen.

Ich habe etwa 900 Schallplatten, leider (in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand) auch viele Maxis in einer bloß schwarzen oder weißen Hülle; die meisten Platten habe ich in der zweiten Hälfte der 80er Jahre gesammelt, etliche am Beginn der Neunziger. Nun kaufe ich nur mehr gelegentlich, das Sammeln wurde in jeder Hinsicht zu ausufernd.

Ich habe nur die Vorderseite der Platten betrachtet, sie nicht aufgeklappt oder umgedreht. Es hat mir Spaß gemacht, jede Platte wieder einmal in der Hand zu haben, aber ich habe bald bemerkt, dass in meiner Sammlung kaum Hundecover vorhanden sind, weshalb ich dann nach Tieren allgemein gesucht habe. Ich habe nichts weggelassen oder dazugefügt: Diese Platten stehen wirklich "nebeneinander" im Regal! Das Ergebnis ist natürlich in keinerlei Hinsicht aussagekräftig. Es sagt meinem Gefühl nach nicht einmal etwas über meine Musikvorlieben aus, es ist nur dem Vergnügen am Erstellen verpflichtet. Nur eine Tierart ist deutlich überrepräsentiert...

And the winner is? Die Vögel!

 

Edwyn Collins
Edwyn Collins, Losing Sleep, 2010

Edwyn Collins
Edwyn Collins, Coffee Table Song, 1989

Calexico
Calexico, Garden Ruin, 2006. Meine einzige Calexico-Platte, ich habe die Platte vor allem
wegen des wunderschönen Covers gekauft, inzwischen mag ich auch die Musik dieser LP sehr.

Shiny Gnomes
Shiny Gnomes, Some Funny Nightmares, 1987

The Notwist
The Notwist, The Devil, You + Me, 2008

Marc Almond
Marc Almond, Stories of Johnny, 1985

Cymande
Cymande, Cymande, 1972

 

An zweiter Stelle: Der Bär (inklusive Eis- und Teddy-)

Antony and the Johnsons
Antony and the Johnsons, Swanlights, 2009. Eine in jeder Hinsicht herzzerreißend
schöne Platte!

Iglu
Iglu, Eisbaer, 1990

British Sea Power
British Sea Power, Open Season, 2005

Martha and the Vandellas
Martha and the Vandellas, Come and get these Memories

 

Das Pferd, zweimal vertreten:

Frank Tovey & the Pyros
Frank Tovey & the Pyros, Grand Union, 1991

Goden Palominos
Goden Palominos, Golden Palominos, 1984

 

Zweimal auch der Delfin, davon einmal wieder der allerbeste Edwyn Collins mit Orange Juice:

Orange Juice
Orange Juice, You Can't Hide Your Love Forever, 1982

The Impossibles
The Impossibles, Delphis, 1991

 

Jeweils einmal: der Elefant, die Schafe, der Löwe, der Fisch, die Mäuse, die Fledermaus, das ausgestopfte Wildschwein.

The Brand New Heavies
The Brand New Heavies, The Brand New Heavies, 1990 (der Elefant in der Sonne ist das
Bandlogo und befindet sich auf all meinen BNH-Platten)

KLF
The KLF, Chill Out, 1990

Pucho & the Latin Soul Brothers
Pucho & the Latin Soul Brothers, Jungle Fire!, 1969

The Big Dish
The Big Dish, Swimmer, 1986

The UMC's
The UMC's, Blue Cheese, 1991

Meat Loaf
Meat Loaf: Bat out of Hell, 1977. Noch als Schülerin gekauft...
Tja, Tim Buckley hat leider keine Tiere auf seinen Plattenhüllen.

Gang Starr
Gang Starr, Daily Operation, 1992. Im Hintergrund - der ausgestopfte Wildschweinkopf  -
bildet er etwa ein kleines Vanitas-Stillleben mit dem Totenkopf?

 

Doch nun zu den Hunden:

Snoop Doggy Dogg
Snoop Doggy Dogg, Gin and Juice, 1993  

Van Morrison
Van Morrison, Days Like This, 1995

Mirwais featuring Craig Wedren, Miss You, 2002
Mirwais featuring Craig Wedren, Miss You, 2002. Dieses letzte, in Wirklichkeit viel
farbintensivere Cover besitze ich ohne Platte, ich habe es einem Freund abgeluchst, für den nur die Musik wichtig war.

 

Grafik, Musik
28. Dezember 2011 - 14:30

Die Blogeinträge über Rob Clarke und Charming Barker, die beide auch Vögel gemalt hatten, waren eigentlich nur Umwege oder besser Zubringer zu Edwyn Collins und seinen "Some British Birds", über die ich unbedingt berichten will – nur selten und in ganz wichtigen Fällen wird der Bereich der Hunde verlassen.

Zum Beispiel im Falle Edwyn Collins! Diesen wunderbaren Musiker (ehemals Orange Juice), dessen Fan ich seit über 25 Jahren bin, habe ich zuletzt im Februar 2011 im Wiener Porgy & Bess gesehen, erstmals nach seiner schweren Krankheit.

 

 

© petra hartl
Edwyn Collins am 26.2.2011 im Porgy & Bess in Wien

 

2005 erlitt Collins zwei Hirnblutungen, die zur Folge hatten, dass er weder sprechen, lesen, schreiben, gehen noch seine rechte Hand benutzen konnte. Nicht zuletzt mit dem Gitarrespielen war es damit für den Rechtshänder vorbei.

Während der folgenden drei Jahre hat Edwyn Collins, angeregt durch seine Frau, begonnen, Vögel nach Vorlagen zu zeichnen - und zwar mit seiner linken Hand. Das Buch "Some British Birds" gibt Einblick in diesen Prozess der Erholung; die Zeichnungen spiegeln seine Genesungsschritte wieder: Mit Collins wachsender Zuversicht schauen auch die Bleistift-Vögel zuversichtlicher von ihrem billigen Zeichenpapier herunter. Was anfänglich als Therapie gedacht war, wurde bald zum Vergnügen. Collins ging im ungestörten Zeichnen auf, er selbst beschrieb es als Wiedererlangung von Individualität und Würde.

 

Edwyn Collins: Some British Birds

Edwyn Collins: Some British Birds

Edwyn Collins: Some British Birds

Edwyn Collins: Some British Birds

Edwyn Collins: Some British Birds

Edwyn Collins: Some British Birds

Edwyn Collins: Some British Birds

 

(Wie Sie sehen, habe ich die Zeichnungen aus meinem Buch abfotografiert, die ersten ganz zarten Zeichnungen habe ich dilettantisch "verbessert", damit man sie erkennt. Bitte entschuldigen Sie die Qualität, hätte ich mich noch länger damit beschäftigt, wäre der Beitrag immer noch nicht feritg.)

Edwyn Collins hatte bereits als Kind gezeichnet, er kommt aus einer künstlerischen Familie, und er hatte schon immer Vögel geliebt und sie auch an ihren Flügeln erkannt. Mit acht Jahren hatte er einen verwaisten Grünfink aufgezogen, Jahrzehnte später retten ihm seine gefiederten Freunde wenn schon nicht das Leben, so doch das Überleben, geben ihm Freude und Optimismus zurück.

Mehr zu Edwyn Collins und seiner Genesung mit Hilfe des Zeichnens erfahren Sie zum Beispiel im Guardian-Beitrag "My feathered friends", im VICE-Interview "Edwyn Collins and His Birds of Recovery" oder im Quietus-Feature.

Collins Zeichnungen wurden 2008 auch in einer Einzelausstellung in der Londoner Smithfield Galerie präsentiert und natürlich war er Teilnehmner der Ausstellung "Ghosts of Gone Birds".

Kataj Behre, Creative Director des Labels "Elli Popp" verwendete in einer Kooperation mit Collins seine Vogelmotive zuerst für hochwertige Tapeten, dann auch für feines Porzellan.

 

 

Tapete mit Vogelmotiven von Edwyn Collins

 

Teller mit Vogelmotiven von Edwyn Collins

 

Teller mit Vogelmotiven von Edwyn Collins

 

Tapeten- und Teller-Fotos von craft2eu.net
 

Buch, Musik, Zeichnung
23. Dezember 2011 - 10:15

Mohamed Bourouissa, La Butte, 2007

 

Wieso sitzt der Hund auf einem Menschen, vielleicht auf seinem Menschen?

Was auf den ersten Blick rätselhaft und absurd erscheint, ist vielleicht die ironische Inszenierung der Thematik "Junger Macho mit Immigrationshintergrund und sein Kampfhund". Beide machen einen freundlichen entspannten Eindruck, der Hund scheint jedenfalls Gefallen an der gestellten Szene zu finden. Wenn man ein bisschen über den Künstler gelesen hat, liegt diese Vermutung nahe, denn der junge algerisch-französische und in Paris lebende Künstler Mohamed Bourouissa demontiert in seinen gemäldeartig konzipierten Fotografien gängige Klischees.

In seiner Fotoserie "Périphériques", die zwischen 2004 und 2008 entstand, liegt sein Augenmerk besonders auf den französischen Vorstädten, den Bewohnern - oft Zuwanderer - und deren Alltag. Dabei sind die Fotografien keine dokumentarischen Aufnahmen oder Teile einer Fotoreportage, sondern in aufwändiger Inszenierung der Realität nachgestellt. Bourouissa nimmt sich viel Zeit für die Auswahl der Standorte und der Protagonisten. Er entwirft Szenen voller Trostlosigkeit, latenter Aggression, Langeweile. Die soziale Problematik der Vorstädte liegt den Fotografien zwar inhaltlich zugrunde, Bourouissas Ansatz ist aber ein künstlerischer, die Bandlieus werden zum konzeptuellen Kunstobjekt. (vgl.dazu "Künstler hautnah")

 

Mohamed Bourouissa, La morsure, 2007

 

"La butte", der Hügel, heißt das oberste Bild mit Hund, und es nimmt für mich innerhalb der 25 Fotografien starken Serie insofern eine Sonderstellung ein, als die Situation sehr absurd, surreal und auch auf den ersten Blick inszeniert erscheint. Auch der Bildtitel gibt wohl absichtlich keine Erklärung. Die zweite Aufnahme heißt: "La morsure" - der Biss.

Wenn sie mehr über seine Arbeitsweise und Kunstform, die er als "emotionale Geometrie" bezeichnet, wissen wollen, empfehle ich ein Interview von seen.by

Bis zum 30. Dezember sind Arbeiten von Mohamed Bourouissa bei der Gruppenausstellung "Momentaufnahmen einer Generation" in der Wentrup Gallery Berlin zu sehen.

 

Ausstellung, Fotografie
20. Dezember 2011 - 20:22

Bis vorgestern waren die 15 Interventionen von Marianna Gartner "An Eye For An Eye" im oberen Belvedere zu sehen. Eigentlich wollte ich schon im September davon berichten; im November habe ich zur Einstimmung ein Bild Waldmüllers im Blog präsentiert, aber erst letztes Wochenende fand ich Zeit die Ausstellung anzusehen. Die Bilder, die Marianna Gartner großteils zu ausgewählten Werken der Sammlung gemalt hat - sie hat am Artist-in-Residence-Programm im Augarten Contemporary teilgenommen - waren über das ganze Belvedere verteilt, ich musste also beide Stockwerke aufmerksam abgehen, um die Exponate zu finden. Deshalb war ich auch erstmals in der Mittelalterabteilung, die mich wirklich begeistert hat (und nicht nur, weil in vielen mittelalterlichen Tafelbildern auch irgendwo ein Hund herumläuft). Gartners tätowierter Jesus (Tattooed Jesus, 2004) hat sich wunderbar in die gotische Bilderwelt eingefügt.

Die Arbeit der 1963 in Winnipeg geborenen kanadischen Künstlerin Marianna Gartner thematisiert und reflektiert die europäische Porträtmalerei und die beginnende Porträtfotografie des 19. Jahrhunderts. Damals wurden die Fotografierten noch vor bemalten Hintergründen abgelichtet. Auch die Porträtmaler dieser Zeit setzten ihre Modelle oft in erfundene Umgebungen.

 

Marianna Gartner und Ferdinand Georg Waldmüller

 

Gut erkennbar ist das bei Waldmüllers "Julia Comptesse Apraxin" von 1835, die in einer undefinierten Landschaftsidylle sitzt. Gartner bezieht sich in ihrer einzigen Intervention mit Hund auf dieses Bild. Ihr "Dogwalker" ist allerdings auf zwölf flache Holzquader gemalt, wobei in der untersten Reihe die Ordnung der Anordnung gestört wird - Mädchen- und Hundefüße werden vertauscht. Auch eine eindeutige Zeitebene wird destruiert: Der "Lassie" der 60er Jahre trifft auf ein Kind der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert.

 

Marianna Gartner, Dogwalker, 2011

 

Alte Fotografien anonymer Menschen, von namenlosen Fotografen aufgenommen, auf Flohmärkten und in Antiquariaten aufgestöbert, bilden also die Vorlage für Gartners Arbeiten. Diese werden für ihre Bilder natürlich nicht zur Gänze verwendet und 1:1 malerisch wiedergegeben, das hieße ja nur die Technik ändern, sondern aus unterschiedlichsten Ausgangsmaterialien präzise kombiniert. Sie erschafft durch diese Montage neue surreale und hintergründige Bildinhalte, die verstören und irritieren. Dabei hat sie ein Repertoire an Figuren, Attributen und Interieurs entwickelt, die immer wieder kehren: Soldaten, Matrosen, Kinder, Tiere - nicht zuletzt Hunde.

Im Folgenden sehen sie ihre Bilder mit Hund, die sie ab 2004 gemalt hat:

 

Marianna Gartner, Seated child with dog, 2004

Marianna Gartner, Somewhere in Europe, 2005

Marianna Gartner, Green chair soldier, 2005

Marianna Gartner, Pretty boy soldier with dog, 2006

Marianna Gartner, Soldier with girl and dog, 2007

Marianna Soldier, Sailor Gabor, 2007

Marianna Gartner, Double Whammy, 2007

Marianna Gartner, I hate birds, 2008

Marianna Gartner, Hinterlist, 2008

Marianna Gartner, Napoleon figure with Solomon, 2008

Marianna Gartner, Dog with butterfly, 2008

Marianna Gartner, Bad Friedrich, 2008

Marianna Gartner, Scene Mythologique, 2010

 

Zur Ausstellung erschien ein Katalog, der sehr informativ in Gartners Werk und Methode einführt und Sammlungsstücke und Interventionen nebeneinander stellt: Marianna Gartner. An Eye For An Eye, Hrsg. Agnes Husslein-Arco, Margrit Brehm, Verlag das Wunderhorn, ISBN: 9-783884-233856 (Deutsch/Englisch)

Alle Bilder © Marianna Gartner

Weitere Werke zum Beispiel auf der Homepage der Galerie Michael Haas.

 
Ausstellung, Buch, Malerei