Skulptur

30. Oktober 2012 - 11:59

Hörner/Antlfinger, Kramfors, Foto © Edith Ruß Haus

 

Eine Kalbskulptur aus Leder ...

 

Hörner/Antlfinger, Kramfors, Foto © Edith Ruß Haus

 

... und oben deren dreidimensionale Schnittmustervorlage. Das Ungewöhnliche daran: Das Leder stammt von einer Couch im Haushalt des Künstlerduos Hörner/Antlfinger. Die Idee dahinter: einen Diebstahl rückgängig machen, die gestohlene Haut zumindest symbolisch einem Tier zurückgeben. Die Installation heißt "Kramfors", nach dem IKEA-Namen der Couch.

Es gibt nicht viele KünstlerInnen, die unser Verhältnis zum Tier thematisieren, dabei den Bereich der Chimären (Mischwesen) oder der Taxidermie (Tierpräperation) verlassen und sich den von uns so genannten Nutztieren zuwenden. Hörner/Antlfinger widmen sich dem Mensch-Tier-Verhältnis im Bereich der Massentierhaltung, in dem das Tier wird nicht mehr als Lebewesen, sondern nur mehr als Lebensmittel betrachtet wird. Als Eigentum/Objekt des Produzenten ist es rechtlos. Das Künstlerpaar wirft die Frage nach den Rechten der "Nutztiere" auf: Unser Verhältnis zu diesen Tieren gehöre zu den wichtigsten Themen und  Fragestellungen des 21. Jahrhunderts, postulieren sie auf der Pressekonferenz zu ihrer Ausstellung "Discrete Farms. Irgendwo muss das Fleisch doch herkommen" im Oldenburger Edith-Ruß-Haus für Medienkunst.

Das Kölner Duo setzte sich mehrere Monate mit der Tierproduktion in Niedersachsen auseinander, es recherchierte im Internet, führte Gespräche, wollte Mastställe sehen. Doch kein Tierfabrikant ließ das Paar in seinen Betrieb. Die "Bauern" (Antlfinger nennt sie "Stellschrauben im Produktionsprozess") verbergen die Zustände: Discrete Farms demnach, Die Wahrheit der Lebensrealität der Tiere ist den Menschen anscheinend nicht zumutbar.

"Rund 36,5 Millionen Masthühner wurden nach Angaben des Landesbetriebs für Statistik 2010 in Niedersachsen gehalten, 70 Prozent davon in Ställen mit 50 000 Tieren und mehr. Immer weniger Betriebe halten immer mehr Tiere - dieser Trend setzt sich der aktuellen Landwirtschaftszählung (Stand: März 2010) zufolge in Deutschland gerade bei der Haltung von Schweinen und Geflügel zunehmend durch. Bei beidem ist Niedersachsen bundesweit der Spitzenreiter." (Zitat Kreiszeitung)

Mit dem Projekt factory≠farm (2011/12) unternimmt das Künstlerpaar eine politische, ortsbezogene, künstlerische Untersuchung. Dabei stellen sie die gigantischen Massentierhaltungen im Oldenburger Land dem romantisierten Bild des Bauernhofes gegenüber, untersuchen sie das heikle Verhältnis zwischen Menschen und nichtmenschlichen Tieren sowie die Medialisierung der Agrarwirtschaft, in der Bauern und Tierhaltung noch immer positiv besetzt sind. Welchen Einfluss haben solche Imaginationen auf die physische, die "reale" Welt?

"Das Bild des Bauernhofs dient heute als Projektion für eine akzeptable Behandlung von Tieren. Diese Projektion überdeckt den aktuellen Kontext der Fleischproduktion, die Fabrik", so das Künstlerpaar. Vorstellungen von "Bauernhöfen" als idyllische Familienbetriebe und würdige Lebensorte von Tieren stehen im Widerspruch zu einer hochautomatisierten Tierindustrie, in der Massenaufzucht in Megaställen und Schlachtung am Fließband den alltäglichen Konsum von Tierprodukten ermöglichen.

In "Bauer Kybers Operations Room" entwerfen die Künstler eine surreale Welt, in der die Vorstellung vom ländlich-idyllischen Bauernhof und die realen »Black-Boxes« Massentierhaltung eine unheilige Verbindung eingehen. Auf drei Bildschirmen in der angedeuteten Bauernstube flimmern winzige Dreiecke, die Hähnchen in einem Stall in realitätsgetreuem Maßstab darstellen. Am Monitor kann der Bauer den Stall komplett überwachen, per Knopfdruck die Temperatur regeln, den Boden reinigen oder die Tiere füttern. Betreten muss er den Betrieb nicht mehr.

 

Hörner/Antlfinger, Foto © dpa

 

Oben sehen sie das Künstlerpaar mit einer Hasenpuppe. In drei Videoarbeiten sprechen zwei handgeschneiderte Hasenpuppen als deren Alter Egos über über alternative Modelle zum Fleischkonsum. Dialog als künstlerische Methode: Gespräche untereinander als künstlerische Form, die dem Publikum präsentiert werden, und Gespräche mit dem Publikum zu unterschiedlichen Projekten, Aktionen und Installationen.

"In Videosequenzen führen die beiden Hasen, flankiert von den Künstlern in militanten Aktivistenoutfits, Gespräche über Haltungsformen, Fleischkonsum und Tierrechte. Gespräche, die wie Bekennerbotschaften daherkommen, aber so normal sind, dass sie auch am Kneipentresen geführt werden könnten. Die beiden Hasen diskutieren über Veganismus oder Missionierungsbemühungen, reden über Agitationsformen und philosophieren darüber, warum es in Frankreich eine Vorschrift gibt, nach der jede Schulmahlzeit Fleisch beinhalten müsse, aber keine, die etwa einen vegetarischen Tag pro Woche festlegt." (Zitat taz)

 

Hörner/Antlfinger, Videostill

Hörner/Antlfinger, Discrete Farms

 

Das gesamte Œuvre von Hörner/Antlfinger baut auf Kommunikation in unterschiedlichen Formaten wie 3-D-Animationen, (virtuellen) Dialogen, Puppenspiel-Adaptionen, Soundskulpturen und Videoarbeiten auf. Ihr Projekt "Discrete Farms" entstand während eines Arbeitsstipendiums, das das Edith-Ruß-Haus für Medienkunst einmal im Jahr vergibt. Ute Hörner unterrichtet an der Kunsthochschule für Medien Köln. Beide leben mit Tieren und vegan.

Die Ausstellung, die bis zum 25. November zu sehen ist, zeigt nicht nur "Discrete Farms", sondern bietet auch eine Retrospektive auf das politisch-engagierte Werk von Hörner/Antlfinger seit den 1990er Jahren. Zur Ausstellung findet ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Führungen, Tierrechtsvorträgen und Kochworkshops (Kochen ohne Knochen) statt.

Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Katharinenstraße 23, D-26121 Oldenburg. Öffnungszeiten: Di–Fr 14.00–18.00 Uhr, Sa+So 11.00–18.00 Uhr, Mo geschlossen

Zum Weiterlesen: Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Homepage von Hörner/Antlfinger, Hochschule für Medien Köln, taz, Wechselausstellung, eigene werte, Kreiszeitung

 

21. Oktober 2012 - 16:00

Four and Sons

 

Ganz sicher habe ich das australische Online-Magazin Four & Sons schon mehrmals als Inspirationsquelle für meinen Blog erwähnt, beschäftigt es sich doch mit Hunden, mit Kultur und allen Überschneidungsmengen, die sich daraus ergeben: Hund und Mode, Hund und Design, Hund und HundehalterInnen, Hund und Reisen, Hund und Lebensstil, aber natürlich auch Hund und Kunst. Alle Beteiligten sind HundenärrInnen, HundeliebhaberInnen, die mit viel Engagement die Kreativen aufspüren, die sich mit unserem besten Freund und seiner Beziehung zu uns beschäftigen.

Nun gibt es den Plan zum einjährigen Geburtstag des Magazins eine Printausgabe mit den vorgestellten KünstlerInnen der letzten zwölf Monate herauszugeben - und mit neuen, frischen, überraschenden Inhalten. Ich gehöre zu den Menschen, die an Druckerzeugnissen riechen, den Duft einsaugen. Noch vor dem Befühlen des Papiers und dem Aufschlagen ist das der erste Genuss. (Erinnert sich noch jemand - meine älteren LeserInnen - an die hektografierten Matritzen der Schulzeit, die mit Hilfe von Spiritus vervielfältigt wurdent? Wikipedia spricht in diesem Zusammenhang von charakteristischem penetranten Ethanolgeruch - die Schweizer sagten Schnapsmatritzen dazu!). Kein Online-Magazin kann ein gedrucktes Produkt ersetzen!

Four & Son sucht nun Unterstützer, die das Projekt (Finanzierung von Druck und Vertrieb) ermöglichen. Ab einem Dollar ist man als Unterstützer dabei, und der wird auch nur dann abgebucht, wenn das Projekt genügend Spender zur Realisierung findet. Ab 10 Dollar bekommt man die Print-Ausgabe. Vielleicht haben Sie Lust, Sie können noch bis zum 30.Oktober 2012 mitmachen. Insgesamt werden 1500 Dollar benötigt.

 

 

Ich spendete auch einen kleinen Betrag - meine Motivation war - siehe oben - aber eigentlich das kleine quadratische Fensterchen im Widget, aus dem Rocco hervorguckt. Ich liebe dieses Foto, zeigt es meinen ehemals armen räudigen Rocco so gesund und stark!

http://fourandsons.com/, zur Pozible-Kampagne

 

Buch, Fotografie, Grafik, Malerei, Skulptur
6. September 2012 - 19:00

Beim Betrachten des letzten Eintrags auf Moiras Dog Art Today fiel mir die Künstlerin Suzy Gonzalez auf, die an der "Dog Park" - Ausstellung in der G Gallery in Houston teilnimmt:

 

© Suzy Gonzalez

 

Ihre Hund-Mensch-Kombinationen erinnerten mich sofort an Deborah Sengl. Im Werk der 1974 geborenen österreichischen Künstlerin spielen Tiere die Hauptrolle, natürlich bevölkern da auch viele Hunde ihre Bilder. Meistens malt sie Mischwesen aus Hund und Mensch, manchmal begleiten die Hunde auch andere Chimären.

 

Pudelzüchter, 2004 © Deborah Sengl

Pudelzüchterpreis, 2006 © Deborah Sengl

Hansi Hinterseer, 2007 © Deborah Sengl

Blindenhund, 2005 © Deborah Sengl

Erdbebenhund, 2005 © Deborah Sengl

Deutscher, 2005 © Deborah Sengl

Dobermannpolizisten, 2006 © Deborah Sengl

Hundeskater, 2004 © Deborah Sengl

Hundepensionist, 2005 © Deborah Sengl

Hasenhundefänger, 2010 © Deborah Sengl

Hirschjäger, 2004 © Deborah Sengl

Hasenlangläufer, 2004 © Deborah Sengl

Stillende, 2009 © Deborah Sengl

Stillende, 2009 © Deborah Sengl

Stillende, 2009 © Deborah Sengl

Family Affairs, 2009 © Deborah Sengl

Family Affairs, 2011 © Deborah Sengl

Staffordshirejogger vor Marathonhunden, 2005 © Deborah Sengl

 

Deborah Sengl stelt seit 1995 national und international aus. Zur Zeit ist sie mit Werken in der Galerie Deschler in Berlin sowie der Galerie 422 in Gmunden vertreten.

alle Bilder © Deborah Sengl

 

Malerei, Skulptur, Zeichnung
4. Juni 2012 - 9:58

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

©Holy Smoke

 

Als ich diese sympathischen Hunde das erste Mal auf Dog Milk Today gesehen hatte, vermutete ich, dass sie sehr klein, vielleicht 10 cm oder in der Größe von Schlüsselanhängern seien. Doch es sind bis zu 50 cm große Skulpturen! In Handarbeit hergestellt werden sie von der Britin Holy Smoke, die dazu nur altes Leinen, Nadel und Faden braucht. Jeder Hund hat einen einzigartigen unverwechselbaren Gesichtsausdruck, ich bilde mir sogar ein, mögliche Rassen zu erraten. Da nicht alle Säume "schön" gestaltet sind, gewinnen die Hunde an ihren ausgefrasten Ohren ganz besonders viel Persönlichkeit! Die Texturen sind glatt (Windhunde?) oder grob, einer schaut aus, als hätte er gerade eine Rauferei hinter sich. Jeder ist ein Unikat!

 

Auf Holy Smokes Homepage können sie noch viele andere Hunde, aber auch Vögel und Vogelnester sehen, über ihren Online-Shop sind auch Grußkarten erhältich.

 

alle Fotos © Holy Smoke

 

 

Skulptur
30. April 2012 - 10:03

Mark Jenkins, Asategue, 2005

Mark Jenkins, Asategue, 2005

Mark Jenkins, Baltimore, 2005

Mark Jenkins, Osnabrück, 2008
Mark Jenkins, Sculptures, 2008; Exhibition "fresh air smells funny" at
Kunsthalle Dominkanerkirche Osnabrück vom 25.01. - 30.03.2008,
Foto via Reinkingprojekte © MRpro

 

Mark Jenkins ist einer der bekanntesten Street Art Künstler, die sich mir Skulptur und Installationen sowohl im urbanen Raum als auch in der freien Natur beschäftigen. Oftmals werden durch die vielfältigen Reaktionen der Passanten aus Installationen regelrechte Performances, was auch ganz den Intentionen des Künstlers entspricht. Jenkins findet, dass seine Installationen erst durch die Interaktionen mit Umraum und Menschen vervollständigt werden und dass sie die soziale Struktur von Städten verändern. Auch die von Passanten angeforderten Sicherheitskräfte bezieht er als Akteure in seine Arbeit mit ein.

 

Mark Jenkins, 1970 geboren, lebt und arbeitet in Washington, DC/USA. Er stellt seine Skulpturen aus transparenten Klebebandabdrücken her: Abdrücke seines Körpers (2003), Abdrücke von Kleinkindern beim "Storker-Projekt" (2005), er  kleidet seine Skulpturen ein (ab 2006). Seine  Abdrücke von Hunden sehen sie oben.

Obwohl Jenkins auch schon im musealen Kontext - zum Beispiel in der Wiener Kunsthalle - ausgestellt wurde, ist seine Kunst für die Straße bestimmt.

Im Jänner 2012 erschien seine erste Monografie "The Urban Theater", die seine Bandbreite an oft verstörenden, aber auch humorvollen Installationen zeigt, sowie Fotoarbeiten, die die spontanen Reaktionen des Publikums auf seine Interventionen dokumentieren.

 

Mark Jenkins, The Urban Theater

 

Mehr über Mark Jenkins auf seiner Homepage und beim Gestalten Verlag.

Auf tapesculpture finden Sie eine Anleitung zum Herstellen von Klebebandskulpturen.

 

Buch, Installation, Skulptur, Street Art
9. April 2012 - 9:53

Wenn Sie meinen Blog regelmäßig lesen, wird es sicher Einträge geben, die Ihnen besser gefallen als andere. Das geht auch mir so! Obwohl ich mich natürlich um gleichbleibende Qualität bemühe, gelingen manche Posts besser und habe ich zu manchen vorgestellten Werken eine innigere Beziehung als zu anderen. Die Idee meines Blogs ist es ja, hunde- und kunstaffine Inhalte, die ich finde, weiterzugeben. Das müssen nicht zwangsläufig Kunstwerke und KünstlerInnen sein, die mir gefallen.

Da ich auch um Regelmäßigkeit bemüht bin, aber nicht immer gleich viel Zeit für den Blog aufbringen kann, greife ich manchmal zu einem Künstler oder einer Künstlerin, von dem oder der ich annehme, der Beitrag sei schnell verfasst und bedarf nicht besonderer Hingabe. Nachdem ein vermeintlicher Lieblingseintrag - Steve McQueen - so banal endete, wollte ich mich dem quasi offensichtlich Banalen stellen: dem Werk von Robert Bradford. Gleich vorweggenommen: Es erwies sich als vielschichtiger, als gedacht.

 

Der britische Künstler Robert Bradford setzt seit etwa 2004 aus vielen Einzelteilen neue Skulpturen zusammen. Diese Einzelteile sind vor allem ausrangierte Plastikspielzeuge seiner Kinder, aber auch Stofftiere, Bürsten, Wäscheklammern. Er begann mit dem Aufbau kleiner Hunde, dann wurden seine Figuren immer größer, bis hin zu lebensgroßen Soldaten aus "Kriegsspielzeug" (wird das Wort heute noch verwendet?)

 

Bradford wollte aus ungeeignetem Material "Lebewesen" kreieren (Menschen und Tiere) und er brauchte lange, um einerseits ein Verfahren zu entwickeln, das die Einzelteile zusammenhielt und das sie andererseits als neues Ding funktionieren ließ. Nach vielen Experimenten fand er schließlich eine Technik die Plastikspielzeuge anzubohren und mit einem Holzskelett zu verbinden.

 

 

Robert Bradford

Robert Bradford

Robert Bradford

 

Der ausgebildete Filmemacher, der eine Zeitlang auch als Psychotherapeut gearbeitet hatte, hielt die traditionellen Materialien wie Stein und Bronze für nichtssagend und langweilig. Er wollte immer Materialien verwenden, die verformbarer sind (er beschäftigte sich mit Feuerskulpturen - großen Holzskulpturen, die er anzündete) und eine Geschichte erzählen. Bradford findet, dass seine Skulpturen schon alleine dadurch Tiefe und Bedeutung bekommen, dass ihr Ausgangsmaterial Bedeutung für die spielenden Kinder, den besitzenden Menschen hatte. Außerdem bekommt das verwendet Spielzeug ein neues "Leben" geschenkt.

 

 

Robert Bradford

Robert Bradford

Robert Bradford

Robert Bradford

Robert Bradford

 

Das Ausgangsmaterial ist noch in einer anderen Hinsicht bedeutsam für ihn: Er erkennt in den kleinen Plastikfiguren anonyme Skulpturen der Industriedesigner, er stiehlt einerseits deren gestalterischen Leistungen, verleiht ihnen aber auch durch seine Verwendung Anerkennung.

 

Seine Skulpturen repräsentieren auch die Kulturgeschichte des Spielzeugs, das Alter seiner Skulpturen kann man sozusagen anhand der Herstellungsdaten der verendeten Einzelteile bestimmen.

 

 

Robert Bradford

Robert Bradford

Robert Bradford

 

In einem Interview erläutert er auch, wieso er aus den Teilen so häufig Tiere erschafft. Redford habe Interesse an Tieren und fühle sich in sie hinein.

 

Animals do have as much right to live here as we do. When you live deep in the country which I have done, you realise much more that we are just sharing the environment with all sorts of things, many of which are not all that popular with us. There is speciesism like there is racism.

 

Ungeachtet desen, ob das in seinen Werken zum Ausdruck kommt, ist diese Haltung doch bemerkenswert. Nur wenige KünstlerInnen kritisieren den Speziesismus, die Diskreminierung anderer Spezies/der Tiere auf Grund von Überlegenheitsdenken des Menschen.

 

Bradfords Werk wird häufig im Sinne einer Nachhaltigkeit, eines Recyclings und einer Konsumverweigerung betrachtet. Obgleich er sich gegen sinnlose Produktion und Konsumation richtet, sieht er sich selbst nicht als Öko-Krieger.

 

Er stellt seine Skulpturen international aus, seine Werke werden von amerikanischen und britischen SammlerInnen gekauft. Eine einheitliche Einschätzung fehlt dennoch, die Bewertung seines Werks reicht von schön, über merkwürdig und exzentrisch bis hin zu  (künslerischem) Müll.

 

Vielleicht haben Sie Lust das interessante Interview mit Bradford zu lesen. Entscheiden Sie dann selbst, ob er seine Arbeit mit Bedeutung überfrachtet oder ob sie an Vielschichtigkeit gewinnt.

 

alle Bilder © Robert Bradford

 

Skulptur
10. März 2012 - 14:16

2003 schied Jack Goldstein durch Selbstmord aus dem Leben, ohne dass sein Werk zu Lebzeiten den Stellenwert bekommen hätte, der ihm zustünde. Der amerikanische "Künstler-Künstler" beeinflusste besonders andere Künstler, ein breites Publikum fand er nie.

Während seines Studiums am neu gegründeten California Institute of the Arts in Valencia in der berühmten "Post Studio Art" - Klasse von John Baldessari stellte er minimalistiche Skulpturen her. Später versuchte er den Minimalismus von der bildenden Kunst auf andere Kunstbereiche zu übertragen und weiterzuentwickeln. Er beschäftigte sich mit Film, Performance, Audio- und Textproduktionen. 1976 entstanden die ersten Schallplatten, die Goldstein sowohl als Kunstobjekte/Skulpturen als auch als Tonträger verwendete.

Bei seinen Experimentalfilmen, die hauptsächlich Mitte bis Ende der 1970er Jahre entstanden, filmte er mit der Standkamera ein einzelnes isoliertes Motiv ab, meist "Requisiten" aus der Filmindustrie: unspektakuläre Alltagsgegenstände oder dressierte Tiere, wie einen auf Kommando bellenden Schäferhund (Shane, 1975). Alle Filme wurden auf 16mm-Material gedreht und orientierten sich eher an theatralischen Inszenierungen als an einer gleichzeitig entstehenden Videoästhetik.

 

 

In den 1980er Jahren galt Goldstein neben Richard Prince, Sherrie Levine, Robert Longo und David Salle als einer der vielversprechendsten Künstler der so genannten Post-Pop-Art. Er war 1982 mit Filmen und Gemälden auf der Dokumenta 7 und 1987 mit Akustischer Poesie auf der Dokumenta 8 vertreten. In den 1990er Jahren zog er sich vom Kunstbetrieb zurück.

Erst in den Nullerjahren unseres Jahrhunderts wurde er wieder vermehrt rezipiert und ausgestellt: 2002 im Kunstverein Hamburg und 2009 im Museum moderner Kunst in Frankurt am Main. Eine kurze Zeitspanne konnte er also seine Wiederentdeckung miterleben.

Einen guten Überblick über Jack Goldsteins filmisches Schaffen sehen sie auf UBUWEB. Einen sehr informativen Text über Leben und Werk schrieb Sebastian Frenzel 2009 für das monopol-Magazin.

 

Film, Performance, Skulptur
4. März 2012 - 13:22

Erkennt nicht irgendein Amerikaner alle paar Wochen Jesus, Maria oder Elvis Presley auf einem verschimmelten Stück Käse und verkauft dann diese "Reliquie" auf ebay? Das war die erste Assoziation, die Tibi Tibi Neuspiels Werk bei mir auslöste.

 

Tibi Tibi Neuspiel, Morality Sandwich, 2010
Tibi Tibi Neuspiel: Morality Sandwich, 2010; Lassie als moralische Instanz

 

Mein zweiter Gedanke war: Wie bringt er die Gesichter auf den Toast? Bestreicht er manche Stellen dick mit Butter, damit sie im Toaster schön braun gebrannt werden, oder müssen im Gegenteil die hellen Stellen mit Fett bestrichen werden? Fragen über Fragen!

Erst in dem Blog The Museum of Ridiculously Interesting Things fand ich Antworten. Die "Toastbrote" sind kleine Wachsskulpturen: "beautifully crafted encaustic wax sculptures". Für den Begriff "encaustic" habe ich keine Übersetzung gefunden, die mich dem Entstehungsprozess näherbrachte - ich selbst bin keine Bastlerin und kenne mich mit handwerklichen Techniken nicht aus. Aber anscheinend stellt Tibi Tibi Neuspiel kleine Wachsskulpturen her, die er dann akribisch bemalt. Seine Arbeit geht freilich über das Kunsthandwerkliche hinaus. Folgt man Rachel Anne Farquharson Argumentation, dann steht Tibi Tibi Neuspiel in einer Tradition - begonnen mit Duchamps Ready-mades - in der Objekte politische, soziale und kulturelle Inhalte transportieren, wenngleich im ersten Moment das Humorvolle und vermeintlich Lächerliche, das Absurde im Vordergrund steht.

Es gibt auch Toasts mit den Porträts von van Gogh etc. sowie Toasts, die "Assassination Sandwich" - Serie (2009, 2010), bei denen nur der Käse Attentäter und Opfer trennt: Princip/Kronprinz Ferdinand oder Ray/Martin Luther King.

 

Tibi Tibi Neuspiel, Assassination Sandwich, 2009

 

Wenn sie mehr über den kanadischen Künstler und sein Werk erfahren wollen, schauen Sie sich dieses Video-Interview an.

 

alle Bilder © Tibi Tibi Neuspiel

 

Skulptur
15. Februar 2012 - 13:42

Dreißig Hundeskulpturen aus Plastiform bevölkerten im Herbst einen Galerieraum, schnüffelnd, neugierig dreinblickend, das Bein hebend, die Posen dem realen Hundeleben abgeschaut. Die menschlichen Begleiter waren nicht zu sehen, die Leinen endeten an den Galeriewänden, wo auch grafische Arbeiten präsentiert waren.

"In Dogs, einer Raum füllenden Installation aus stilisierten Hunden und einem Geflecht von Hundeleinen, wird das Selbstverständliche komisch. Wer führt hier wen an der Leine herum? Abstrakt jedes einzelne Tier, als rudelhafte Gruppe präsent, wirft Dogs viele Fragen auf", hieß es im Begleittext zur Ausstellung in der Berliner Galerie Wagner+Partner.

Die Zwillinge Maria & Natalia Petschatnikov (*1973), die aus St. Petersburg/Russland stammen und seit etlichen Jahren in Berlin leben, treten künstlerisch gemeinsam auf. Ihr Werk bewegt sich in den Grenzbereichen Malerei und Installation.

 

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Wagner+Partner, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Studio view, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Studio view, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Wagner+Partner, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Wagner+Partner, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Wagner+Partner, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Anne-Marie Siegel Collection, Hamburg 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Wagner+Partner, Berlin 2011

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Foto via Bertine's Blog

Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011
Maria & Natalia Petschatnikov, Dogs, 2011, Foto via Kunst-Magazin

Maria & Natalia Petschatnikov, Exoten, The wolf and the eggs, 2010
Maria & Natalia Petschatnikov, The wolf and the eggs, 2010, Serie "Exoten"

Maria & Natalia Petschatnikov, Exoten, The wolf and the eggs, 2010
Maria & Natalia Petschatnikov, The wolf and the eggs, 2010, Installationsansicht
Kunstverein Wolfenbuettel 2010

 

Installation, Malerei, Skulptur
8. Februar 2012 - 11:28

Renée Sintenis, Bär, 1932

 

Wenn Ihnen dieser kleine Bronzebär bekannt vorkommt, dann haben Sie vollkommen recht: Er ist die Vorlage für den "Goldenen Bären" und den "Silbernen Bären" der Berliner Fimfestspiele, die seit 1951 verliehen werden. Seit der Gründung des Festivals werden die Bären von der Berliner Gießerei Noack hergestellt.

 

Goldener Bär der Berlinale
Foto via Berlinale

 

Seine Schöpferin, Renée Sintenis (1888-1965), war während der 1920er Jahre eine geschätzte Bildhauerin und Grafikerin, besonders ihre Tierfiguren verhalfen ihr zum Durchbruch und wurden ihr Markenzeichen. 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, erhielt sie Ausstellungsverbot, ihre Werke galten als "entartet". In den Nachkreigsjahren wurde ihr Werk vielfach geehrt, so erhielt sie 1952 als zweite Frau nach Käthe Kollwitz den "ordre pour le mérite" für Wissenschaften und Kunst.

 

Renée Sintenis, Junger Bär, 1932

Renée Sintenis, Liegender Hund, 1928

Renée Sintenis, Junger liegender Hund, 1935

Renée Sintenis, Skye-Terrier, 1928

Renée Sintenis, Liegender Cockerspaniel, 1930

Renée Sintenis, Sitzender Cockerspaniel, 1930

 

1917 heiratete Renée Sintenis den Künstler Emil Rudolf Weiß, der sie gemeinsam mit ihrem Hund Oscar malte.

 

Emil Rudolf Weiss, Renée Sintenis mt ihrem Hund, 1930

 

Alle Fotos der Arbeiten von Renée Sintenis © Galerie Ludorff

Eine ausführliche Biografie der Künstlerin finden Sie z.B. auf Lespress.

 

Skulptur, Zeichnung