Ausstellung

4. Oktober 2017 - 8:59

Hunde mit violettem Teppich, 2017 © Verena Crow

 

Gibt es ein Bild einer Hündin, das Mutterglück besser ausdrücken kann als dieses? Noch ein bisschen unsicher, aber ganz entspannt blickt die Hundemutter in Erwartung dessen, was noch auf sie zukommen wird. Nur nicht bewegen, damit das Kleine, das sich in den Raum zwischen Kopf und Vorderbeinen schmiegt und gleichzeitig abstemmt, nicht aufwacht!

Wie gut passt auch der komplementärfarbene, fröhliche Teppich dazu, der die stille Heiterkeit und Freude in seinem Muster aufnimmt.

Ein kleines Dilemma tut sich im unteren Bild auf: Der aufmerksame und besorgte Blick richtet sich auf den nur wenig entfernt liegenden Welpen, während die Mutter in der selbstgewählten Ruhe und schutzgewährenden Regungslosigkeit verharrt.

 

Hunde auf blauem Hintergrund, 2017 © Verena Crow

Hundefamilie violett, 2017 © Verena Crow

Welpen mit rotem Teppich, 2017 © Verena Crow

Hunde-Siesta, 2017© Verena Crow

3 Welpen, 2017 © Verena Crow

4 Welpen barock, 2017 © Verena Crow

4 Welpen auf Gelb, 2017 © Verena Crow

Hündin mit Welpen, 2017 © Verena Crow

Hunde zinkoxyd, 2017 © Verena Crow

 

Der Künstlerin gelingt es, für ganz basale Empfindungen wie Fürsorge, Zuneigung und Zufriedenheit erfrischend unkomplizierte Kompositionen zu finden. Die Unbefangenheit und Arglosigkeit der Welpen findet in der einfachen, fast naiv anmutenden Formensprache eine Entsprechung. Inhalt und Form stehen wunderbar im Einklang miteinander.

Verena Crow hat am Salzburger Mozarteum und an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert. Sie lebt und arbeitet in Klosterneuburg.

Vom 20. bis 22. Oktober 2017 nimmt Verena Crow an der Gemeinschaftsausstellung "sagt in süssen schmertzen..." teil, die am Freitag, dem 20. Oktober um 19.30 Uhr mit einem Konzert im Kulturhaus Alter Pfarrhof, Kirchplatz 2, in St.Andrä-Wördern/Niederösterreich eröffnet wird.

alle Bilder © Verena Crow

 

Ausstellung, Malerei
13. Juni 2017 - 19:45

Peter Saul, Rich Dog, 1963
Peter Saul, Rich Dog, 1963, Hall Collection © Peter Saul, Courtesy Hall Art Foundation,
Foto: Jeffrey Nintzel

 

In seiner ganz eigenen Bildsprache hat der US-amerikanische Maler Peter Saul ab den späten 1950er-Jahren ein äußerst eigenwilliges Œuvre entwickelt, ein Crossover aus Pop Art, Surrealismus, Abstraktem Expressionismus, San Francisco Funk und Cartoon Culture, in dem er politische und soziale Themen anspricht.

Nie wirklich zu einer Gruppe oder Bewegung gehörend, malt er seit mehr als 50 Jahren gegen wechselnde künstlerische Moden an. Dabei verletzt er ganz bewusst den guten Geschmack und das lange bevor "Bad Painting" ein zentrales Anliegen der zeitgenössischen Kunst wurde.

Der 1934 in San Francisco geborene Künstler vereint in seiner Malerei nicht nur gegensätzliche Stilrichtungen wie Pop Art und Abstrakten Expressionismus, er fügt seinen Bildern auch das Erzählen von Geschichten als neues, eigenes Moment hinzu.

Mit der Pop Art gemeinsam hat Peter Saul das Interesse am Banalen, an der Konsumgesellschaft und der Produktwerbung. Anders als die bekannten Vertreter der Pop Art zeigt er allerdings keine cleane Ästhetik, sondern eine übertrieben schrille oder schmuddelige, um die Schattenseiten des Massenkonsums und des American Dream zu zeigen. Sein komplexer und unübersichtlicher Bildaufbau, die dynamischen, ja barocken Kompositionen rücken ihn die Nähe der Abstrakten Expressionisten.

In der Mitte der 1960er-Jahre beginnt Peter Saul seine Kunst vermehrt mit politischen Botschaften zu verknüpfen. Neben Themen wie dem Vietnamkrieg, Polizeigewalt und der sexuellen Ausbeutung der Frau verhandelt Saul in seinen Bildern auch Rassenkonflikte und die gesellschaftliche Spaltung durch Armut und Reichtum. Er sieht seine Bilder jedoch nicht als Protest oder politische Agitation - "I’m just using what the culture gives me" -, sondern er bedient sich lediglich an den aktuellen gesellschaftlichen Phänomenen und Geschehnissen. Politik ist für ihn nur ein weiteres Thema wie Landschaft, Abstraktion oder irgendetwas anderes.

 

Peter Saul, Superman and Superdog in Jail, 1963
Peter Saul, Superman and Superdog in Jail, 1963, Öl auf Leinwand, 190,5 x 160 cm,
Collection of KAWS © Peter Saul, Foto: Farzad Owrang

 

Helden seiner malerischen Erzählungen sind oft Figuren aus Comicstrips, wie etwa Mickey Mouse, Donald Duck oder Superman, die jeder kennt und mit denen er ernste politische Inhalte verbindet. Saul zerstört das Image Supermans als sauberem Supermann, setzt ihn mit Banalitäten ins Bild und konzentriert sich auf seine dunklen Momente der Niederlage. Bei "Superman and Superdog in Jail" (1963) sitzt der Held mit zerrissenem Kostüm im Gefängnis, unter ihm eine Toilettenschüssel, aus der Superdog genüsslich sabbert.

Wie technisch präzise, witzig und grell, aber auch böse und unergründbar Peter Sauls Kunst ist, erkennt man auch an den Bildern mit Hunden, die ich für den Blog mit Hilfe der google-Suche gefunden habe.

 

Peter Saul, Dog, 1964
Peter Saul, Dog, 1964, Foto von hier

Peter Saul, Manz Best Friend, 2009
Peter Saul, Manz Best Friend, 2009, Foto von David Nolan Gallery

Peter Saul, Dog on Cross, 1985
Peter Saul, Dog on Cross, 1985, Foto von David Nolan Gallery

Peter Saul, Rembrandt Dog, 1988
Peter Saul, Rembrandt Dog, 1988, Foto von George Adams Gallery

Peter Saul, Vincent Van Dawgh, 1988
Peter Saul, Vincent Van Dawgh, 1988, Foto von George Adams Gallery

Peter Saul, Dog in Electric Chair, 1986
Peter Saul, Dog in Electric Chair, 1986, Foto von George Adams Gallery

 

Erstmals in Europa präsentiert nun die Schirn Kunsthalle Frankfurt einen umfassenden Überblick über das bislang wenig beachtete Werk von Peter Saul, der mit seiner Arbeit und seiner Lehrtätigkeit auch viele nachfolgende Künstler beeinflusst hat. Die Ausstellung ist noch bis zum 3. September 2017 zu sehen.

Quelle: Schirn Kunsthalle Frankfurt, David Nolan Gallery, George Adams Gallery

 

Ausstellung, Malerei
16. Mai 2017 - 22:55

Noch bis zum 11. Juni 2017 ist die Sammlung Klewan - Porträt(s) der Moderne in der Orangerie des Unteren Belvederes zu sehen. Die Sammlung umfasst bedeutende Werke der internationalen klassischen Moderne bis hin zu zentralen Positionen der Nachkriegskunst. Helmut Klewan, Kunstkenner und Galerist, pflegte Kontakt zu bedeutenden österreichischen Künstlerinnen und Künstlern, darunter Arnulf Rainer, Friedensreich Hundertwasser und Maria Lassnig.

Eine der ausgestellten Künstlerinnen ist Regina Götz (*1966 in Bludenz/Österreich), die von 1986 bis 1994 bei Maria Lassnig an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien studierte.

Wie Maria Lassnig thematisiert auch Regina Götz Körperwahrnehmung und -empfindung. Das Selbstporträt zieht sich als roter Faden durch das schmale Werk. Auf mehreren Bildern befinden sich Tiere, trotzdem sind die Gemälde nicht idyllisch: Schmerz und Krankheit sind in ihnen präsent. Bei genauerem Betrachten der Selbstbildnisse erkennt man den Filter im Halsbereich, den die Künstlerin nach einer Kehlkopfoperation trägt.

 

Regina Götz, o.T., 2006 und 2008 © Belvedere Wien

 

Die Gemälde lassen eine Vielzahl von Assoziationen zu. Menschliche und tierische Körper werden vermessen. Der Trend zur Optimierung des Körpers hin zur Perfektion steht im Gegensatz zu seiner realen Verwundung und Fragilität. Die Tiere fungieren dabei auch als Vermittler, die es dem Betrachter/der Betrachterin erleichtern sollen, ins Bild einzusteigen, sich auf das Bild einzulassen.

Humor und Witz ist beim unteren Gemälde zu erahnen. Die Künstlerin stellt sich als nackte "Salome" mit dem Haupt von Wolfgang Zinggl, dem Kultursprecher der Grünen, dar. Dieser "Johannes" schaut ganz ungläubig, als scheint er sich zu fragen, wie es so weit kommen konnte. Auch der Dalmatiner blickt ganz fassungslos auf das Tablett.

 

Regina Götz, o.T. © Regina Götz

 

Nur alle zwei Jahre stellt die Vorarlbergerin, die in Wien lebt, ein Bild fertig. Besondere Aufmerksamkeit beim langwierigen Entstehungsprozess widmet sie den Augen. ihr Ziel ist es, dass das Bild quasi zurückschaut. Wie schön für uns, dass auf einigen Bildern ein Dalmatiner mit dabei ist!

Quelle: Die Presse, Wiener Zeitung, Belvedere

 

Ausstellung, Malerei
10. Mai 2017 - 15:40

Sicher kennen Sie Virginia Woolf! Aber haben Sie auch schon von Vanessa Bell gehört? Sie war die ältere Schwester der Schriftstellerin und bildende Künstlerin. Als Malerin des Post-Impressionismus wurde sie in ihrer pastosen, kraftvollen Malerei vor allem von Matisse inspiriert. Neben der Malerei beschäftigte sie sich mit Illustration, Innenarchitektur und Design.

 

Vanessa Bell, Leonard Woolf's Dog Sally

 

Vanessa Bell (1879-1961) studierte an der Royal Academy School und stellte ab 1912 zuerst in London, dann auch international in Paris, Zürich und Venedig aus. Nach dem Tod der Eltern lebte sie mit ihren Geschwistern im Londoner Stadtteil Bloomsbury, wo regelmäßige Treffen mit anderen Künstlern und Intellektuellen zur Bildung der Bloomsbury Group führten. Später übersiedelten sie ins Landhaus nach Charleston/Sussex.

Im Jahr 1907 heiratete sie  Clive Bell, später zog mit dem homosexuellen Maler Duncan Grant und seinem damaligen Freund David Garnett zusammen, blieb ihrem Ehemann dennoch stets freundschaftlich verbunden. Ihre progressive Einstellung gegenüber freier Liebe und ihre allgemeine Weltoffenheit machten sie zur "bodenständigen, domestizierten Göttin" der queeren Szene von Bloomsbury. (dazu Artikel in Broadly)

 

Vanessa Bell, Leonard Woolf's Dog Sally

 

In England gilt Vanessa Bell als strahlende, unkonventionelle Figur, um die sich ein exzentrischer Freundeskreis drehte. Obwohl sie eine zentrale Figur und Muse der Bloomsbury-Gruppe war, blieb sie lange im Schatten ihrer berühmteren Schwester und wurde vor allem wegen ihres abwechslungsreichen Liebeslebens rezipiert. Erst ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod wird sie ausschließlich als Künstlerin betrachtet und ihr Werk in einer Einzelausstellung in der Londoner Dulwich Picture Gallery präsentiert. Die Ausstellung ist noch bis zum 4. Juni 2017 zu sehen.

 

Leonard und Virginia Woolf, Foto von Gisele Freund © Estate Gisele Freund/IMEC I

 

Eingang in den Blog findet Vanessa Bell, weil sie auch Sally, den Hund ihres Schwagers Leonard Sidney Woolf malte. Wie gut ihr das gelungen ist, sehen Sie im Vergleich mit dem unteren Foto.

 

Leonard und Virginia Woolf, Foto von Gisele Freund © Estate Gisele Freund/IMEC I
Leonard und Virginia Woolf, Foto von Gisele Freund © Estate Gisele Freund/IMEC Images

 

Quellen: Frauenbiographieforschung, Broadly, Dulwich Picture Gallery, Die Zeit

Bilder via pinterest

 

Ausstellung, Malerei
19. Februar 2017 - 21:36

Wie erfreulich für uns, dass das Sammeln von Zeichnungen für Wohlhabende ein kultivierter Zeitvertreib war! Eine Sammlung - ein Konvolut an Zeichnungen, das auch zweihundert Tierdarstellungen enthielt - kaufte 1772 das Braunschweiger Herzog Anton Ulrich Museum an. Darunter eine Arbeit, die dem deutschen Tiermaler Johann Melchior Roos (1663-1731) zugeschrieben wurde. Erst dem Leiter des Kupferstichkabinetts Thomas Döring, der bei der Inventarnummer 719 immer ins Sinnieren kam, ist es zu verdanken, dass sie neu bewertet und als Rembrandt erkannt wurde. Vorausgingen eingehende Recherchen, darunter mikroskopische Untersuchungen, Studium von vergleichbaren Originalen Rembrandts in Amsterdam, Paris und Wien sowie Konsultationen von internationalen Autoritäten der Rembrandt-Forschung.

Kein anderer jedoch als Rembrandt hätte einen Arbeitshund so trefflich und mit "traumwandlerischer Sicherheit" porträtieren und auf nur 82 x 99 mm sein ganzes Elend darstellen können. Der Hund ist nicht nur mit expressivem Strich, sondern auch vom Leben gezeichnet: Erschöpft vom arbeitsamen Dasein blickt er uns an!

 

Rembrandt  Harmenszoon van Rijn (1606-1669), Studie eines sitzenden Hundes, um 1
Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669), Studie eines sitzenden Hundes, um 1637

 

Immer wieder tauchten Hunde im Werk Rembrandts auf. Vor allem in den 1630er Jahren bereicherte der Künstler seine Gemälde und Radierungen bevorzugt mit Darstellungen von Hunden als bedeutungsvollen Nebenmotiven. Er sammelte seine gezeichneten - und offenbar größtenteils verlorenen - Tierstudien in einem Band, den er mit "beesten nae ’t leven" (dt. Tiere nach dem Leben) beschriftete. Darin dürfte sich ursprünglich auch die neu entdeckte "Studie eines sitzenden Hundes" befunden haben.

Den neuen Rembrandt können Sie erstmals ab dem 6. April 2017 im Rahmen der Ausstellung "Dürer, Cézanne und Du. Wie Meister zeichnen" betrachten, der ersten großen Sonderausstellung des Ende Oktober 2016 neu eröffneten Herzog Anton Ulrich Museum.

Als Draufgabe sehen Sie unten noch eine sehr realistische und karge Winterlandschaft, durch die ein kleiner Hund trottet.

 

Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669), Winterlandschaft, 1646
Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669), Winterlandschaft, 1646

 

Ausstellung, Grafik, Malerei, Zeichnung
17. Januar 2017 - 9:23

Das ist Burschi!

 

Peter Dressler, Aus Zwischenspiel, 1970-74 © Fotohof Archiv

 

Ihn hat der große österreichische Flaneur und Fotograf Peter Dressler auf seinen Streifzügen durch Wien aufgenommen. Gibt es ein besseres Beispiel für einen Hund der 1970er Jahre als diesen Mix, der uns mit intelligenten Augen, ein bisschen misstrauisch und fragend anblickt und dessen kompakter Körper schon damals ein Brustgeschirr trug? Wohl kaum! (Heute ist auch Wien überwiegend von Möpsen und Französischen Bulldoggen bevölkert).

Bei Spaziergängen im Wienflussbecken entdeckte Dressler eine Gedenktafel mit der Inschrift "Unserem lieben Burschi!", so kam der Hundemischling zu seinem Namen.

 

Hedy blättert in Peter Dresslers Zwischenspiel, Foto: Petra Hartl

 

Doch was macht Burschi im Museum?

 

In Pose. Fotofertig im Kunsthistorischen Museum - „Mit großem Interesse“ (1989)

 

Haben Sie sich auch täuschen lassen? Was Sie hier sehen, ist nur ein Pappkamerad. Peter Dressler hat ein Foto des Hundes auf Karton affichiert und mehrere Kartonschichten zusammengeklebt, sodass eine quasi körperhafte, standfeste Hundeplastik entstand.

Hier sehen Sie Burschis schnittigen Körper:

 

Kunsthaus Wien Ausstellungsansicht, Foto: Petra Hartl

 

Das Hundeobjekt hat Peter Dressler als Co-Akteur bei Fotodokumentationen an viele Orte in Wien und im Ausland begleitet.

 

Peter Dressler, Mit großem Interesse, Naturhistorisches Museum 1989 © Fotohof Ar
Burschi in Wien ...

Peter Dresseler, Zu Besuch im Museum of Modern Art © Fotohof Archiv
in New York ...

Peter Dressler, Aus Changement de Propriétaire, 2007-2008 © Fotohof Archiv
in Paris ...

 

Als wissbegieriger und kunstbeflissener Hund ergänzt er nicht nur die Tapire im Wiener Naturhistorischen Museum, sondern auch das Große Glas von Marcel Duchamp im Philadelphia Museum of Art oder Légers Gemälde im MoMA. Peter Dressler nannte diese Serie, die über viele Jahre hinweg entstand, "Mit großem Interesse". Interessiert nimmt Burschi die unterschiedlichen Settings zur Kenntnis, er verwandelt und verfremdet die Orte durch seine bloße Anwesenheit mit subtilem Humor und nimmt den Kunststätten ein wenig von ihrer Aura und Ehrwürdigkeit. Burschi bleibt nur kurz im Museum, seine Anwesenheit ist unspektakulär, er hinterlässt keine Spuren.

 

Hedy blättert im Ausstellungskatalog Wiener Gold, Foto: Petra Hartl

Hedy blättert im Ausstellungskatalog Wiener Gold, Foto: Petra Hartl

 

Peter Dressler spazierte fotografierend durch Wien und erstellte quasi eine Datenbank an Fotos, die er immer wieder in unterschiedlichen formalen und inhaltlichen Zusammenhängen verwendete und kombinierte, dabei entstanden Serien und Tableaus. Er ließ sich dabei von Assoziationsketten leiten und kreierte eine eigene Bildsprache, fand eine eigene Grammatik der Stadt. „Die Ketten der Assoziationen sind meine Welt, da deklariere ich mich!“, sagte er während einer Vorlesung (zit. nach Ausstellungskatalog "Wiener Gold", S 139). Das Ergebnis dieser Assoziationsketten ist poetisch, nicht laut, expressiv, dramatisch, aber auch ironisch und voll hintergründigem Humor. Dresslers Fotogeschichten erschufen neue wehmütige Wirklichkeiten.

 

Peter Dressler, Extérieur, 1975 © Fotohof Archiv

 

Auch Burschi hat Peter Dressler in einem seiner Tableaus gemeinsam mit anderen Wiener Sehenswürdigkeiten gruppiert, zum Beispiel mit einer Statue zwischen deren Beinen ein Hundkopf lugt.

Die Serialität hat sich für Peter Dressler als künstlerisches Hauptprinzip herauskristallisiert. Ab den 1980er Jahren ging er dazu über, in seinen Fotoserien Erzählngen zu inszenieren, in denen er auch als Akteur vorkommt.

"Zwischenspiel", sein bedeutendes Künstlerbuch, entwickelt seinen besonderen Reiz aus den vielfältigen Bezügen und Anspielungen zwischen den Einzelbildern. Schön gemacht ist auch das Cover: Burschi hebt sich erhaben vom Untergrund ab. Folgen Sie Hedys Pfote!

 

Zwischenspiel mit Hedy, Foto: Petra Hartl

 

Das Kunsthaus Wien zeigt noch bis zum 5. März 2017 in der Retrospektive "Wiener Gold" das Werk von Peter Dressler, in dem Wien eine zentrale Position einnimmt. Peter Dressler (1942 - 2013) hat als Fotograf und Filmemacher, Akademielehrer, Sammler, Theoretiker und nicht zuletzt als Leit- und Integrationsfigur die heimischen Fotoszene seit den 1970er-Jahren mit beeinflusst.

Zur Ausstellung erscheint der Katalog: Peter Dressler, Wiener Gold, 978-3-902993-41-0

 

Kunsthaus Ausstellungsansicht © KUNST HAUS WIEN 2016, Foto Thomas Meyer

 

Ausstellung, Buch, Fotografie
22. Dezember 2016 - 16:58

Bill Traylor, Untitled (Figures, Construction)
Bill Traylor, Untitled (Figures, Construction),
Montgomery Museum of Fine Arts, Montgomery, Alabama, Photo by Lyle Peterzell

 

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass die Überschrift des Blogbeitrags neben dem Namen des Künstlers nicht viel verrät. Ich möchte, dass Sie die Arbeiten vollkommen unbeeinflusst betrachten. Woran erinnern sie? Wie wirken sie? Was wird darin erzählt?

 

Bill Traylor, Untitled (Man Carrying Dog on Object)
Bill Traylor, Untitled (Man Carrying Dog on Object),
High Museum of Art, Atlanta, Georgia, Photo by Mike Jensen

 

Der afroamerikanische autodidaktische Zeichner und Maler, der diese Arbeiten am Ende der 1930er und Anfang der 1940er Jahre anfertigte, war zu diesem Zeitpunkt schon über 80 Jahre alt.

In seinen einfachen, aber sehr berührenden Zeichnungen kommen vor allem Menschen und Tiere vor. Dabei kombiniert er figürlich-narrative Elemente mit abstrakten Teilen. Die Arbeiten sind sehr flächig, wobei leere und gestaltete Flächen wechseln, der Raum wird nicht perspektivisch behandelt. Die Farbe ist intensiv (Preußischblau, Rot, Gelb), allerdings werden in einem Bild nur wenige Farben verwendet.

Neben Kühen und Ziegen zeichnet er auch viele Hunde, die er oft als gewalttätige und unheimliche fremde Kreaturen darstellt. Sie haben offene Münder und fletschen die Zähne, manchmal kämpfen sie untereinander oder mit Katzen.

 

Bill Traylor, Untitled (Figure Construction with Waving Man)
Bill Traylor, Untitled (Figure Construction with Waving Man),
High Museum of Art, Atlanta, Georgia, Photo by Mike Jensen

 

Doch wer war dieser Bill Traylor, der zum Kanon der US-amerikanischen Künstler des 20. Jahrhunderts zählt (und von dem ich noch nie etwas gehört hatte)?

Sein Geburtsdatum ist nicht eindeutig bekannt. Vermutlich wurde er zwischen 1853 und 1856 als Sklave auf der Baumwoll-Plantage von George Hartwell Traylor bei Benton, Alabama geboren. Von Geburt an trug er dessen Familiennamen Traylor. Er war etwa neun Jahre alt, als der amerikanische Bürgerkrieg 1865 endete. Seine Familie und er wohnten auch nach der Befreiung weiterhin auf der Plantage, allerdings hatten sie nun Land gepachtet. 1891 heiratete er und zog mit seiner Frau neun Kinder groß. Nach dem Tod seiner Frau und dem Auszug auch des jüngsten seiner Kinder verließ er um 1930, nach mehr als achtzig Jahren, sein vertrautes Lebensumfeld und zog ins etwa 40 Meilen entfernte Montgomery.

Dort lebte er in der Monroe Street, in der hauptsächlich schwarze Mittelschicht wohnte. Er begann auf alten Kartonresten das zu zeichnen, was er auf der Straße beobachtete: Menschen, Tiere, Alltagsgegenstände, aber auch das, woran er sich erinnerte. Dabei abstrahierte Traylor, ohne dass die Geschichten an Lebendigkeit verloren. Seine Arbeiten wirken gleichzeitig modern und archaisch. Zwischen 1937 und 1942 entstanden über 1200 Zeichnungen.

 

Bill Traylor, Untitled (Figure Construction with Waving Man)
Bill Traylor, Untitled (Figure Construction with Waving Man),
High Museum of Art, Atlanta, Georgia, Photo by Mike Jensen

 

1939 entdeckte ihn der junge Maler Charles Shannon (1914–1996) bei einem Streifzug durch die Straßen. Shannon, der sich sehr für die Kunst des schwarzen Amerikas interessierte, gehörte zur sogenannten New South, einer Gruppe kulturinteressierter junger Leute aus der weißen gebildeten Mittel- und Oberschicht von Montgomery, wo zu dieser Zeit noch strikte Rassentrennung herrschte. Im Februar 1940 veranstaltete die Gruppe in ihrem Klublokal eine Ausstellung unter dem Titel "Bill Traylor. People's Artist" mit einhundert Zeichnungen. Zu dieser Zeit war in Alabama Lynchjustiz vor allem gegen Schwarze noch an der Tagesordnung und der Ku-Klux-Klan hatte Einfluss bis in die Spitzen der Gesellschaft. Die lokale Presse berichtete wohlwollend, die Zeitschrift "New South" widmete Traylor eine Titelstory.

 

Bill Traylor, Untitled (Two Men, Dog, and Owl)
Bill Traylor, Untitled (Two Men, Dog, and Owl), um 1939-1942, Louis-Dreyfus Family Collection

 

Shannon unterstützte Traylor mit Geld und Materialien und holte die unter der Woche entstandenen Arbeiten regelmäßig am Wochenende ab. Traylor soll, so später Zeitzeugen, geglaubt haben, er arbeite für Shannon. 1941 fuhr Shannon ohne Traylors Wissen mit einem Konvolut seiner Bilder nach New York City, um sie dort Freunden aus der Kunstszene zu zeigen. Es war die Zeit, in der intellektuelle Weiße die Kultur des schwarzen Amerikas für sich entdeckten.

Am Beginn der 1940er Jahre zeigte die Fieldston School of the Ethical Culture Schools in Riverdale, New Jersey, die Ausstellung "Bill Traylor, American Primitive (Work of an Old Negro)" und im Juni 1946 erschien in der in den USA weit verbreiteten Zeitschrift "Collier’s" eine große Reportage über Bill Traylor. 

 

Bill Traylor, Untitled (Figures, Constructions)
Bill Traylor, Untitled (Figures, Constructions),
Montgomery Museum of Fine Arts, Montgomery, Alabama, Photo by Lyle Peterzell

 

Der über Achtzigjährige war inzwischen schwer krank, verfiel körperlich zunehmend und konnte kaum noch malen und zeichnen. Nachdem er eine Zeit lang abwechselnd bei seinen Kinder gelebt hatte, kehrte er nach Montgomery zurück und starb dort 1949.

 

Bill Traylor, Untitled (Radio)
Bill Traylor, Untitled (Radio), um 1942

Bill Traylor, Untitled (Exciting Event- Man on Chair, Man with Rifle, Dog Chasin
Bill Traylor, Untitled (Exciting Event- Man on Chair, Man with Rifle,
Dog Chasing Girl, Yellow Bird, and Other Figures), Louis-Dreyfus Family Collection

 

In den 1970er Jahren katalogisierte und betitelte Shannon mit seiner Frau rund 1500 Zeichnungen Traylors aus den Jahren 1939–1942. Ab nun wurde sein Werk in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen ausgestellt. Traylors Erben strengten gegen die Shannons einen Prozess um das rechtmäßige Eigentum an den Zeichnungen - sie erzielten inzwischen hohe Preise - an, der 1993 in einem Vergleich endete. Darin erkannten die Erben den maßgeblichen Anteil Shannons an Traylors spätem Ruhm an.

 

Bill Traylor, Untitled (Legs Construction with Blue Man)
Bill Traylor, Untitled (Legs Construction with Blue Man),
Smithsonian American Art Museum

Bill Traylor, Untitled (Yellow and Blue House with Figures and Dog)
Bill Traylor, Untitled (Yellow and Blue House with Figures and Dog), um 1939-1940,
Smithsonian American Art Museum

Bill Traylor, Untitled (Construction with Yawping Woman)
Bill Traylor, Untitled (Construction with Yawping Woman), um 1939-1942
Smithsonian American Art Museum

Bill Traylor, Untitled (Dog and Cat Fight)
Bill Traylor, Untitled (Dog and Cat Fight)

Bill Traylor, Untitled (Dog Fight with Writing)
Bill Traylor, Untitled (Dog Fight with Writing),
Smithsonian American Art Museum

Bill Traylor, Untitled (Two Dogs Fighting)
Bill Traylor, Untitled (Two Dogs Fighting),
High Museum of Art, Atlanta, Georgia, Photo by Mike Jensen

Bill Traylor, Untitled
Bill Traylor, Untitled

Bill Traylor, Untitled (Brown Dog)
Bill Traylor, Untitled (Brown Dog)

 

In einer Besprechung zu einer 2013 im American Folk Art Museum stattfindenden Ausstellung bemerkt Alana Shilling-Janov, dass in der Rezeption noch immer zu sehr auf Traylors formale Aspekte eingegangen wird, sich die Rezeption zwischen Zuschreibungen von rätselhaft und mystisch versteckt und damit ihre realistische Erzählung unterdrückt. Shannon wählte in den 1970er Jahren Titel wie "Construction" und "Exiting Event" für Traylors Werke, die wenig semantischen Wert haben und konstruierte damit gleichsam eine Sichtweise auf dessen Werk, das zur Verschleierung des Inhalts beitrug.

Heute gilt Bill Traylor als einer der populärsten und bekanntesten afroamerikanischen bildenden Künstler, zahlreiche Bücher und eine Dissertation über ihn sind erschienen. Nicht verwunderlich also, dass das Smithsonian American Art Museum (SAAM) für 2018 die Retrospektive  “Between Worlds: The Art of Bill Traylor” geplant hat. Die Ausstellung wird erstmals die stilistische Entwicklung Traylors sorgfältig beurteilen und seine Szenen als laufende Erzählungen und nicht als isolierte Ereignisse interpretieren.

 

Quellen: Smithsonian American Art Museum, Culture Type, American Folk Art Museum, The Brooklyn Rail, Wikipedia, The Anthony Petullo Collection of self-taught & outsider art

 

Ausstellung, Malerei, Zeichnung
22. November 2016 - 12:35

Zur Zeit findet wieder eine großartige Ausstellung im Unteren Belvedere statt: "Ist das Biedermeier? Amerling, Waldmüller und mehr?". Vor allem das "mehr" ist überaus interessant, da Werke von slowenischen, ungarischen, tschechischen und oberitalienischen Künstlern - also der ehemaligen habsburgischen Kronländer - präsentiert werden, die auch in Wien sonst nicht zu sehen sind.

Im Zentrum der Ausstellung steht die österreichische Malerei zwischen 1830 und 1860, also über das Revolutionsjahr 1848 hinaus, welches die Epoche des Biedermeier zeitlich begrenzt. Gezeigt werden Porträts, Landschaften und Genrebilder. Was mich an der Ausstellung so überaus begeistert hat, ist das handwerkliche Können, die Maltechnik der Biedermeier-Maler. Von den niederländischen Malern des "Goldenen Zeitalters" abgesehen, habe ich bisher nie eine perfektere, realistischere Darstellung der Stofflichkeit gesehen.

Zum unserem Thema "Hund und Kunst" finden sich vor allem Genrebilder, in denen auch Hunde vorkommen.

In Josef Danhausers Gemälde "Der reiche Prasser" von 1836 begleitet ein Hund die Szene, die auf die Verelendung der Bevölkerung am Rande der Gesellschaft hinweist - ein Bettler stört das bürgerliche, verschwenderische Mahl.

 

Josef Danhauser, Der reiche Prasser, 1836 © Belvedere, Wien
Josef Danhauser, Der reiche Prasser, 1836 © Belvedere Wien

 

Derselbe Hund findet sich in Danhausers "Klostersuppe" von 1838. Erst nachdem ich den Hund wiedererkannt habe, habe ich bemerkt, dass auch der ehemalige Prasser beim Verteilen der Armensuppe durch die Mönche anwesend ist. Von seinem Reichtum blieb ihm nur der Hund und ein edles Tuch.

 

Josef Danhauser, Die Klostersuppe, 1838 © Belvedere, Wien
Josef Danhauser, Die Klostersuppe, 1838 © Belvedere Wien

 

In der "Jagdbeute" von Johann Mathias Ranftl, hier sind die Hunde die Hauptakteure, spiegelt sich Ranftls Begeisterung für den britischen Lebensstil wieder. Ranftl, der drei Monate in London verbrachte, lernte dort die Hunde- und Jagddarstellungen von Edwin Landseer kennen. Auch Ranftl entwickelte eine Vorliebe für Hunde, die er in Genreszenen einbaute oder zum Hauptmotiv seiner Bilderzählungen machte. Er perfektionierte die Darstellung der Hunderassen sowohl hinsichtlich ihrer physischen Erscheinung als auch hinsichtlich ihres Verhaltens. Dabei war er so geschickt, dass er den Namen "Hunde-Raffael" bekam!  (vgl. Katalog zur Ausstellung S 204).

 

Johann Mathias Ranftl, Die Jagdbeute, 1851 © Belvedere Wien
Johann Mathias Ranftl, Die Jagdbeute, 1851 © Belvedere Wien

 

Die Ausstellung ist noch bis zum 12. Februar 2017 in Wien im Unteren Belvedere zu sehen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. Ist das Biedermeier? Amerling, Waldmüller und mehr, Herausgeber: Agnes Husslein-Arco, Sabine Grabner, ISBN 978-3-903114-11-1

 

alle Bilder © Belvedere, Wien

 

Ausstellung, Malerei
11. Oktober 2016 - 13:20

Dogs Allowed Oil on canvas, 160 x 200cm 2014 © Chris Huen Sin Kan

Dogs allowed!

"Wow!", war mein erster Gedanke, als ich eines der Bilder von Chris Huen Sin-kan sah. Niemals hätte ich erwartet, dass es ein chinesischer Künstler ist, der da sein Leben mit Hund malt, und nie hätte ich erwartet, dass es Ölbilder - und keine Aquarelle - sind. Bei näherer Betrachtung allerdings hat die gestische Verwendung des Pinsels durchaus etwas "Chinesisches". Der Künstler setzt die teilweise über zwei Meter großen Ölbilder aus Punkten und Strichen zusammen, verwendet kaum Umrisse oder Flächen. Seine Malerei erscheint sehr grafisch.

 

Mui Mui, Doodood, Balltsz and Haze Oil on canvas, 200 x 240cm 2016 © Chris Huen

 

Die Innenräume sind perspektivisch nur angedeutet, allerdings verwendet Chris Huen Sin-kan keine Farbperspektive, die hellen und dunklen Stellen sind vielmehr gleichmäßig harmonisch über das Bild verteilt. Er zeigt Sensibilität gegenüber der unbestimmten und undefinierten Objekt-Raum-Beziehung, um die spezielle Aura einzufangen, die den Interieurs innewohnt.

 

Mui Mui, Balltsz and Doodood Oil on canvas, 120 x 160cm 2016 © Chris Huen Sin Ka

 

Vorhänge flattern, ein Ventilator läuft, vieles scheint in Bewegung begriffen, die Bilder wirken schwankend und fragmentarisch. Manche Bilder waren sogar wie Suchbilder für mich. Ich musste mich am Bildtitel orientieren, um zu wissen, ob ich zwei oder drei Hunde darauf finden sollte.

 

Haze, Balltsz, MuiMui and Doodood Oil on canvas, 200 x 240cm 2016 © Chris Huen S

Bathing 2, 2015, oil on canvas, 200 x 160 cm © Chris Huen Sin Kan

 

Huen strebt in seiner Malerei danach, die Details des alltäglichen Lebens einzufangen. Er beobachtet akribisch persönliche und allgemeine Ereignisse. Dabei plant er wenig, sondern malt spontan, um einen vergänglichen Moment wiederzugeben. Diesen Moment, den er wahrnimmt, setzt er mit sensiblen zarten Strichen um, um das, was leicht übersehenen wird, hervorzuheben.

 

Haze and Mui Mui, 2014, oil on canvas, 120 x 160 cm © Chris Huen Sin Kan

Doodood, Mui Mui and Ashley Oil on canvas, 200 x 320 cm 2014 © Chris Huen Sin Ka

The Crime Scene 2, 2014, oil on canvas, 140 x 180 cm © Chris Huen Sin Kan

 

So unaufdringlich die Begebenheiten, Landschaften und Innenräume sind, die er malt, so unaufdringlich, ruhig und gedämpft sind seine Farben. Aufgrund der gedämpften Farben materialisieren sich seine Malereien als ätherische Essenzen der Realität. Typische häusliche Interieurs mit Topfpflanzen und seinem auf dem Bett schlafenden Hund Doodood entstehen.

 

Doodood and John, 2013, oil on canvas, 120 x 160 cm © Chris Huen Sin Kan

 

Er vermeidet große geschichtliche, religiöse oder politische Themen, sondern untersucht den Alltag, kreist beschreibend um die menschliche Natur. Thema ist seine einfache, bescheidene Existenz im Gegensatz zu den hedonistischen Extremen in Hongkong.  Er beschreibt malend die kleinen und trivialen Momente, die für ihn aber sehr viel Vitalität - wie der Hund - in sich tragen. Wie in das Familienleben sind die Hunde auch in das Liniengewirr integriert, ganz selbstverständlich liegen, stehen, warten sie herum, schauen neugierig und erwartungsfroh aus den Bildern.

 

Doodood No.6 Oil on canvas, 120 x 160cm 2015 © Chris Huen Sin Kan

Doodood No.5, 2015, oil on canvas, 100 x 130 cm © Chris Huen Sin Kan

Doodood Oil on canvas H60 x 95cm 2016 © Chris Huen Sin Kan

Scavenger Oil on canvas, 60 x 95cm 2016 © Chris Huen Sin Kan

Mui Mui Oil on canvas,18 x 25.5cm 2014 © Chris Huen Sin Kan

Swimming, 2015, oil on canvas, 30 x 40 cm © Chris Huen Sin Kan

Good Morning 2pm Oil on canvas, 18 x 25.5 cm ​2014 © Chris Huen Sin Kan

 

Vor allem beim unteren Bild musste ich auch an van Goghs Tuschezeichnungen von Landschaften denken, die ebenfalls nur aus Punkten, Strichen - grafischen Strukturen - ohne Konturen aufgebaut sind.

 

Doodood and Kin Oil on canvas, 120 x 90 cm ​2013 © Chris Huen Sin Kan

 

Unten sehen Sie ein paar Ausstellungsansichten aus der Gallery Exit, um einen Eindruck von der Größe der Bilder zu erhalten.

 

Ausstellungsansicht Gallery Exit, 2015

Ausstellungsansicht Gallery Exit, 2015

Ausstellungsansicht Gallery Exit, 2015

 

Chris Huen Sin-kan (*1991 in Hongkong) lebt und arbeitet in Hongkong. Er studierte Bildende Kunst an der Chinese University of Hongkong und schloss 2013 mit dem BA ab.

 

Good Night Earth Oil on canvas, 40 x 60 cm 2014 © Chris Huen Sin Kan

Good Night Earth!

Weitere Arbeiten auf der Homepage der Galerie Pilar Corrias.

alle Bilder © Chris Huen Sin-kan und Gallery Exit

 

Ausstellung, Malerei
6. Oktober 2016 - 10:18

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

 

Was Sie oben sehen, ist keine Bühnenansicht nach einem Justin-Bieber-Konzert, sondern Teil einer Ausstellung von Charlemagne Palestine, die 2015 in Wien stattfand. Ich bin voriges Jahr nicht dazugekommen darüber zu schreiben, habe mich aber im Zusammenhang mit den gemalten Stofftieren von Peter Jones daran erinnert. Deswegen hier ganz unaktuell ein paar Installationsansichten. Die Hunde müssen Sie selber suchen!

Palestine Charlemagne ist einer, der den Verlust von Stofftieren der Kindheit nicht nur beklagt, sondern diese Erfahrung künstlerisch umsetzt. Seine Mutter hat ihm vor der Bar-Mizwa sämtliche Stofftiere - seine plüschigen Freunde und Begleiter - weggenommen, nicht ahnend, dass für ihn damit eine Obsession beginnen sollte, die das Stofftier zu einem Zentrum seines künstlerischen Schaffens machte.

 

Porträt Charlemagne Palestine, 2012, Foto: Agnès Gania
Porträt Charlemagne Palestine, 2012, Foto: Agnès Gania

 

Die meisten Plüschtiere, die Charlemagne Palestine in seine Arbeiten integriert, stammen aus Secondhand-Läden oder - wie der Künstler sagt - aus "Waisenhäusern". Ihre Tragik liegt darin, dass sie für Kinder als "Übergangsobjekte" zuerst gekauft wurden, um dann unvermittelt wieder enrsorgt zu werden. Die derart Verstoßenen - es sind "Wesen mit Ausdruck" und "mit Traurigkeit" - sollen durch Vergöttlichung zu "divine toys" von ihrem Schicksal als Kindheitsobjekte erlöst werden.

Palestine Charlemagne schreibt den divine toys lebendige Qualitäten zu, setzt sie mit schamanischen Totems oder göttlichen Figuren gleich. Einerseits überträgt er damit animistische Weltanschauungen und dazugehörige Praktiken auf die Konsumkultur (das Stofftier ist popkultureller Trash), andererseits integriert er primitivistische Elemente in seine urbane amerikanisch-jüdische Herkunft. Diese mythische Objektbeziehung weist sakrale Züge auf, die als soziales Phänomen mit den Begriffen Totemismus und Fetischismus beschrieben werden kann.

In der Ausstellung, die 2015 in der gläsernen Kunsthalle Wien am Karlsplatz stattfand, waren Charlemagnes Videoarbeiten, Installationen, Partituren, ein Bösendorfer-Flügel, vor allem aber seine Plüschtier-Skulpturen zu sehen, die aus einer Ansammlungen von schamanistisch aufgeladenen Plüsch- und Stofftieren in allen Farben, Größen, Formen bestanden. Von der Decke hingen kleine Fallschirme für Stofftiere.

Seit den 1970er Jahren arrangiert Charlemagne Palestine Plüschtiere auf seinem Flügel. Bei seinen Klavier-Performances sitzen und liegen sie wie auf einem Altar.

 

Ausstellungsansicht Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt,
Ausstellungsansicht Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt,
Kunsthalle Wien 2015, Foto: Maximilian Pramataro

 

Ebenso wie die die Arrangements auf dem Klavier, erinnern auch die Peluche Walls an sakrale Altäre, die den tierischen Gottheiten gewidmet sind. Durch die beidseitige Befestigung auf einem von einer hölzernen Struktur gehaltenen Gitter werden die ausrangierten Kuscheltiere zu schamanischen Totems.

 

Ausstellungsansicht Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt,

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

 

Seit Jahrzehnten nimmt Palestine Charlemagne einen roten Koffer auf seine Reisen mit, in dem er seine Stofftiere aufbewahrt. Für ihn sind sie seine Museen, seine Gottheiten, die er bei sich haben will und in seinen Performances künstlerisch überhöht. Auch die ausgestellten Koffer ähneln Altären, die er für die Tiere schafft, und zeugen von der Sakralisierung des Profanen. Das Reisen mit dem roten Köfferchen hat auch rituellen Charakter: So sind Entwurzelung, Ausgrenzung, aber auch das Festhalten an der Welt durch immer wiederkehrende Rituale wichtige Motive im Werk des Künstlers.

 

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

 

Die wiederholte Arbeit mit Teddybären erinnert nicht nur daran, dass der Teddybär 1902 in Brooklyn, Palestines Geburtsort, erfunden wurde, sondern impliziert auch eine Distanzierung des Künstlers von den akademischen, formalen und intellektuellen Tendenzen in der westlichen Kunst und Musik. Im Gegensatz zu den divine toys, die wie Ready Mades funktionieren, werden die Teddybären nach Maßgabe des Künstlers hergestellt.

 

Ausstellungsdetail Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt, F

 

Charlemagne ist ein "Gesamtkünstler", der seit vierzig Jahren als Musiker, Komponist, Performer und bildender Künstler arbeitet. Es ist unmöglich, ihn einer Kategorie zuzuordnen, ist sein Werk doch bestimmt von Grenzüberschreitungen. Er beginnt sein künstlerisches Schaffen als Pionier der Minimal Music (verwendet für seine Kompositionen allerdings den Begriff "Maximalismus"). Später kommen Happenings dazu, in den 70er Jahren produziert er Videos von Performances (sehr ritualistisch und schamanistisch - dabei betet er zum Beispiel Teddybären an). In den folgenden drei Jahrzehnten schuf er Gemälde, Skulpturen und Installationen, die sich hauptsächlich um Plüschtiere drehen.

 

Ausstellungsansicht Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt,
Ausstellungsansicht Charlemagne Palestine. GesammttkkunnsttMeshuggahhLaandtttt,
Kunsthalle Wien 2015, Foto: Maximilian Pramatarov

Charlemagne Palestine (geb. 1947 in New York) lebt und arbeitet in Brüssel. Seine künstlerischen Arbeiten wurden weltweit in öffentlichen und privaten Einrichtungen gezeigt.

Als Quelle für diesen Blogbeitrag habe ich die Homepage der Kunsthalle, die Pressetexte, das Booklet zur Ausstellung sowie die Berichterstattung in der Tagespresse (Der Standard, Kurier, Wiener Zeitung) herangezogen.