Fotografie

19. September 2017 - 20:40

My morning routine - coffee, paper, and a nap... © RaisingTheRuf.com

My morning routine - coffee, paper, and a nap...

 

Sara Rehnmark, eine Hunde-Fotografin aus Santa Monica in Kalifornien, zeigt uns, wie entzückend und humorvoll Fotos eines Hundes sein können, auch ohne ihn zu verkleiden. Ruf scheint vielmehr Teil einer liebevollen Montage aus Stoffen und Stofftiergefährten zu sein, die uns an seinen traumhaften Abenteuern teilhaben lässt.

 

How's it hangin'? © RaisingTheRuf.com

How's it hangin'?

This week I've been working like a dog. TGIF!!!! © RaisingTheRuf.com

This week I've been working like a dog. TGIF!!!!

Every bunny was kung fu fighting... (and some pigs, frogs and dogs too) © Raisin

Every bunny was kung fu fighting... (and some pigs, frogs and dogs too)

Dogysseus and the singing Sirens ... © RaisingTheRuf.com

Dogysseus and the singing Sirens ...

Hop over the bunny and through the woods, to Grandmother's house we go! © Raisin

Hop over the bunny and through the woods, to Grandmother's house we go!

It's a jungle out there!!! © RaisingTheRuf.com

It's a jungle out there!!!

Reindeers and chipmunks and rabbits, OH MY! © RaisingTheRuf.com

Reindeers and chipmunks and rabbits, OH MY!

Hold your horses... © RaisingTheRuf.com

Hold your horses...

 I'll get you, my pretty, and your little dog too....  © RaisingTheRuf.com

 I'll get you, my pretty, and your little dog too.... 

 

Rufus' Frauchen hofft, dass uns die Fotos des vierjährigen Pharaonenhundes zum Schmunzeln bringen, und ich hoffe, meine Auswahl aus der Serie "Adventures while sleeping" gefällt Ihnen!

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Andrea Antoni bedanken, die mir den Link zu diesen bezaubernden Hundefotos zukommen ließ!

Noch viele andere Fotos von Rufus können Sie in Sara Rehnmarks Blog bestaunen.

alle Fotos © Sara Rehnmark/RaisingTheRuf.com

 

LeserInnen empfehlen, Fotografie
1. September 2017 - 18:20

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

 

Die schwedische Künstlerin Lisa Strömbeck zeigt in ihrer Fotoserie "In Bed" (2015) den physischen Kontakt zwischen Tier und Mensch im Bett. Die Schönheit von schlafenden, in sich ruhenden Lebewesen interessiert sie dabei ebenso, wie das Phänomen der Ruhe, das im Bett als stillsten und intimsten Ort seinen Ausdruck findet.

Entstanden sind Fotos, die Wärme, Vertrauen und Verbundenheit ausdrücken. Ist es nicht unmöglich, sich einsam zu fühlen, wenn der Hund, der uns vorbehaltlos liebt, neben einem atmet?

 

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

aus der Serie: In Bed © Lisa Strömbeck

 

Das letzte Bild zeigt Lisa Strömbecks Mann Niels neben ihrem alten Hund Ivan, in dessen Lieblings-Schlafposition. Im Laufe seines fast sechzehnjährigen Lebens half ihr Ivan, ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zurückzuerlangen, das sie aus ihrer Kindheit kannte, wenn sie sich neben ihrem Hund zusammenrollte.

Als die Künstlerin 2009 auf Meg Daley Olmerts Buch "Made for Each Other – the Biology of the Human-Animal Bond” stieß, fand sie endlich das bekräftigt, was sie ohnehin fühlte. Ihre Empfindungen wurden in neurowissenschaftlichen Forschungsergebnissen bestätigt:

Es macht den Menschen nicht nur glücklich mit einem Hund zu leben, es ist auch gesund. Das Streicheln des Hundes stabilisiert den Blutdruck, vermindert Stress und lindert Schmerzen. Wenn wir unseren Hund streicheln, erhöht das die Produktion des Hormons Oxycotin, das uns nicht nur vertrauen lässt, sondern alle sozialen Interaktionen beeinflusst.

Lisa Strömbeck (*1966 in Andrarum/Schweden) beschäftigt sich vor allem mit den Medien Fotografie, Video und Collage. Immer wiederkehrend ist das Motiv des Tieres und die Beziehung und Hierarchie zwischen Tieren und Menschen.

Die Fotoserie "Uniform" (2008/09) zeigt unter anderem Hunde, die von Menschen gehalten werden. Dabei ähnelt die Pelzbekleidung der Menschen dem Fell der Tiere in Farbe und Textur. Auf den ersten Blick sehen wir lediglich eine einheitliches und gleichförmiges Fellkonglomerat, ergänzt durch Hände, Zungen und Augen. Vordergründig betrachtet sind die Fotos witzig und formal sehr gelungen. Doch auf den zweiten Blick sind sie ein Beispiel dafür, wie der Mensch Tiere kategorisiert (Nutztiere, Haustiere, etc.) und kulturell unterschiedlich bewertet.

Denn darauf lenkt Lisa Strömbeck unser Augenmerk: Wir verwöhnen unsere Haustiere, den anderen ziehen wir das Fell ab. Während die Empörung groß ist, wenn in China Hunde und Katzen für Pelzverbrämungen auf Kapuzen getötet werden, ist es stiller, wenn es um Pelzfarmen geht, in denen die Tiere durch Elektroschocks im Anus langsam und qualvoll sterben. (Zu dieser Fotoserie gibt es auch einen Text auf der Website der Galerie Martin Asbaek von Jane Rowley.)

 

aus der Serie: Uniform © Lisa Strömbeck

aus der Serie: Uniform © Lisa Strömbeck

aus der Serie: Uniform © Lisa Strömbeck

aus der Serie: Uniform © Lisa Strömbeck

 

Auch "In Memory of All Those Who Work Without Ever Getting a Reward" (2007/08) ist eine dreiteilige Videoarbeit über Hierarchien und Machtstrukturen zwischen Mensch und Tier. Ein kleiner Hund muss eine Wurstscheibe auf der Nase balancieren, er muss hinter einem Haufen Wurst sitzen, die er nicht essen darf und er muss liegen bleiben, während auf seinen Pfoten Salamischeiben liegen.

Die Videos erscheinen fast wie Standbilder, so wenig bewegt sich der Hund. Doch gerade weil so wenig passiert, sind sie umso eindringlicher: Mich macht diese Dressur und das darin erkennbare Machtgefälle sehr traurig und betroffen - vor allem das dritte Video, in dem der Terrier immer wieder beschwichtigend zu (s)einem Menschen blinzelt. Da die Protagonisten vor und hinter der Kamera aber vermutlich Ivan und Lisa sind, bin ich überzeugt, dass der Hund eine großzügige Belohnung erhalten hat.

 

 

Alle drei Videos sind auch auf Lisa Strömbecks Homepage zu sehen.

alle Fotos © Lisa Strömbeck

 

20. Juni 2017 - 11:27

Akihiro Furuta, Son & Olddog

 

Vor wenigen Tagen habe ich auf dem Vienna Photobook Festval ein kleines Buch gekauft: Son & Olddog. Es hat 48 Seiten und wurde vermutlich von Akihiro Furuta, dem Fotograf, selbst veröffentlicht. Es finden sich keine weiteren Angaben darin. Wie es wohl seinen Weg nach Wien gefunden hat? Es zeigt das Leben und das Sterben des Familienhundes. Schon beim Durchblättern musste ich zu weinen beginnen. Nichts bewegt mich mehr als der Tod eines Hundes.

Ich möchte Ihnen diese bewegenden, berührenden Bilder nicht vorenthalten, deshalb habe ich einige aus dem dünnen Fotobuch abfotografiert und am Rand ganz wenig beschnitten.

 

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

Akihiro Furuta, Son & Olddog

 

Furutas Hund wurde 16 Jahre alt. Er war sechs, als sein Sohn geboren wurde. Der Hund war ihm Beschützer, Spielkamerad und Freund. Mit seinem Tod hat er dem Sohn den Wert des Lebens gelehrt.

"Forever. And live happily in heaven", schreibt Furuta in einem kurzen Nachwort.

Alle Bilder habe ich aus dem Buch "Son & Olddog" abfotografiert.

Homepage von Akihiro Furuta

 

Buch, Fotografie
23. Februar 2017 - 11:48

Die Video- und Fotoarbeiten von Anna Jermolaewa bestechen durch eine unprätentiöse, prägnante Bildsprache. Doch nur vordergründig erscheinen die kurzen Filmstücke anspruchslos und schlicht. Auf den zweiten Blick entblößen sie verstörende Bedeutungsebenen: Die Filmsequenzen thematisieren die sozialen Beziehungsabläufe und Routinen unserer Gesellschaft, zeigen Macht- und Kontrollmechanismen. Dabei steht die Einfachheit der filmischen Darstellung im Gegensatz zur Hintergründigkeit ihrer Werke.

Anna Jermolaewa sieht sich nicht als Videokünstlerin im eigentlichen Sinne, da sie kaum mit dieser Technik experimentiert und das Videomaterial auch nicht durch digitale Nachbearbeitung oder Spezialeffekte manipuliert. Einzig durch den Einsatz des Loops, eines ihrer Markenzeichen, wird die gefilmte alltägliche Situation, das alltägliche Motiv potenziert.

Ich möchte drei Videoarbeiten vorstellen, die mit dem Motiv des Hundes arbeiten.

Untitled, Video, 1 min., 2004

Dieses Video bietet nur einen ersten Eindruck, in besserer Qualität und voller Länge finden Sie die Arbeit auf der Homepage der Künstlerin.

 

 

 

Wie meist in ihren Arbeiten wird der Zuschauer auch hier mit einem starren, das Geschehen strikt begrenzenden Bildausschnitt konfrontiert. Wir sehen batteriebetriebene Spielzeughuskys, deren Augen nacheinander rhythmisch zu blinken beginnen. Erst dieses Blinken verwandelt die Spielzeuge in etwas Außergewöhnliches. Verwandeln sich die Spielzeughunde, ergänzt durch den "belebenden" Ton aus dem Inneren, in Wesen, die bedrohen, ängstigen und nicht nur unterhalten? Kippt des Alltägliche und Belanglose ins Unheimliche? Oder zwinkern sie uns doch nur ironisch zu?

Von drei Seiten ist der Besucher von den blinkenden Huskys umgeben. Wird er Augen- und Ohrenzeuge einer quasi unaufhörlichen Besessenheit und Zwanghaftigkeit?

 

Ausstellungsansicht Galerie XL, Moskau, 2008
Ausstellungsansicht Galerie XL, Moskau, 2008

 

Untitled, Video, HD, 3.48 min., Loop, 2010/2012

Ein Schäferhund ist auf einem Gepäckförderband auf einem russischen Flughafen zu sehen. Er beschnüffelt, von einer Sicherheitsbeamtin instruiert, die Koffer und springt dann vom Fließband hinunter und aus unserm Blickfeld hinaus. Die statische Kamera ist quasi teilnahms- und emotionslos auf die Koffer und mit Plastik verschnürten Pakete gerichtet, die sich in der Kurve stauen, weiterschieben, auftürmen und herunterfallen.

Mein erster Gedanke war, dass es um die Funktionalisierung des Hundes für menschliche Zwecke geht. Der (Arbeits-)Hund hat in dieser Situation keine Entscheidungsgewalt über sein Tun, sondern seine Beziehung zum Menschen ist z.B. von Gehorsam oder Gefallen-Wollen geprägt, sodass er als Drogenhund benützt werden kann. Der öffentliche Ort einer Transitzone im Flughafen wird nicht nur durch Überwachungskameras kontrolliert, auch die Gepäckstücke unterliegen organisierter staatlicher Kontrolle. Die Kontrollgesellschaft hat einen Teil dieser Überwachung an den Hund abgegeben, der ungewollt zum Komplizen des Überwachungs-Staates wird.

Erst beim weiteren Betrachten fiel mir die Ähnlichkeit zum Video "Überlebensversuche" auf, in dem Spielzeug-Stehauffiguren sich immer schneller bewegen, bis sie vom Tisch hinunterfallen. Auch bei Untitled, Video, HD, 3.48 min., Loop, 2010/2012 lässt Anna Jermolaewa die Dingwelt sprechen, die Videoprotagonisten sind allerdings Gepäckstücke. Sind die Koffer Metaphern für das Weiterkommen, Auf-der-Strecke-Bleiben, Hinausfallen (aus der Gesellschaft, dem Arbeitsprozess etc.)? Die Tonspur bringt dumpfe verzerrte Geräusche der weitertransportierten Bündel auf dem Fließband und erzeugt ein Gefühl der Beklemmung.

 

Motherhood, Video, 33 sec., Loop, 1999

Leider habe ich zu diesem Video nur Filmstills gefunden, weshalb das Gezeigte für mich nicht eindeutig ist. Auch in den kunsttheoretischen Texten finden sich unterschiedliche Sichtweisen und Bewertungen. Ich habe vor allem diese Quellen verwendet: Dr. Ulrike Ritter: Narrationen gegen die Monumentalisierung des Bildes, Martin Prinzhorn: Der Blick vorbei aufs Ganze, Martin Pesch: Anna Jermolaewa sowie Texte auf Anna Jermolaewas Homepage.

Der Titel "Mutterschaft" lässt Bilder des Umsorgens, des zärtlichen Zuwendens zu den Welpen in uns entstehen, doch die Filmstills zeigen etwas anderes:

 

Anna Jermolaewa, Standbild aus dem Video Motherhood, 1999

Anna Jermolaewa, Standbild aus dem Video Motherhood, 1999

Anna Jermolaewa, Standbild aus dem Video Motherhood, 1999

Anna Jermolaewa, Standbild aus dem Video Motherhood, 1999
Anna Jermolaewa, Standbilder aus dem Video "Motherhood", 1999, Quelle mumok

 

Während die Welpen an den Zitzen einer Hündin saugen, gilt die Aufmerksamkeit der Hundemutter einer menschlichen Hand, die sie füttert. Die andere Hand hält den Hund an einer Hautfalte am Nacken fest. Dabei ist unklar, ob sich die Hundemutter von selbst dem Menschen zuwendet oder am Nacken gezogen wird.

Der fütternde und manipulierende Mensch, der an einem Tisch sitzt, bleibt für den Betrachter/die Betrachterin ebenso außerhalb des Bildausschnitts wie die Tischrunde, auf deren Gespräch er sich der konzentriert. Viele Arbeiten Anna Jermolaewas handeln von Manipulation. Die Künstlerin sagt selbst: "Wer oder was manipuliert, bleibt dabei fast immer außerhalb des Bildfeldes. Die Machtmechanismen, die ein Individuum heute beeinflussen oder lenken, werden immer feiner und unsichtbarer".

Alexandra Henning beschreibt das Video als "ein so eindringliches wie idiosynkratisches Beispiel für das Ungleichgewicht von Liebe und Zuneigung, Macht und Ohnmacht, Abhängigkeit und Manipulation" (vgl. Anna Jermolaewas Homepage)

Ich möchte mich dem anzuschließen: Wenn man die kleine Szene nicht nur kunsttheoretisch betrachtet, sondern auf die Körpersprache der Hündin achtet, bemerkt man, dass sie die Ohren zurücklegt, also zumindest Unbehagen ausdrückt. Die menschliche Berührung ist ihr unangenehm. Trotzdem nimmt sie das Futter an.

Die Videostills bzw. das Video zeichnen in ihrem unklaren Beziehungsgeflecht der Abhängigkeiten ein deprimierendes, hoffnungsloses Bild, das durch unser unbeteiligtes Betrachten umso dramatischer wird.

Die mit 17 Jahren aus Russland geflohene Anna Jermolaewa (geb.1970 in St.Petersburg) studierte in Wien Kunstgeschichte und anschließend bei Peter Kogler an der Akademie der bildenden Künste. Einem größeren Publikum wurde sie 1999 durch Teilnahme an der Biennale Venedig bekannt.

Homepage von Anna Jermolaewa

 

Fotografie, Video
17. Januar 2017 - 9:23

Das ist Burschi!

 

Peter Dressler, Aus Zwischenspiel, 1970-74 © Fotohof Archiv

 

Ihn hat der große österreichische Flaneur und Fotograf Peter Dressler auf seinen Streifzügen durch Wien aufgenommen. Gibt es ein besseres Beispiel für einen Hund der 1970er Jahre als diesen Mix, der uns mit intelligenten Augen, ein bisschen misstrauisch und fragend anblickt und dessen kompakter Körper schon damals ein Brustgeschirr trug? Wohl kaum! (Heute ist auch Wien überwiegend von Möpsen und Französischen Bulldoggen bevölkert).

Bei Spaziergängen im Wienflussbecken entdeckte Dressler eine Gedenktafel mit der Inschrift "Unserem lieben Burschi!", so kam der Hundemischling zu seinem Namen.

 

Hedy blättert in Peter Dresslers Zwischenspiel, Foto: Petra Hartl

 

Doch was macht Burschi im Museum?

 

In Pose. Fotofertig im Kunsthistorischen Museum - „Mit großem Interesse“ (1989)

 

Haben Sie sich auch täuschen lassen? Was Sie hier sehen, ist nur ein Pappkamerad. Peter Dressler hat ein Foto des Hundes auf Karton affichiert und mehrere Kartonschichten zusammengeklebt, sodass eine quasi körperhafte, standfeste Hundeplastik entstand.

Hier sehen Sie Burschis schnittigen Körper:

 

Kunsthaus Wien Ausstellungsansicht, Foto: Petra Hartl

 

Das Hundeobjekt hat Peter Dressler als Co-Akteur bei Fotodokumentationen an viele Orte in Wien und im Ausland begleitet.

 

Peter Dressler, Mit großem Interesse, Naturhistorisches Museum 1989 © Fotohof Ar
Burschi in Wien ...

Peter Dresseler, Zu Besuch im Museum of Modern Art © Fotohof Archiv
in New York ...

Peter Dressler, Aus Changement de Propriétaire, 2007-2008 © Fotohof Archiv
in Paris ...

 

Als wissbegieriger und kunstbeflissener Hund ergänzt er nicht nur die Tapire im Wiener Naturhistorischen Museum, sondern auch das Große Glas von Marcel Duchamp im Philadelphia Museum of Art oder Légers Gemälde im MoMA. Peter Dressler nannte diese Serie, die über viele Jahre hinweg entstand, "Mit großem Interesse". Interessiert nimmt Burschi die unterschiedlichen Settings zur Kenntnis, er verwandelt und verfremdet die Orte durch seine bloße Anwesenheit mit subtilem Humor und nimmt den Kunststätten ein wenig von ihrer Aura und Ehrwürdigkeit. Burschi bleibt nur kurz im Museum, seine Anwesenheit ist unspektakulär, er hinterlässt keine Spuren.

 

Hedy blättert im Ausstellungskatalog Wiener Gold, Foto: Petra Hartl

Hedy blättert im Ausstellungskatalog Wiener Gold, Foto: Petra Hartl

 

Peter Dressler spazierte fotografierend durch Wien und erstellte quasi eine Datenbank an Fotos, die er immer wieder in unterschiedlichen formalen und inhaltlichen Zusammenhängen verwendete und kombinierte, dabei entstanden Serien und Tableaus. Er ließ sich dabei von Assoziationsketten leiten und kreierte eine eigene Bildsprache, fand eine eigene Grammatik der Stadt. „Die Ketten der Assoziationen sind meine Welt, da deklariere ich mich!“, sagte er während einer Vorlesung (zit. nach Ausstellungskatalog "Wiener Gold", S 139). Das Ergebnis dieser Assoziationsketten ist poetisch, nicht laut, expressiv, dramatisch, aber auch ironisch und voll hintergründigem Humor. Dresslers Fotogeschichten erschufen neue wehmütige Wirklichkeiten.

 

Peter Dressler, Extérieur, 1975 © Fotohof Archiv

 

Auch Burschi hat Peter Dressler in einem seiner Tableaus gemeinsam mit anderen Wiener Sehenswürdigkeiten gruppiert, zum Beispiel mit einer Statue zwischen deren Beinen ein Hundkopf lugt.

Die Serialität hat sich für Peter Dressler als künstlerisches Hauptprinzip herauskristallisiert. Ab den 1980er Jahren ging er dazu über, in seinen Fotoserien Erzählngen zu inszenieren, in denen er auch als Akteur vorkommt.

"Zwischenspiel", sein bedeutendes Künstlerbuch, entwickelt seinen besonderen Reiz aus den vielfältigen Bezügen und Anspielungen zwischen den Einzelbildern. Schön gemacht ist auch das Cover: Burschi hebt sich erhaben vom Untergrund ab. Folgen Sie Hedys Pfote!

 

Zwischenspiel mit Hedy, Foto: Petra Hartl

 

Das Kunsthaus Wien zeigt noch bis zum 5. März 2017 in der Retrospektive "Wiener Gold" das Werk von Peter Dressler, in dem Wien eine zentrale Position einnimmt. Peter Dressler (1942 - 2013) hat als Fotograf und Filmemacher, Akademielehrer, Sammler, Theoretiker und nicht zuletzt als Leit- und Integrationsfigur die heimischen Fotoszene seit den 1970er-Jahren mit beeinflusst.

Zur Ausstellung erscheint der Katalog: Peter Dressler, Wiener Gold, 978-3-902993-41-0

 

Kunsthaus Ausstellungsansicht © KUNST HAUS WIEN 2016, Foto Thomas Meyer

 

Ausstellung, Buch, Fotografie
1. November 2016 - 11:20

Grabstein in Irland, Foto Andrea Antoni

 

Loved and faithful friend for 14 years / You've gone old friend / A grief too deep for tears / Fills all the emptiness / You've left behind / Gone is the dear / Companionship of years / The love that passed / All love of humankind

 

Grabstein in Irland, Foto Andrea Antoni

Grabsteine in Irland, Foto Andrea Antoni

 

Vielen, vielen Dank an Andrea Antoni, die mir erlaubt hat, ihre Fotografien zu verwenden. Sie hat die Grabsteine mit den herzzerreißenden Inschriften in Irland aufgenommen.

alle Fotos © Andrea Antoni

 

LeserInnen empfehlen, Fotografie
21. Oktober 2016 - 9:49

Lebenszeichen © Daniel Zakharov

 

Was mit der Sichtung eines Papageienpärchens aus Porzellan in einem Fenster seiner Wohnumgebung begann, entwickelte sich für den Kölner Fotografen Daniel Zakharov zu einer Foto-Serie von "Lebenszeichen" unterschiedlichster Kategorien. 200 Motive aus den Bereichen Skelette, Helden, Antike, Spielzeug, Frauengestalten, Menschenfiguren, Köpfe und Tiere entstanden bisher. Ich greife nur die Hunde und Hunde-Helden heraus.

Wer stellt was warum ins Fenster? Was ist den BewohnerInnen hinter den Hausfassaden so wichtig an den Objekten, dass sie sie der Außenwelt, den rasch Vorbeigehenden präsentieren? Welche Geschichten verbergen sich hinter den Gegenständen? Sowohl unsere Fantasie über die Persönlichkeit der BesitzerInnen als auch das Erfinden von Erzählungen wird angeregt. In Zeiten, in denen fast jeder fast alles in sozialen Netzwerken veröffentlicht und sich zur gläsernen Person macht, lenken die Fotografien unsere Wahrnehmung auf individuell Geheimnisvolles, auf Leerstellen, die nicht ausformuliert sind.

Doch nicht nur die Objekte erzählen von ihren Besitzern, auch die Fotografien sprechen zu uns: Sie erzählen von einer formalen Stringenz und ausgewogenen Komposition.

In der großartigen oberen Fotografie bildet der Vorhang den Rahmen einer Guckkastenbühne, aus der heraus die Protagonisten agieren - fast hat man Angst um die vorwitzigen Hunde. Die rosa Ohren des corgiartigen Hundes korrespondieren mit Farbe der Mauer.

 

Lebenszeichen © Daniel Zakharov

 

Die Spiegelung des Gegenübers - wir sehen worauf der sehnsuchtsvolle Blick des Hundes fällt, der aus dem Fenster der tristen Architektur blickt. Die Dachrinne nimmt die Vertikalen der Fensterrahmen wieder auf.

 

Lebenszeichen © Daniel Zakharov

Lebenszeichen © Daniel Zakharov

 

Die Struppis bilden mit dem Fenster einen klaren Schwarz-Weiß-Kontrast, erweitert um Tims Farbakzent. Die horizontale und vertikale Struktur erhält als Formgegensatz die runden Dalmatinerpunkte. Die Textur des Vorhangs korrespondiert mit dem "Fell" der Pudel.

 

Lebenszeichen © Daniel Zakharov

Lebenszeichen © Daniel Zakharov

 

Lange musste ich in meinem Bloggedächtnis graben, bis mir einfiel, woran mich die Serie erinnerte. Vielleicht erging es Ihnen ja ebenso, wenn Sie zu meinen ersten LeserInnen gehören. Rachel Bellinsky hat Hunde hinter Fensterscheiben in San Diego fotografiert. Ein Beispiel zur Erinnerung unten. Während für mich bei Daniel Zakharov die genaue Beobachtung der formalen Aspekte im Vordergrund steht, fokussiert Rachel Bellinsky eher auf den neugiergen oder sehnsuchtsvollen Blick des Hundes. Doch wie auch immer, beide kommen zu wundervollen Ergebnissen, vergleichen Sie am besten selbst!

 

Fishbowl © Rachel Bellinsky

Tails from the Fishbowl © Rachel Bellinsky

 

Daniel Zakharov ist seit seiner Kindheit von Fotografie fasziniert. Wenn er nicht gerade einen Auftrag realisiert, arbeitet er akribisch an persönlich motivierten Langzeitprojekten. Er lebt und arbeitet in Köln.

alle Bilder mit Ausnahme des letzten © Daniel Zakharov

 

Fotografie
1. September 2016 - 9:59

Im letzten Blogbeitrag berichtete ich über die Ausstellung "Rester vivant" des französischen Schriftstellers Michel Houellebecq. Fotos, Zeichnungen und Gegenstände seines verstorbenen Corgis Clément waren Teil der Präsentation, mit der der Schriftsteller seiner gedachte und den Schmerz, der dem Sterben folgte, verarbeitete.

Der Tod eines geliebten Hundes trifft uns alle gleich, egal ob wir berühmte KünstlerInnen oder unbekannte hundeliebende Menschen sind, egal ob dem Tod des Tieres eine lange Krankheit vorausging oder der Tod "aus heiterem Himmel" kam.

Für viele von uns ist das Schreiben über das Tier, das Malen oder Zeichnen des Hundes ein Weg, mit dem Verlust umzugehen und die Leere positiv zu füllen. Wenn ich ein verstorbenes Tier gemalt habe, war ich ihm ganz nahe - noch einmal mit dem Pinsel über seinen Körper streicheln - und es half mir ein paar Stunden, mich an das Schöne zu erinnern, während ich im Leid und in der Trauer gefangen war. Nicht zuletzt half es, das Weinen zu unterbrechen.

Andrea Antoni, die meinen Blog gerne liest, hat mir ein Porträt ihrer Hündin Ilse geschickt, das sie gezeichnet hatte, nachdem Ilse zwölfjährig wegen einer schlimmen Krebserkrankung eingeschläfert werden musste. Für Andrea war diese künstlerische Praxis Teil der Trauerarbeit, sie schreibt:

 

Die Hunde, die wir liebten, bleiben natürlich in unseren Gedanken und in unseren Herzen. Und manchmal wird man zu einer Zeichnung inspiriert. In der Zeit, in der ich an dem Bild arbeitete, tauchte Ilse vermehrt und sehr intensiv in meinen Träumen auf und ich erinnerte mich an so viele Erlebnisse mit ihr: von dem Moment, als sie in Fuhlsbüttel zitternd aus ihrer Flugbox kam, bis zu dem Augenblick, als ich sie im Garten begraben musste. Zehn Jahre hat sie mich begleitet (Ihr Bruder Ibo leider nur sieben Jahre) und oft, wenn ich meine Hunde ansah, war ich ganz erfüllt von Freude und Glück!

 

Und das ist Ilse, eine Podenco-Mischlingshündin!

 

Ilse, 2016 © Andrea Antoni

 

Als ihre (vorherige) Hündin eingeschläfert werden musste, weil sie sehr krank war, schrieb Andrea Antoni in ihr Tagebuch "Ich fühle mich, als müsste ich zerspringen". Und weiter:

 

Nach einer Weile kam ein neuer Hund aus Spanien zu uns: Ilse, ein kleiner Podenco-Mischling. Ihr Bruder Ibo, ein Scheidungswaise, gesellte sich ein halbes Jahr später noch dazu. Wurfgeschwister, - und doch so verschieden. Ibo war anhänglich, verschmust und etwas ängstlich. Ilse dagegen eine kernige und selbstbewusste Hundedame. Beide waren etwa zwei Jahre alt, als sie zu meinem Mann und mir kamen und hatten ihr Leben bis dahin auf der Finca einer Tierschützerin verbracht.

Ilse erkrankte im Dezember 2014 an Krebs. Ein Tumor und die Milz wurden entfernt und danach war sie wieder ganz die Alte. Sie wurde nur etwas langsamer und grauer im Gesicht … immerhin war sie schon elf Jahre alt. Ein Jahr lang ging es ihr gut. Das Ende kam dann schnell. Der Krebs war zurück und es gab keine Therapie. An einem Sonntagabend Anfang Februar dieses Jahres ging Ilse abends in den Garten und legte sich in der äußersten Ecke unter einen Busch. Und wollte erst nicht zurück ins Haus. Ob sie mir so zeigen wollte, dass es Zeit war, sie gehen zu lassen? Am nächsten Morgen wurde Ilse von unserer Tierärztin sehr sanft und schnell in eine andere Welt gebracht.

Jetzt hängt die Zeichnung bei mir an der Wand (eine von Ibo auch), Ilse schaut mich aus dem Bild heraus an und ich denke: "Ja, genau so war sie".

 

Ibo beäugte die Welt immer etwas ängstlich und gerne von seinem gemütlichen Hundebett aus.

 

Ibo, 2016 © Andrea Antoni

 

Ibo starb im Dezember 2012 bei einem Spaziergang im Schnee. Er war mit großer Begeisterung einem Hasen hinterhergerannt, kam zu mir zurück, fiel um und war binnen Sekunden tot. Für ihn ein schöner Tod, aber für mich ein großer Schock. Zu viel Aufregung für sein kleines, ängstliches Herz, das oft so wild klopfte, wenn er sich fürchtete?

 

Weil für Andrea ein Leben ohne Hund schlichtweg "doof" ist, lebt sie seit ein paar Monaten mit einer kleinen Mischlingshündin aus der Slowakei. Mabel hat in ihre Augen geblickt und ihr Herz angerührt. Und ein neues Leben mit einem neuen Hund nahm seinen Anfang.

Und das ist sie, die zweijährige Mabel. Ein Schatz!

 

Mabel, 2016, Foto Andrea Antoni

 

alle Bilder © Andrea Antoni

Fotografie, Zeichnung
28. August 2016 - 19:30

Ausstellungsplakat Rester vivant

 

Wieder ein Blogbeitrag, der sich nur in meiner Vorstellung einfach anfühlte und bei dem ich mich immer mehr verzettelte. Und ein langwieriges Unterfangen: Ich wollte bloß über die Ausstellung "Michel Houellebecq. Rester vivant“ berichten, doch dann merkte ich, dass das unmöglich ist, ohne sein Buch "Die Möglichkeit einer Insel" (2005) gelesen zu haben, das in der Ausstellung zitiert wird.

Nach über zwanzig Jahren, damals hatte ich "Ausweitung der Kampfzone" gelesen, las ich also wieder etwas von Michel Houellebecq. Die letzten Jahre hatte ich sein Werk nur mehr am Rande über Debatten im Feuilleton wahrgenommen. Ich habe "Die Möglichkeit einer Insel" in den letzten Tagen während eines verregneten Slowenienurlaubs quasi in einem Zug durchgelesen und bin, nicht zuletzt auf Grund seines Humors, restlos begeistert.

 

Meine gegenwärtige Inkarnation verschlechtert sich; ich glaube nicht, daß sie noch lange währt. Ich weiß, daß ich bei meiner nächsten Inkarnation, meinen Gefährten wiedefinde, den kleinen Hund Fox. (Möglichkeit einer Insel S 9)

 

Das ist der erste Satz in Michel Houellebecqs Roman und bereits da taucht der kleine Hund Fox auf. Es gibt in der Sekundärliteratur lange Betrachtungen zur Bedeutung erster Sätze, aber gibt es einen besseren Grund weiterzulesen als diesen Anfang? Doch nicht nur am Beginn des Buches taucht der kleine Fox auf, mit ihm wird der Roman auch nahezu beendet. Auf der vorletzten Seite lässt Houellebecq Daniel25 (den 24. Klon von Daniel1) sagen:

 

Ich würde auf jeden Fall mein obskures Leben als verbesserter Affe so gut es ging fortsetzen, und ich bedauerte dabei nur zutiefst, daß ich den Tod von Fox verursacht hatte, dem einzigen Wesen, dem ich je begegnet war, das es verdient hätte zu überleben; denn in seinem Blick lag schon manchmal ein Funke, der die Ankunft der Zukünftigen ankündigte. (ebd S 442)

 

Eingerahmt durch diese Zitate entspinnt sich auf über 400 Seiten ein dystopischer Roman, der sich in vielerlei Hinsicht lesen lässt: behandelt er doch Themen wie das Altern (von Frau und Mann) und die damit einhergehende abnehmende erotische Attraktivität und sexuelle Potenz sowie die Unmöglichkeit der Liebe zwischen Mann und Frau. Doch die zweitausend Jahre, die im Roman verhandelt werden, zeigen auch die bedingungslose Liebe zwischen Hund und Mensch, die sowohl zwischen Daniel1 als auch Daniel25 und Fox besteht.

 

Ein kleiner rotbraun gefleckter weißer Hund mit spitzen Ohren, der höchstens drei Monate alt war, kroch auf sie zu - eine richtige Promenadenmischung. Sie bückte sich, nahm das Tier in die Arme und ging zum Auto zurück. So hielt Fox Einzug in unser Leben - und mit ihm die bedingungslose Liebe. (Daniel1, ebd S 64)

 

In den Romanen Michel Houellebecqs geht es meistens um Figuren, die dem Leben Momente des Glücks abringen wollen. Auch Daniel, der zynische und sexbesessene Protagonist in "Die Möglichkeit einer Insel", erfährt das Glück nur mit Fox.

 

Einen Monat Ferien mit meinem Hund: auf der Treppe einen Ball werfen, gemeinsam mit ihm am Strand entlangrennen. Leben. (Daniel1, ebd S 123)

 

Fox stirbt, was Michel Houellebecq lapidar und ergreifend, lakonisch und zärtlich schildert.

Der US-amerikanischer Sänger Iggy Pop zählt den Roman zu den Inspirationsquellen seines 2009 erschienenen Albums "Préliminaires", das er für eine Dokumentation des Filmemachers Erik Lieshout mit dem Titel "Les Derniers Mots de Michel Houellebecq" aufnahm.

In einem Video erzählt uns der Musiker, dass sein Lieblingscharakter im Buch der kleine Fox war, in dem Pop seinen Hund Lucky wiedererkannte. Fox wurde zum Vorbild für "King Of The Dogs", in dem Fox erzählt, wie cool es ist ein Hund zu sein. Das traurigste Lied auf der Platte - "A Machine For Loving" - beschreibt den Tod von Fox mit den Worten aus Michel Houellebecqs Roman ins Englische übersetzt.

Eben dieser ergreifende Nachruf als Wandtext und Iggy Pops Song sind in der zur Zeit stattfindenden Ausstellung "Rester vivant" zu lesen bzw. zu hören.

Unten sehen Sie die Alltagsgegenstände eines Hundes, Spielzeugknochen, Plüschtiere etc. Sie befinden sich in einer Vitrine in einem holzgetäfelten Ausstellungsraum.

 

Ausstellungsvitrine Rester vivant, Foto von www.huffingtonpost.fr

Ausstellungsvitrine Rester vivant, Foto von www.huffingtonpost.fr

 

Der Hund, dem die Dinge gehörten, hieß Clement, starb 2011 und war der geliebte tierische Partner des französischen Schriftstellers. Um ihn und die bedingungslose Liebe, die die beiden verband, geht es in einem - autobiographischen - Teil der Ausstellung "Rester vivant" (Lebendig bleiben), der ersten großen Einzelausstellung von Michel Houellebecq (*1958) im Pariser Palais de Tokyo. Houellebecq hat die Ausstellung, von der Musik bis hin zur Farbe der Ausstellungsräume, zur Gänze selbst konzipiert, es ist eine Ausstellung von ihm und nicht über ihn.

Sie behandelt die aus seinen Büchern bekannten Themen anhand von Fotos, Video- und Tonaufnahmen und Objekten. Die Fotos hat Michel Houellebecq, der vor mehr als 20 Jahren die Fotografie für sich entdeckt hat, selbst aufgenommen. Sie sind in 21 Räumen zu verschiedenen thematischen Serien zusammengestellt und könnten als Visualisierungen seiner Romane gelesen werden, die um sein zentrales Thema, den schleichenden Niedergang der Moderne, den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation, kreisen. Als solche sind sie Dokumentation und Kritik zugleich und zeigen triste Orte und verödete Landschaften, verfallende Gebäude, unbelebte Feriensiedlungen. Die Frauen sind seinen Protagonistinnen Esther (aus "Die Möglichkeit einer Insel") und Annabelle (aus "Plattform") nachempfunden.

Viele Fotos zeigen auch Aufnahmen aus dem Leben eines Pembroke Welsh Corgi, womit wir wieder bei Clement wären:

 

Clément in Irland vor den Cliffs Of Moher, Foto von derstandard.at

Clément, Foto von www.huffingtonpost.fr

Clément (2000-2011), Foto von www.huffingtonpost.fr

 

Clément in Irland, Clément auf einem Polster schlafend, Cléments Bild auf seinem Grabstein. Auf einigen Bildern ist auch Houellebecq selbst neben seinem Hund zu sehen, und er sieht darauf sehr glücklich und lebendig aus. Es gibt auch kleine zarte Aquarelle von Clément, die Marie-Pierre Gauthier, eine Freundin, gemalt hat. Eines zeigt nur das Auge von Clément.

 

Michel Houellebecq und Clément, Foto von www.huffingtonpost.fr

Aquarell von Marie-Pierre Gauthier, Foto von www.huffingtonpost.fr

Aquarell von Marie-Pierre Gauthier, Foto von www.huffingtonpost.fr

Aquarelle von Marie-Pierre Gauthier, Foto von www.huffingtonpost.fr

 

Der große Michel Houellebecq, der uns LeserInnen vor allem als präziser Literat und Mahner vertraut ist, zeigt uns mit dem Denkmal, das er seinem Hund Clément setzt, seine zärtliche und liebevolle Seite. Er betrauert öffentlich den Tod seines Hundes Clément. Und sagen Sie selbst: Sieht so ein Zyniker aus?

 

Michel Houellebecq und Clément, Foto von www.huffingtonpost.fr
 

Die Ausstellung "Michel Houellebecq. Rester vivant" im Palais de Tokyo in Paris ist noch bis zum 11. September 2016 zu sehen.

Quellen: Der Standard, Zeit, Spiegel, SRF, Le Huffington Post

Textausschnitte zitiert nach Michel Houellebecq: "Die Möglichkeit einer Insel", Köln, 2016. Aus dem Französischen von Uli Wittmann. Und zuletzt noch ein Gottesbeweis aus diesem Roman, dem auch ich etwas abgewinnen kann:

 

"Gott gibt es, ich bin reingetreten." anonym (ebd S 101)

 

12. August 2016 - 16:48

Die vorgestellten Fotos, die Eingang in das Fotobuch "Block" fanden, sind in diesem Blog fast off topic. Doch nur fast: Denn so minimalistisch - auf Betonarchitektur und wenige Rückenfiguren reduziert - kann die fotografische Welt gar nicht sein, als dass nicht noch ein oder zwei Hunde in ihr Platz fänden!

 

aus der Serie Block © Aapo Huhta

aus der Serie Block © Aapo Huhta

aus der Serie Block © Aapo Huhta

 

Der junge finnische Fotograf Aapo Huhta hat mit seiner Serie "Block", die er 2014 und 2015 in New York aufgenommen hat, einen fotografischen Essay erschaffen, der aus der Sicht eines Fremden von den Straßen New Yorks erzählt. Dabei ist New York seiner Eigenheiten und Wiedererkennbarkeit beraubt und auf ein anonymes städtisches Umfeld, auf düstere abweisende Architektur reduziert. In diesem Umfeld entwickelt sich an Hand von Einzelbildern eine dystopische Erzählung. Je nach unserer Assoziationsfreudigkeit kann die Abfolge der Fotos eine Geschichte erzählen, die mit dem ersten Schritt hinein in den Schatten beginnt, die uns mit dem ersten Schritt hoffnungslos in das Buch hineinzieht. Genauso gut kann jedes einzelne Bild eine Erzählung auslösen.

Wir sehen jemanden in einen Schatten hinein- und einen Hund heraustreten. Wir sehen "Men in Black" oder "Mad Men" als identitätslose, aber identifikationsstiftende Rückenfiguren. Wir sehen Fotos von Gebäuden, die vom Bildaufbau an um Farbe und menschliche Belebtheit reduzierte Gemälde Edward Hoppers erinnern. Andere Fotos sind von blasser Farbigkeit, reduzierter Farbsättigung.

 

aus der Serie Block © Aapo Huhta

aus der Serie Block © Aapo Huhta

aus der Serie Block © Aapo Huhta

aus der Serie Block © Aapo Huhta

 

Huhta scheint gegen eine Bilderflut und Reizüberflutung anzuarbeiten. Nur wenig ist auf seinen Bildern zu sehen (u.a. kryptische Gegenstände, die Schatten werfen; eine einsame, verlorengegangene Tasche; rätselhafte Verpackungen; Videoüberwachungskameras; ein Fahndungsfoto; ein Fleck am Boden): Inhaltlich ist wenig festgelegt, doch der Raum für Assoziationen öffnet sich.

 

aus der Serie Block © Aapo Huhta

 

Aapo Huhta (*1985) hat an der Aalto University of Arts and Design in Helsinki seinen MA in Fotografie erworben. 2011 war er Finnish Young Photo Journalist of the Year, 2014 einer von Magnum Photos Top 30 Under 30. Er gewann den PDN Photo Annual Student Work Prize.

Das Fotobuch "Block", im Kehrer Verlag veröffentlicht, wurde in der Kategorie konzeptionell-künstlerische Fotobildbände mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2016 in Silber ausgezeichnet. Auf Vimeo können Sie durch das Buch blättern.

Sollten Sie in Berlin leben oder bis zum 3. September 2016 dorthin kommen, haben Sie die Möglichkeit in der Kehrer Galerie die Ausstellung "Virta // Block" zu sehen, die Arbeiten der beiden finnischen Fotografen Ida Pimenoff und Aapo Huhta gegenüberstellt.

 

Installationsansicht Kehrer Galerie, 2016
Installationsansicht Ausstellung "Block", 2016, Foto: Kehrer Galerie

 

alle Fotos der Serie "Block" © Aapo Huhta

 

Ausstellung, Buch, Fotografie