Ausstellung

23. Dezember 2011 - 10:15

Mohamed Bourouissa, La Butte, 2007

 

Wieso sitzt der Hund auf einem Menschen, vielleicht auf seinem Menschen?

Was auf den ersten Blick rätselhaft und absurd erscheint, ist vielleicht die ironische Inszenierung der Thematik "Junger Macho mit Immigrationshintergrund und sein Kampfhund". Beide machen einen freundlichen entspannten Eindruck, der Hund scheint jedenfalls Gefallen an der gestellten Szene zu finden. Wenn man ein bisschen über den Künstler gelesen hat, liegt diese Vermutung nahe, denn der junge algerisch-französische und in Paris lebende Künstler Mohamed Bourouissa demontiert in seinen gemäldeartig konzipierten Fotografien gängige Klischees.

In seiner Fotoserie "Périphériques", die zwischen 2004 und 2008 entstand, liegt sein Augenmerk besonders auf den französischen Vorstädten, den Bewohnern - oft Zuwanderer - und deren Alltag. Dabei sind die Fotografien keine dokumentarischen Aufnahmen oder Teile einer Fotoreportage, sondern in aufwändiger Inszenierung der Realität nachgestellt. Bourouissa nimmt sich viel Zeit für die Auswahl der Standorte und der Protagonisten. Er entwirft Szenen voller Trostlosigkeit, latenter Aggression, Langeweile. Die soziale Problematik der Vorstädte liegt den Fotografien zwar inhaltlich zugrunde, Bourouissas Ansatz ist aber ein künstlerischer, die Bandlieus werden zum konzeptuellen Kunstobjekt. (vgl.dazu "Künstler hautnah")

 

Mohamed Bourouissa, La morsure, 2007

 

"La butte", der Hügel, heißt das oberste Bild mit Hund, und es nimmt für mich innerhalb der 25 Fotografien starken Serie insofern eine Sonderstellung ein, als die Situation sehr absurd, surreal und auch auf den ersten Blick inszeniert erscheint. Auch der Bildtitel gibt wohl absichtlich keine Erklärung. Die zweite Aufnahme heißt: "La morsure" - der Biss.

Wenn sie mehr über seine Arbeitsweise und Kunstform, die er als "emotionale Geometrie" bezeichnet, wissen wollen, empfehle ich ein Interview von seen.by

Bis zum 30. Dezember sind Arbeiten von Mohamed Bourouissa bei der Gruppenausstellung "Momentaufnahmen einer Generation" in der Wentrup Gallery Berlin zu sehen.

 

Ausstellung, Fotografie
20. Dezember 2011 - 20:22

Bis vorgestern waren die 15 Interventionen von Marianna Gartner "An Eye For An Eye" im oberen Belvedere zu sehen. Eigentlich wollte ich schon im September davon berichten; im November habe ich zur Einstimmung ein Bild Waldmüllers im Blog präsentiert, aber erst letztes Wochenende fand ich Zeit die Ausstellung anzusehen. Die Bilder, die Marianna Gartner großteils zu ausgewählten Werken der Sammlung gemalt hat - sie hat am Artist-in-Residence-Programm im Augarten Contemporary teilgenommen - waren über das ganze Belvedere verteilt, ich musste also beide Stockwerke aufmerksam abgehen, um die Exponate zu finden. Deshalb war ich auch erstmals in der Mittelalterabteilung, die mich wirklich begeistert hat (und nicht nur, weil in vielen mittelalterlichen Tafelbildern auch irgendwo ein Hund herumläuft). Gartners tätowierter Jesus (Tattooed Jesus, 2004) hat sich wunderbar in die gotische Bilderwelt eingefügt.

Die Arbeit der 1963 in Winnipeg geborenen kanadischen Künstlerin Marianna Gartner thematisiert und reflektiert die europäische Porträtmalerei und die beginnende Porträtfotografie des 19. Jahrhunderts. Damals wurden die Fotografierten noch vor bemalten Hintergründen abgelichtet. Auch die Porträtmaler dieser Zeit setzten ihre Modelle oft in erfundene Umgebungen.

 

Marianna Gartner und Ferdinand Georg Waldmüller

 

Gut erkennbar ist das bei Waldmüllers "Julia Comptesse Apraxin" von 1835, die in einer undefinierten Landschaftsidylle sitzt. Gartner bezieht sich in ihrer einzigen Intervention mit Hund auf dieses Bild. Ihr "Dogwalker" ist allerdings auf zwölf flache Holzquader gemalt, wobei in der untersten Reihe die Ordnung der Anordnung gestört wird - Mädchen- und Hundefüße werden vertauscht. Auch eine eindeutige Zeitebene wird destruiert: Der "Lassie" der 60er Jahre trifft auf ein Kind der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert.

 

Marianna Gartner, Dogwalker, 2011

 

Alte Fotografien anonymer Menschen, von namenlosen Fotografen aufgenommen, auf Flohmärkten und in Antiquariaten aufgestöbert, bilden also die Vorlage für Gartners Arbeiten. Diese werden für ihre Bilder natürlich nicht zur Gänze verwendet und 1:1 malerisch wiedergegeben, das hieße ja nur die Technik ändern, sondern aus unterschiedlichsten Ausgangsmaterialien präzise kombiniert. Sie erschafft durch diese Montage neue surreale und hintergründige Bildinhalte, die verstören und irritieren. Dabei hat sie ein Repertoire an Figuren, Attributen und Interieurs entwickelt, die immer wieder kehren: Soldaten, Matrosen, Kinder, Tiere - nicht zuletzt Hunde.

Im Folgenden sehen sie ihre Bilder mit Hund, die sie ab 2004 gemalt hat:

 

Marianna Gartner, Seated child with dog, 2004

Marianna Gartner, Somewhere in Europe, 2005

Marianna Gartner, Green chair soldier, 2005

Marianna Gartner, Pretty boy soldier with dog, 2006

Marianna Gartner, Soldier with girl and dog, 2007

Marianna Soldier, Sailor Gabor, 2007

Marianna Gartner, Double Whammy, 2007

Marianna Gartner, I hate birds, 2008

Marianna Gartner, Hinterlist, 2008

Marianna Gartner, Napoleon figure with Solomon, 2008

Marianna Gartner, Dog with butterfly, 2008

Marianna Gartner, Bad Friedrich, 2008

Marianna Gartner, Scene Mythologique, 2010

 

Zur Ausstellung erschien ein Katalog, der sehr informativ in Gartners Werk und Methode einführt und Sammlungsstücke und Interventionen nebeneinander stellt: Marianna Gartner. An Eye For An Eye, Hrsg. Agnes Husslein-Arco, Margrit Brehm, Verlag das Wunderhorn, ISBN: 9-783884-233856 (Deutsch/Englisch)

Alle Bilder © Marianna Gartner

Weitere Werke zum Beispiel auf der Homepage der Galerie Michael Haas.

 
Ausstellung, Buch, Malerei
19. Dezember 2011 - 11:22

Gundula Schulze Eldowy
© Gundula Schulze Eldowy

 

Ich kann nicht beschreiben, weshalb mich dieses Bild so unsäglich bewegt, schon beim ersten Ansehen rührte es mich zu Tränen: Liebe und Verzweiflung. Die knochigen großen Hände, die die Tasche mit dem Hund umklammern, der Hund – ruhig und entspannt hängen die Pfoten - lehnt sich vertrauensvoll an seinen Menschen, nur der Blick drückt Skepsis aus. Was mag die Geschichte hinter diesem Foto sein - hoffentlich ist alles gut gegangen!

Das Buch zum Foto: Gundula Schulze Eldowy: "Berlin in einer Hundenacht", Lehmstedt Verlag; 245 Seiten;  ISBN-10: 3942473151, ISBN-13: 978-3942473156; 29,90 €

 

Gudrun Schulze Eldowy, Berlin in einer Hundenacht - Buchcover

 

Zwei Ausstellungen in Berlin zeigen zur Zeit das Werk der herausragenden, sozialkritischen Fotografin Gudrun Schulze Eldowy, die im Ostberlin der späten siebziger und achtziger Jahren die ärmliche Welt von Arbeitern, Rentnern und gesellschaftlich Deklassierten dargestellt hat und nach dem Ende der DDR nach New York zog.

"Die frühen Jahre. Fotografien 1977 bis 1990" bei C/O Berlin, vom 10. Dezember 2011 bis zum 26. Februar 2012 sowie die Doppelausstellung "Verwandlungen: Fotografische Serien nach 1990" im Kunst-Raum des Deutschen Bundestages und "Den letzten beißen die Hunde. Eine Fotoinstallation der Wendezeit" im Mauer-Mahnmal im Deutschen Bundestag, beide vom 29. September 2011 bis zum 26. Februar 2012.

Mehr über die Fotografin z.B. auf Spiegel Online.

 

Ausstellung, Buch, Fotografie
23. November 2011 - 10:30

Mein letzter Blogeintrag galt dem japanischen Fotografen Daido Moriyama, der auch von Weegee beeinflusst war. Da passt es sehr gut, dass die Galerie Westlicht eben jenen Weegee (eigentlich Usher Felling) ab 22.11.2011 erstmals in Wien in einer Retrospektive zeigt.

Weegees Aufnahmen mit Hund habe ich dem Blog "Fans in a Flashbulb" entnommen, der Bilder aus der Sammlung des International Center of Photography thematisch aufbereitet.

 

Weegee, 1.2.1944

 

Kaum zu glauben, welch sanftes Bild der amerikanische Fotograf, der das Genre der street photography hervorgebracht hat, zu meinem Hundeblog beisteuern kann. Eigentlich waren Unfälle, Mafiamorde und Brandkatastrophen sein Metier! Auch dieser Welpe ist ein Geretteter eines Feuers. Ein Feuerwehrmann merkte, dass Ritz eine gebrochene Pfote hatte, wickelte ihn in eine Decke und brachte ihn auf die Straße.
 

Ab 1938 war Weegee der erste Pressefotograf, der ganz offiziell mit Polizeifunk ausgestattet war, oft war er der erste an den Schauplätzen; seine Aufnahmen des Geschehens - Mord, Totschlag, Gewalt, Ausschreitungen und dazugehörige Schaulustige - im oft nächtlichen New York wurden in den einschlägigen Boulevardzeitungen veröffentlicht.

 

Weegee, 20.12.942

 

Oben macht sich ein Schaulustiger ausnahmsweise nützlich, er schützt Smokey mit seinem Schirm. Obdachlose und  gesellschaftlich Abgedrängte waren ebenso fotowürdig wie Stars und Sternchen. Unten sehen Sie Gypsy Rose Lee, ein Jurymitglied beim "Miss Phantasmagoria Contest", mit ihrem Hund.

 

Weegee, 1961

 

Die letzte Aufnahme stammt vom Sommer 1942 und wurde in einem Verein inmitten von Little Italy gemacht, wo Dixie Girl, angeblich eine Mischung aus belgischem Schäferhund und schwarzem Spitz, sieben Welpen auf einem Billardtisch gebar. Sie sollten Maskottchen zu Ehren von 32 Vereinsmitgliedern werden, die in der Armee dienten.  "V for Victory" wurde hier mit einen Tag alten Welpen dargestellt.

 

Weegee, 2.8.1942

 

Ausstellung, Fotografie
10. November 2011 - 14:49

Pavel Feinstein, 2008

Pavel Feinstein, 2005

 

Ein Künstler, in dessen Werk immer wieder Hunde, ob alleine, mit Menschen oder - wie in diesem Fall - mit Affen vorkommen, ist Pavel Feinstein. 1960 in Moskau geboren, wuchs Pavel Feinstein in Duschanbe, im heutigen Tadschikistan, auf. Von 1980 bis 1985 studierte er an der Hochschule der Künste in Berlin. Seitdem lebt und arbeitet der Künstler in Berlin.

Der Maler stellt die Hunde und die sie umgebenden Mensche in nicht näher definierten, aber altertümlich anmutenden Innenräumen dar, die Situationen erscheinen unsicher, die Blicke fragend - welche Bedeutung haben Mensch und Tier füreinander?

 

Pavel Feinstein, 2005

Pavel Feinstein, 2005

Pavel Feinstein, 2004

Pavel Feinstein, 2008

Pavel Feinstein, 2008

 

Vom 23. September 2011 bis zum 29. Januar 2012 sind Feinsteins neueste Werke in der Ausstellung "Der Biss der Muse" in der Spandauer Zitadelle - Ausstellungssäle Bastion Kronprinz / Berlin Spandau zu sehen.

Viele weitere Werke und Informationen zum Künstler finden sie iauf der Homepage der Galerie Tobias Schrade, der Galerie KK  Klaus Kiefer, nicht zuletzt auf Feinsteins Homepage.

Alle Bilder © Pavel Feinstein

 

Ausstellung, Malerei
1. November 2011 - 19:39

Luc-Olivier Merson_Der Wolf von Aggubio, 1877

 

Wie erstaunt war ich beim Besuch der Ausstellung "Wintermärchen" im Wiener Kunsthistorischen Museum, als mein Blick in einem der Kabinette, in dem die - angeblich - weniger bedeutenden Arbeiten hängen, auf den Wolf mit Heiligenschein fiel: So eine Darstellung hatte ich noch nie gesehen. Das untere Bild zeigt das ganze, 1877 entstandene Gemälde, das nach Ausstellungsende wieder im französischen Lilie zu sehen sein wird.

 

Luc-Olivier Merson_Der Wolf von Aggubio, 1877

 

Der Text des Gastkurators Roland de Leeuw (Seite 349) im Ausstellungskatalog gibt nähere Auskunft über dieses stimmungsvolle Genrebild. So habe sich Merson vor allem mit religiösen Themen beschäftigt, die in der Zeit des französischen Realismus nicht gerade en vogue waren. Er zeigte seinen "Loup d'Agubbio" beim Pariser Salon von 1878, wo das wenig erhabene Thema bemängelt wurde und ein Kritiker sich darüber erstaunt zeigte, dass Merson den zahmen Wolf mit Heiligenschein versehen hatte. Nun, der Kritiker hatte, ebenso wie ich, keine Ahnung vom Hintergrund der Geschichte. Sie ist den "Fioretti" des Franz von Assisi entnommen: Ein hungriger Wolf sucht die Stadt Agubbio heim und verschlingt seine Angreifer. Franz von Assisi zähmte den Wolf, der dann zwei Jahre in dem italienischen Städtchen weiterlebte und von den Bewohnern versorgt und von den Hunden ignoriert wurde.

Eine frühere, sommerlichere Bearbeitung des Stoffes nahm Il Sassetta beim Flügelaltar des heiligen Franziskus von 1437-1444 vor, den wesentlichen Ausschnitt sehen Sie unten. Der Wolf hat noch keinen Heiligenschein, gibt aber schon Pfote - nachdem er seinen Hunger gestillt hat (siehe Bildmittelgrund).

 

Il Sassetta: Altarbild des Flügelaltars des Hl. Franziskus, 1437-1444'
 

Ausstellung, Malerei
4. Oktober 2011 - 12:07

Heidi Mollwitz, Lump und sein Picasso, 2011
Heidi Mollwitz: Lump und sein Picasso, 2011

 

Heuer findet zum zweiten Mal die Wanderausstellung "DogArt - verrückt nach Hund" statt, die bereits in mehreren deutschen Städten Station machte. Im Oktober folgen noch Dortmund und Hannover. Da in jeder Stadt zwei Werke ansässiger Künstler dazu kommen, werden die Hannoveraner die umfassendste Ausstellung sehen: Großformatige Arbeiten zum Thema Hund - Acryl auf Siebdruckplatte, wetterfest gemacht - und in öffentlichen Parks präsentiert. Viele Rassen und Hundemixe wurden gemalt, als Einzelporträt oder als Rudelbild, mit Mensch oder anderen tierischen Freunden

Auf der Homepage gibt es auch einen Rückblick auf 2010. Folgende Werke finde ich besonders gelungen:

 

Engelbert Müller, o.T. 2010
Engelbert Müller: o.T. 2010
 

Matthias Kroth, o.T., 2010
Matthias Kroth: o.T., 2010

Jochen Krüssmann, Buick Spezial 1953, 2010
Jochen Krüssmann: Buick Spezial 1953, 2010

 

Initiiert wurde die Ausstellung von der Tierärztlichen Klinik Birkenfeld (Rheinland-Pfalz). Kern der Aus­stellung bilden die Werke von fünfzehn Künstlern der Europäischen Kunstakademie Trier.

Alle Bilder stammen von der Hompage des Veranstalters.

 

Ausstellung, Malerei
29. September 2011 - 10:50

"Ein ängstlicher Hund und andere", heißt die Ausstellung von Peter Könitz in der Galerie Zur Försterei 11 in Grüppenbühren, die nur noch bis 2. Oktober läuft. Die Namen der Kunstobjekte seien die Verbindung vom metallenen Werk zum Betrachter, so der Kunstkritiker Jürgen Weichardt, mit deren Hillfe das abstrakte Objekt im Kopf zur realen Vorstellung werde. Die Kunstwerke seien teils von verblüffenden Schlichtheit und Lapidarität, so die NWZ online.

 

 

Peter Könitz - Ein ängstlicher Hund, 2006
Peter Könitz: Ein ängstlicher Hund, 2006, Edelstahl, Teppich, Elektromotor / © Peter Könitz

 

 

 

Interessierte Besucher bestaunten Kunst an einem außergewöhnlichen Ort. Mit neun weiteren Künstlerkollegen veranstaltete die Malerin Ilse Voigt ihre fünfte "Ausstellung im Garten" in der Mühlgasse in Netzbach.

"Die Künstler, jeder in seinem speziellen Gebiet, lassen sich inspirieren von der Vielfalt der Möglichkeiten. Es ist die Aufmerksamkeit für die Formschönheit, die sich in der Natur findet und sie stetig motiviert. Und die natürliche Schönheit ihrer unterschiedlichen Materialien ist der Ausgangspunkt für ihre Arbeiten. Jedes ihrer Objekte für den Garten ist ein auf seine Weise künstlerisch gestaltetes, handgefertigtes Unikat. Eingebunden in das traumhaft angelegte Gartengelände bringen sie Bewegung in die Landschaft und setzen extravagante Akzente", schreibt Rolf-Peter Kahl in der Nassauische Neue Presse.

Die Werke des experimentellen Künstlers und Objektmachers Ferdinand Merkens aus Weidenbach sorgten für Gesprächsstoff.

 

 

Ferdinand Merkens
Foto: Rolf-Peter Kahl
 

 

Die eintrittsfreie Ausstellung - sie war nur an zwei Wochenenden zu sehen - diente auch heuer wieder einem guten Zweck - Spenden wurden der Hospizgruppe Diez zugeführt. Als Nachlese empfehle ich den Text von Rolf-Peter Kahl, ein Beispiel außergewöhnlich liebenswerter und wertschätzender Ausstellungs-Berichterstattung.

 

 

 

Seit 1996 ist auf Schloss Bönnigheim die Sammlung von Charlotte Zander untergebracht, die im Laufe von 60 Jahren über 4000 Gemälde und Skulpturen vor allem der Naiven Kunst und der Art Brut versammelt hat (auch "Gugging-Künstler" sind vertreten). Bis 5. Februar 2012 findet eine Sonderausstellung zum Thema "Tiere - Tiere - Tiere - zu Wasser, zu Lande, in der Luft" statt. In den ausgestellten Werken zeigt sich das besondere Verhältnis der Künstler zu den Tieren, die für sie oftmals Wegbegleiter im realen Leben, aber auch in der Kunst sind.

Da Charlotte Zander nicht nur Sammlerin, sondern auch Tierschützerin ist, gestaltete sie die Ausstellung gemeinsam mit der Tierschutzorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of Animals), deren wissenschaftlicher Berater, Dr. Edmund Haferbeck, bei der Vernissage zu den Themen Tierhaltung, Tierproduktion und Tierschutz sprach.

Nicht nur manches Exponat, auch der einführende Text der Bietigheimer Zeitung online mutet surreal verfremdet an.

 

28. September 2011 - 10:05

Zur Zeit findet in Berlin im Martin-Gropius-Bau eine Retrospektive des amerikanischen Fotojournalisten W. Eugene Smith (1918-1978) statt, dessen Werk sein politisches und soziales Engagement widerspiegelt. Er setzte einerseits Maßstäbe, was die technische Perfektion seiner Fotos anlangte und andererseits in seinem Streben nach Abbildung der "Wahrheit" und "Essenz", die ihm wichtiger war als die "Wirklichkeit": Immer auf der Suche nach dem perfekten Foto stellte er Szenen nach oder bearbeitete die Aufnahmen nachträglich, um sie authentischer erscheinen zu lassen.

 

Wie lange und wie viele Versuche hat er wohl gebraucht, um den Hund in dieser springenden Position abzulichten?

 

 

Eugene Smith - A dog with soldiers
Foto vom Blog "RCTC-Photo"

 

 

Anerkannt wurde er nicht nur für seine Bildreportagen vom 2. Weltkrieg, auch seine Reportagen über einen Landarzt oder eine Hebamme bei der Arbeit und Albert Schweitzer in Lambaréné waren wegweisend. Seine erschütternden Aufnahmen vom Umweltskandal im japanischen Minamata halfen mit, den Chemiekonzern Chisso vor Gericht zu bringen. Seine aufwändig recherchierten Foto-Essays wurden in zahlreichen Magazinen, darunter auch Life und Time, abgedruckt. Er wird zum Begründer des Fotojournalismus in Form von Foto-Essays, die Bedeutung der Fotos geht über das reine Illustrieren der Texte hinaus.

Die Menschlichkeit, Anteilnahme am Sujet, die er über seine Foto-Essays transportieren wollte, um beim Betrachter so etwas wie soziale Verantwortung zu erreichen, spricht auch aus dem Foto des Affen und der Katze. Wie zwei einander beschützende Überlebende einer feindlichen Welt wirken die beiden auf mich.

 

 

Eugene Smith, 1954
Foto vom Blog "The Old Familiar Faces"
 

W. Eugene Smith war auch Mitglied bei Magnum, der von Henri Cartier-Bresson gegründeten Fotoagentur. Bei der Suche nach weiteren Hundebildern bin ich auf auf der Magnum-Seite auf den Foto-Essay "Life Without Germs" (Leben ohne Keime) gestoßen, der 1949 in den Forschungslabors der Universität Notre Dame in Indiana/USA aufgenommen wurde.

Ich möchte auf meinem Blog niemanden mit Bildern unbeschreibbarer Tierfolter überraschen, weil ich weiß, wie sich Bilder in das Gehirn brennen und das eigene Leben zur ohnmächtigen Qual wird, wenn man sich auch nur vorzustellen versucht, was die Tiere überall auf der Welt gerade in dieser Sekunde erleiden müssen. Deshalb nur dieses eine Bild der Säuglinge. Weitere Fotos finden sich auf der Magnum Fotostrecke.

 

Eugene Smith: Life without germs, 1949
© Magnum Photos
 

Im Unterschied zu heute schienen 1949 Fotoreporter ungehindert in Labors fotografieren zu dürfen, um den "Kampf gegen Keime" zu dokumentieren, Tierversuche stellten vermutlich kein ethisches Problem dar. (Obwohl ich den Artikel nicht kenne, lese ich Smith's Fotos nicht als Fotoreportage gegen Tierversuche). Oberflächlich betrachtet steht die Öffentlichkeit heute Tierversuchen zu kritisch gegenüber, als dass sich ein Unternehmen oder eine Forschungseinrichtung mit solch einer Foto-Strecke präsentieren würde. Die Folter geschieht heute versteckter, heimlicher, die Aufzucht der Opfer industrialisierter.

Es verwundert nicht, dass jemand, der nicht nur von seiner Arbeit, sondern auch von deren perfekten Ausführung besessen war und sich zeit seines Lebens mit vor allem menschlichem Leid auseinandersetzen musste, an Drogen- und Alkoholmissbrauch litt. Besessene Ablenkung erhielt Smith in einem New Yorker Loft, in dem er die dort arbeitenden Jazzmusiker (Thelonius Monk, Charles Mingus, Miles Davis, Ornette Coleman u.a.) porträtierte. Erst 1998 wurden 4000 Stunden Tonmaterial sowie 40 000 Einzelaufnahmen in seinem Nachlass gefunden. Seine Schallplattensammlung umfasste etwa 25 000 Stück.

 

20. September 2011 - 9:47

"Lean on me, if you're not strong", heißt eine Serie von Zeichnungen der Künstlerin Susanna Schwarz, die die Frage offen lässt, wer hier wen zum Anlehnen auffordert. Wer ist der Schwache und Anlehnungsbedürftige in dieser Tier-Mensch-Beziehung? Die Antwort oder bloß eine humorvolle Ergänzung mag ein Igelaquarell geben.

Auch andere Bildtitel - true love is cruel love - würde ich nicht zuallererst bei Zeichnungen von Mensch und Hund vermuten.

Obwohl das Werk der Künstlerin auch aus Malerei und Holzschnitten besteht, gefallen mir vor allem die Zeichnungen: wegen ihrer klaren Linienführung, der Großzügigkeit des Formats (oft 100x70 cm) und dem originellen Material (Edding). Zuneigung, Nähe, Erwartung werden kompositorisch gelungen inszeniert.

Hasen, Fische und Vögel sind neben Hunden die bevorzugten Tiere ihrer Aquarelle, wenngleich sie auch von mehr Distanz, Funktionalisierung oder Ironie erzählen.

 

Lean on me, if you're not strong II

Caro und Cora II

Hamburg Altona

True love is cruel love III

True love is cruel love IV

Edding auf Papier

Lean on me when you're not strong

Lean on me when you're not strong

Susanna Schwarz: Lean on me when you're not strong, 2010

 

Das Häschen schummle ich für meine Kaninchenfreunde Dagmar und Martin sowie Min und Erwin zwischen die Hundebilder.

 

Susanna Schwarz: Lean on me when you're not strong, 2010

Wetterleuchten

Pingpong, 2008

Bianca Neve 1, 2005

Saluki, 2004

Fluch der Karibik, 2004

Lupo, 2004

 

Die Künstlerin, die 2006 ihr Diplom an der Akademie der bildenden Künste bei Prof. Damisch absolvierte, wird ab 14.10.2011 bei der Ausstellung "The Excitement Continues" - Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Leopold II vertreten sein.

Susanna Schwarz ist Teil der Künstlerinnengruppe "Die 4 Grazien", von deren Homepage die Bilder stammen / © Susanna Schwarz

 

Ausstellung, Malerei, Zeichnung